sechsundzwanzig

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i s o b e l

Es war fast zwei Uhr morgens, als sie den nächsten Park erreichten.

Der Park war ruhig, nur einen Schritt von den Straßen der Stadt entfernt, aber geschützter und einsamer. Es war verschlossen – sie hatten sich mit einem Alohamora durchgeschlichen – und so hatten sie die Weite des Grases und der Bäume ganz für sich allein.

Sie hatten beide einen Pappbecher von der Kaffeemaschine von dem Laden am Eck.  Draco schenkte jedem Wein ein und stieß seine Tasse trocken gegen ihre. Sie saßen und redeten. Die kahlen Bäume trugen wenig dazu bei, sie vor der Kälte zu schützen, aber je mehr Wein Isobel in ihrem Körper hatte, desto besser konnte sie das vergessen.

Die Sterne waren schwach; von der Stadt und ihren Lichtern schwer zu erkennen, aber der Mond schien hell über dem Park. Draco saß mit gespreizten Ellbogen auf den Knien da. Unter seiner Jacke trug er einen schwarzen Pullover; hatte sich die Kapuze über den Kopf gezogen. Isobel warf ihm einen Blick zu, als er nicht in ihre Richtung sah; betrachtete das Aufprallen des Mondlichts auf der blassen Haut seiner Hände, die weichen Haarsträhnen, die unter seiner Kapuze hervorschauten.

"Es tut mir leid, dass ich vorhin wütend geworden bin," sagte er und wandte ihr sein Gesicht zu. "Als ich von der Bar zurückkam." 

"Es tut mir auch leid. Ich weiß, ich hätte zu Hause bleiben sollen." Ich habe dich nur vermisst, dachte sie.

Ein Lächeln umspielte seinen Mund. "Ich bin froh, dass du hier bist." 

"Ich habe es satt, eingesperrt zu werden" sagte sie ihm. "Ich hasse es. Ich hasse dieses Haus." 

"Ich hasse deine Mutter dafür, dass sie dich einsperrt."

Sie griff nach ihrem Wein; starrte in seine Tiefe. "Ich weiß, dass du das tust," sagte sie widerwillig.

Er strich mit den Fingerrücken über ihre Hand. "Du hast dich zweimal ins Herrenhaus geschlichen," sagte er.  "Schlichst an den Toren vorbei und am Portier und so weiter. Du wusstest nicht einmal, wo du mich im Haus findest." Er verdrehte die Augen. "Du hättest deswegen in ernsthafte Schwierigkeiten geraten können. Daher denke ich, dass es nicht gerade überraschend ist, um Mitternacht vor meiner Türschwelle aufzutauchen."

Sie sah ihn verwirrt an. Sie konnte sich nicht vorstellen, sich jetzt ins Malfoy Herrenhaus einzuschleichen; es klang erschreckend.

Draco trank den Rest seines Weins aus. "Hast auch immer deinen Zauberstab überall vergessen," sagte er.

So viel erinnerte sie. "Meine Mutter hat es mir jetzt eingedrillt, immer zu überprüfen, ob ich ihn bei mir habe." 

"Sende ihr meine Dankbarkeit."

Sie versuchte zu lächeln, schaffte es aber nicht. Ihre Mutter und Draco würden sich wahrscheinlich nie mögen; vielleicht nie wieder treffen. "Kannst du mir mehr erzählen?" Hatten sie ihn gefragt. "Noch mehr solche Dinge, an die ich mich nicht erinnern kann. Mehr über uns." 

"Wenn du das möchtest," sagte er und sie nickte.

Er erzählte ihr von der Weihnachtsfeier des Ministeriums vor vier Jahren. Sagte ihr, dass er ihr auf ein Dach gefolgt war und sie auf die Stadt geschaut hatten und sie zum ersten Mal mit ihm gesprochen hatte, als wäre er nur ein Freund. Nicht Draco Malfoy, nur Draco. Dass sie ihre Beine über die Wand geschwungen und dumme Witze gemacht hatte und er sich in sie verliebt hatte. Dass er sich selbst dafür verachtet hatte, aber es war geschehen, unbändig.

"Und dann habe ich dir diese Halskette gekauft," sagte er und senkte den Blick auf ihre Manteltasche, "und du hast sie getragen, obwohl du behauptet hast, du hasst mich." Er hob eine Augenbraue. "Verdächtig, dachte ich." 

dear draco, teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt