Kapitel 4

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Cansus Sicht

Ich hoffte nur, dass er nicht sehr sauer war und dass er Verständnis hatte.

Wir standen beide eine Weile lautlos da, bis er ,,da bist du ja. Ich habe mir schon gedacht, dass du dich direkt an mich wendest", sagte. Seine Blicke waren ganz neutral. Oder besser gesagt, ich konnte sie nicht so ganz definieren. Als würde er mich nicht kennen. Schließlich waren wir sehr gute Freunde. Wir gingen beide ins Wohnzimmer und setzten uns auf das Sofa. Wir redeten über die vergangenen Jahre und über die Geschehnisse. Ich versuchte ihm so gut wie alles zu erklären. Ich hatte einen guten Grund zu gehen. Doch er wollte mir teilweise nicht glauben und meinte die ganze Zeit, dass es auch einen anderen Weg gegeben hätte. ,,Eine Frau verlässt ihre Familie, wenn sie sich entweder nicht dazugehörig fühlt oder wenn sie keine andere Wahl hat", sagte ich. ,,Ich hatte keine andere Wahl". Das waren meine letzten Worte. Ich ging langsam mit Tränen in den Augen davon.

Drei Tage später..

Gökhans Sicht

,,Zeyneepp", schrie ich voller Angst und öffnete meine Augen. Genau in diesem Augenblick merkte ich, dass das zum Glück nur ein Traum war. Wohl eher gesagt, ein Alptraum - schon wieder. Ich sah meine Kleine schon wieder sterben. Dieser unbeschreibliche Schmerz in meinem Brustkorb wiederholte sich ein weiteres Mal, sodass ich wieder nur ganz langsam und sehr schwer atmen konnte. Nachdem ich mich einigermaßen beruhigte, ging ich ins Bad und wusch mein Gesicht mit kaltem Wasser. Ich spürte in meinem Herzen, dass ich sie brauchte - sie brauchte auch mich.

Am frühen Morgen fuhr ich zu meiner Mutter, ohne zu frühstücken. Ich konnte es nämlich nicht mehr aushalten, noch weiter Sekunden, Minuten, Stunden ohne Zeynep zu verbringen. Zeynep freute sich sehr, mich zu sehen - genauso wie ich. Wir umarmten uns und sie fing an zu erzählen, was sie alles gemacht hatte. Ich liebte es, ihr zuzuhören. Wir hätten noch weitere Stunden reden können. Jedoch unterbrach ich sie und fragte ,,Kızım, wollen wir heute zusammen Fahrrad fahren? Das Wetter ist doch nicht zu verpassen". Sie liebte es, Fahrrad zu fahren und freute sich natürlich sehr darüber. Sie konnte schon seit fast einem Jahr selbstständig fahren und hatte tierischen Spaß daran. In der Nähe von unserem Haus gab es einen schönen Waldweg wo lang wir dann auch immer fuhren. Ihr Fahrrad war lila - der Helm natürlich auch. Langsam aber sicher fuhren wir den Weg entlang, bis zu unserer Lieblingsstelle - die Eisdiele. Wenn das Wetter warm war, aßen wir einen Eis und bei der Kälte tranken wir immer eine heiße Schokolade.

Drei Stunden später..

Zuhause angekommen, badeten wir schön nacheinander - zuerst ich und als nächstes Zeynep. Ich hatte immer die Aufgabe, ihre Haare zu trocknen. Zuerst ganz langsam bürsten, sodass ihr nichts weh tat und dann föhnen. Je trockener die Haare wurden, desto mehr lockten sie sich. Ich fand das wundervoll. Die Locken hatte sie von ihrer Mutter. Cansu hatte genauso schöne Haare. Deshalb erinnerte ich mich immer an sie, wenn ich Zeynep zur Sicht bekam. Ich konnte sie immer noch nicht vergessen. Zwar war sie meine erste und wahre Liebe, aber hatte mich und unsere Tochter verlassen. Dafür hatte sie sich entschieden und hinterließ eine große Lücke und einen riesen Schmerz.

Diesen angenehmen Tag verbrachten wir weiterhin noch zusammen. Wir suchten uns einen schönen Film aus und kuschelten uns auf dem Sofa. Popcorn und Getränke gab es natürlich auch. Wir machten es und schön gemütlich und genossen diese Angelegenheit. Nach dem Abendessen putzten wir unsere Zähne und ich begleitete Zeynep in ihr Zimmer. An der Tür zögerte sie kurz und fragte ,,kann ich heute mit dir schlafen, Babacım?". ,,Aber natürlich mein Schatz", bejahte ich, ,,aber wieso denn? Hast du etwa Angst?". ,,Babaa, ich bin doch kein Baby mehr. Ich habe nie Angst, außer bei Gewitter", meckerte sie, ,,ich habe dich nur sehr vermisst". Ich wusste aber ganz genau, dass sie auch ohne Gewitter manchmal Angst hatte. Ich nahm sie hoch in die Arme und brachte sie ins Schlafzimmer. Wir legten uns ins Bett. Bis sie einschlief redeten wir und gleichzeitig spielte ich mit ihren Haaren. Ich wickelte immer eine Strähne um meinen Finger und löste das wieder auf. Das wiederholte ich mehrere Male und merkte, dass sie eingeschlafen war. Ich beobachtete Zeynep während sie schlief. Sie hatte ein sehr kleines und reines Gesicht.

Am nächsten Tag..

Nachdem wir frühstückten, räumten wir gemeinsam den Tisch auf, ich räumte das Geschirr in die Spülmaschine und wir bereiteten uns auf ein weiteres Erlebnis vor. ,,Zeynep, rate mal, wohin wir heute gehen werden", forderte ich sie auf. ,,Ich weiß es nicht Baba, aber ich hoffe, wir werden wieder Spaß haben, genauso wie gestern". Wir stiegen ins Auto und fuhren zur Eishalle. ,,Ich werde dir heute beibringen, wie man Schlittschuh läuft", sagte ich begeistert. ,,Jaa, das wollte ich schon immer mal machen", jubelte sie. Vier Stunden verbrachten wir auf dem Eis. Mit ständigem Fallen und wieder Aufstehen konnte ich ihr das schließlich beibringen. Wenigstens konnte sie auf dem Eis stehen, ohne irgendeine Hilfe. Daraus folgte natürlich eine große Erschöpfung. Wir hatten beide keine Kraft mehr, weiterhin noch was zu unternehmen. Deshalb fuhren wir zur Oma und überraschten sie. Natürlich hatte meine Mutter wieder Großartiges gekocht. Wir aßen gemeinsam und tranken anschließen einen Tee. Zeynep war wieder in ihrem Zimmer verschwunden. Meine Mutter sprach mich an und fragte, was mit der Sache passiert war und ob ich Cansu wieder gesehen hatte. ,,Yok Anne (Nein, Mama), keine Spur von Cansu", sagte ich, ,,ehrlich gesagt, will ich sie auch nicht sehen. Sie soll fern von uns bleiben". Diese Worte fielen mir aus den Lippen, aber stimmten mit dem, was in meinem Herzen passierte, nicht überein. Allerdings konnte ich mir das selbst auch nicht zugeben. Ich wollte nicht, dass sie wieder ging. Egal, was der Grund war. Mein Gefühle waren dafür, dass sie bleiben sollte. Meine Gedanken verrieten mir aber genau das Gegenteil.

,,Ich rufe mal Zeynep, es ist Zeit zu gehen", sagte ich und stand auf, um nach ihr zu schauen. Da lag sie, auf ihrem Bett mit ihrem süßen kleinen Esel. Den hatte ihr die Oma geschenkt und seit dem ließ sie ihn nicht los. Der Esel hieß Fuffy und war überall dabei. Ich wollte sie nicht wecken. Deshalb trug ich sie ins Auto und schnallte sie an. In ihrem Sitz schlief sie niedlich weiter.

Endlich kamen wir an. Ich erkannte von Weitem, dass vor unserer Haustür jemand stand, jedoch konnte ich nicht entziffern, wer das war. Während ich das Auto parkte, sah ich, dass die Person Cansu war. Ich konnte meinen Augen nicht trauen. Es kam mir so vor, als hätte ich sie vor ein paar Tagen nicht gesehen. Genau diese Gefühle tauchten wieder auf. Die Wut gegen die Liebe. Die Wut gewann wiedermal. Mein Gesichtsausdruck änderte sich von neutral zu ahnungslos und von ahnungslos zu wütend. Mir ging schon alles, was ich vorhatte zu sagen, durch den Kopf. Ich stieg aus und näherte mich zu ihr. Als ich nun vor ihr stand, vergaß ich alles Geplante von eben. Einerseits wollte ich unbedingt wissen, wo sie die ganzen Jahre war und warum sie überhaupt gegangen war. Aber andererseits wollte ich nichts von ihr hören. Ich wollte sie nicht mal sehen.

Wieso hast du uns verlassen Cansu? Wie konntest du uns das nur antun? Du warst meine große Liebe. Wir haben uns gegenseitig geliebt und uns die Hand gegeben. Ich habe dir vertraut und du hast das nur  ausgenutzt. Ich werde dir nie verzeihen können. Du hättest auch gar nicht herkommen sollen. Einmal hast du schon alles verdorben und jetzt versuchst du, das ein zweites Mal zu begehen. Dieses Mal werde ich das nicht erlauben. Du wirst fern von uns bleiben und auf Zeynep kannst du von Anfang an sofort verzichten. Sie ist meine Tochter und und du wirst nichts mit ihr zu tun haben. Das lasse ich nicht zu. Sie wird nichts von dir erfahren!

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Hallo meine Lieben

Es hat zwar etwas lange gedauert, aber endlich ist das nächste Kapitel angekommen. Leider hatte ich in den letzten zwei Wochen kaum Zeit dazu. Ich hoffe, dass euch dieses Kapitel trotzdem gefällt. Viel Spaß beim Lesen.

Und für die Kommis und Votes bedanke ich mich schon mal im Voraus.❤❤

Ps: Bitte meldet mir Fehler, falls es welche geben sollte und nennt mir Verbesserungsvorschläge.

➡Aleyna☺

Ölüme DairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt