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Statt Fackeln erhellten tausende von Kerzen den Raum. Die Kronleuchter unter der Decke verbreiteten das meiste Licht, die Kerzen auf der mit unzähligen Speisen beladenen Tafel erhellten diese.
Und es war eine lange Tafel. Gedeckt, wie für ein gewaltiges Fest mit hunderten von Gästen, wenn nicht mehr.

Doch es gab kein Fest. Ihr gegenüber, am anderen Ende der Tafel, stand nur eine einzige Person. Ein hochgewachsener Mann, der die Frau aus dunklen Augen ansah. Augen, so dunkel wie sein Anzug, die Handschuhe und das Haar. Nur die Haut schien wie bei den Dienern schneeweiß.

"Willkommen in Anda.", grüßte der Mann und tat einen Schritt zur Seite, bevor er die Tafel umrundete. Seine Schritte hallten im dem Raum wieder, erhoben sich zu einem Sturm, wie damals, als sie in diesem Palast erwacht war.
Angst erfasste den Körper der Frau, lähmte ihn während ihr Herz immer schneller gegen ihre Brust trommelte. Sie konnte nicht einordnen, was sie erwartet hatte. Ihr Körper und ihr Verstand schienen sich zumindest einig zu sein, dass dieser Mann eine Bedrohung darstellte.

Warum es jedoch so war, konnte sie nicht erraten. Immerhin hatte sie alle Freiheiten innerhalb dieser Mauern gehabt, die sie sich hatte träumen können. Sie hatte die Bibliothek zu weiten Teilen ausgelesen. Sie besaß Schmuck und Kleider, wertvoller als ihr Leben. Keine Räume waren verschlossen gewesen. Die Diener waren höflich und doch nicht kalt und distanziert.

"Ihr fürchtet Euch."
Sie hatte nicht bemerkt, wie die Schritte verstummt waren, nicht realisiert, dass der Mann, der sie in seinem Palast wohnen ließ nun nicht mehr als zwei Schritte vor ihr stand und sie musterte.

Während ihr Verstand sich wieder versuchte auf das Wichtige zu besinnen konnte die Frau ihn nur ebenso anstarren.
Er überragte sie um zwei Köpfe, trotzdem war er schlank und nur leicht zeichneten sich die Muskeln unter dem Stoff ab.
Hellblaue Augen ruhten auf ihr, nicht dunkel, wie von weitem vermutet. Sie bildeten einen Fixpunkt in dem kantigen Gesicht des Mannes.

"Habt keine Angst." Er verzog die Mundwinkel zu einen leichten Lächeln, während seine ruhige Stimme durch die Wolken in ihrem Kopf drang. Dann reichte er ihr die Hand. "Wollt Ihr nicht mit mir essen?"

Langsam schaffte sie es wieder in die Realität zurückzukehren. Ihr Verstand und ihr Körper arbeiteten wieder zusammen und ihr fielen auf ein Schlag wieder sämtliche Umgangsformen ein, die ihr in jungen Jahren beigebracht wurden.
Schnell, dadurch jedoch auch unsauber, knickste sie vor dem Mann.
"Verzeiht. Ich... ich habe keine Angst. Ich bin nur..."

"Schon gut." Er lächelte und griff nun ungefragt nach ihrer Hand. Er deutete den Handkuss nur an. Wie winzig sie in seiner schien. "Ihr braucht Euch nicht zu fürchten. Ich hätte mich bereits früher vorstellen sollen, verzeiht es also mir." Nun war er es, der sich tief vor ihr verbeugte. "Mein Name ist Euric. Ich bin der Herr dieses Landes. Leider zwangen meine Geschäfte mich dazu, eine lange Reise zu machen." Er deutete auf die Tafel. "Lasst uns doch hierbei weitersprechen. Ich habe die Diener alles vorbereiten lassen, was Ihr mögt, laut ihren Berichten."

Zögernd nickte die Frau und ließ sich um die Tafel führen. Dorthin, wo der Palastherr zuvor noch gewartet hatte und wo die einzigen beiden Stühle standen.
Zuvorkommend zog er ihren zurück und ließ sie Platz nehmen, bevor er sich um die Ecke neben sie setzte.
"Beginnen wir doch mit Eurem Namen. Leider konnte ich ihn bei Eurer Ankunft nicht erfragen." Er machte keine Anstalten sich etwas zu nehmen, also ließ auch die Frau es.
Es war etwas anderes allein zu speißen, mit weit weniger Auswahl als gemeinsam mit diesem fremden Mann.

"Amalie.", brachte sie leise hervor. Zu leise, für ihre Erziehung, weshalb sie den Namen schnell wiederholte.

Geschenktes HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt