It's not right

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Ich träume schlecht. Furchtbar schlecht. Das passiert mir öfters, wenn ich tagsüber einschlafe, aber so schlecht habe ich schon lange nicht mehr geträumt. Überall ist Blut und verwesene Überreste von Tieren. Ich will rennen, aber es geht nicht.
Durchgeschwitzt wache ich auf, draußen ist es schon dunkel. Ich bin wegen etwas bestimmten aufgewacht, aber ich weiß auch nicht, weswegen genau. Ich werfe einen Blick aufs Handy, um nach der Uhrzeit zu schauen. Zehn verpasste Anrufe von Beverly.

Plötzlich bin ich hellwach.

Zehn??

Oh Gott.

Verdammte Scheiße.

Mit zitternden Händen tippe ich das Passwort ein. Schon wieder vertippt. Und dann klingelt es unten Sturm. Ich steige so hastig aus dem Bett, dass es mich fast auf die Fresse haut, die Treppe schaffe ich noch, ohne mir alle Gräten im Leib zu brechen.
Im Flur geht das Licht an und ich reiße fast die Haustür aus den Angeln.

Vor mir steht Beverly. Wie eine frisch geschiedene Hollywoodpersönlichkeit, steht sie vor mir im Mantel und mit Sonnenbrille auf.
"Da bist du ja." schnieft sie vorwurfsvoll. "Ich hatte schon Angst, du bist gar nicht daheim."

Ich muss erst einmal verarbeiten, dass sie überhaupt hier ist.
"Darf ich rein?" fragt sie und das klingt schon ein bisschen netter. Was nicht gut ist. Beverly ist nicht nett.
Ich trete zur Seite und schließe die Tür hinter ihr. Beverly schaut sich im Flur um. "Mann, ich war schon lang nicht mehr hier."

Das stimmt.

"Magst du was trinken?" frage ich, weil man das immer fragen muss, sobald irgendwer zur Tür hereinspaziert.

"Habt ihr Kaffee?"

"Klar."

"Dann bitte das."

Die Kaffeemaschine kreischt mir die Ohren voll, wie das Mordopfer aus einem alten Horrorfilm, während Beverly es sich auf dem Wohnzimmersofa gemütlich macht. Der Mantel liegt über der Sofalehne, die Sonnenbrille thront mit sorgfältig überkreuzten Bügeln auf einem Bücherstapel am Rand des kleinen Tisches, der davor steht. Unter dem Mantel hat sie noch dasselbe Oberteil an wie heute Nachmittag. Pink mit dünnen Spaghettiärmeln.

"Da hab ich dich mal flachgelegt." erinnert sich Beverly, als ich die dampfende Tasse vor ihr abstelle und deutet auf eine Stelle des Sofas. Ich ignoriere das. Nicht etwa, weil es mir peinlich wäre, sondern weil ich sehe, dass ihre Augen ganz rot und verquollen sind.
"Glotz nicht so." sagt Beverly und greift mit gierigen Händen nach der Tasse. Ein paar Mal pustet sie darüber. Im Film würde jetzt einer fragen, was denn passiert sei. Ich frage das nicht, weil ich nicht völlig blöd bin. Ich weiß genau, warum sie hier ist.

Lange hätte ich sowieso nicht auf die Antwort warten müssen. Sie zieht geräuschvoll den Rotz die Nase hoch und zupft die Spaghettiärmel zurecht. Der Ausschnitt ihres Oberteils ist triefnass.
"Guck mal." sagt sie schniefend und hält mir ihren Oberarm hin, der eben noch von mir weggedreht war. Jetzt im Licht sehe ich die blauen und gelbgrünen Flecken und ein fetter Kratzer, der quer über ihren Oberarm verläuft.

"Er hat dich geschlagen." höre ich mich sagen, denn es ist eine Feststellung, keine Frage.

"Ja, wahrscheinlich mit derselben Hand, mit der er wichst." sagt Beverly voller Abscheu und zieht nochmal die Nase hoch. "Dummes, feiges, dreckiges Arschloch."

Hier wäre der beste Moment, zu erwähnen, dass ich so einiges über Beverly verschwiegen hatte. Vielleicht hätte ich es erzählen sollen, auf der Terasse hinter dem Sportplatz oder sonstwo, aber das ging nicht, denn was jetzt kommt, ist nichts, was man einfach so geradeheraus erzählt, als würde man bloß über das Wetter sprechen.

Tony wird die Welt retten Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt