005 - ITZZY

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Day 1, 19:24

Ich versuchte oft, mit Flo ein Gespräch zu beginnen. Aber die hörte die ganze Zeit Musik und antwortete nur einsilbig. Wenn sie überhaupt antwortete, manchmal bekam ich nur ein „Mhm", „Hm", oder „Hm-mm". Manchmal war es auch nur ein kurzes Kopfnicken.

Als ich sie fragte, ob wir uns beim Abendessen zusammensetzen wollten, schüttelte sie ihren Kopf, was mich etwas traurig machte. Es sah ganz so aus, als würde sie mich nicht mögen und wollte den Rest des Schuljahres eine Einzelgängerin bleiben.
Nach einem langen Spaziergang durch die Straßen Londons lag ich mit müden Füßen im Bett und schaute zu Florence hinüber, die immer noch Musik hörte. Sie war wirklich hübsch, ich konnte nicht verstehen, dass Anna sie mit einer Leiche verglich. Flo war sogar etwas hübscher als Anna, wenn sie nicht gerade ihren Todesblick draufhatte.

Ich legte mich auf meinen Bauch und deckte mich zu. Mit halb geschlossenen Augen betrachtete ich sie weiter. Ihre vollen und schön geschwungenen Lippen, ihre glatten braun-lila Haare und ihre großen Augen, die durch das Licht des Displays ihres Handys leuchteten. Sie sah auch müde und erschöpft aus, aber sie hörte nicht auf, weitere Lieder zu suchen und mit ihren Fuß auf und ab zu wippen. Trotzdem sah sie entspannt aus, was mich irgendwie beruhigte. Der Gedanke, dass sie einfach da war, nahm mir all die Angst, die ich wegen des Einschlafens hatte. Dabei hatte ich immer Probleme, besonders wenn ich weg von zuhause war. Doch jetzt mit Florence in einem Zimmer dachte ich nicht mehr daran, und es dauerte nicht lange, bis ich einschlief.

Day 2, 21:48

Mein Frühstück hatte ich wieder bei meinen Freundinnen am Tisch gegessen, und das Mittagessen ebenfalls. Aber Florence wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Während des ganzen Tages dachte ich an sie, und als meine Mum anrief, um zu fragen, wie es mit dem Einschlafen gelaufen war, redete ich bloß von Flo. Ich log aber ein bisschen und sagte, dass wir uns schon etwas angefreundet hatten.
Auch jetzt beim Zähneputzen dachte ich an sie, obwohl Flo im selben Zimmer saß, mit ihren AirPods und ihrem Handy auf dem Bett.

Ich nahm meinen Becher und füllte ihn mit Wasser. Dann spülte ich meinen Mund aus und betrachtete mich im Spiegel. Ich war schon abgeschminkt und sah nicht mehr wie Itzzy aus, sondern wie ein Zombiemädchen nach einer wilden drei-Tage-Party.
Plötzlich sah ich im Spiegel Florence, wie sie aufstand und zu mir ins Bad kam. Ich drehte mich um und wollte ihr Platz machen, aber Flo kam direkt auf mich zu und versperrte mir den Weg. Verwirrt sah ich sie an und wollte sie wegdrücken, aber meine Hände befolgten meine Anweisungen nicht. Wie versteinert stand ich da und sah zu, wie sie weiter auf mich zuging, ihre beiden Hände links und rechts am Waschbecken abstützte und mich ansah. Ein nervöses Kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus und meine Beine begannen zu zittern. Aber es war nicht Angst, die das in mir auslöste. Ich wusste nicht, was es war, aber es lag definitiv an Florence.

Sie stand immer noch da, legte ihren Kopf schief und ließ ihren Blick still über mein Gesicht wandern. Ich sah zu ihr hoch und schaute sie mit großen Augen an. Sie war wirklich hübsch, verdammt hübsch. Ihre Augen waren dunkel, fast schwarz und wirkten wunderschön und unheimlich gleichzeitig.
Ihr Blick traf meinen und wanderte dann wieder nach unten, wo er an meinen Lippen hängenblieb.
Kurz blieb die Zeit stehen. Mir wurde heiß, als ich daran dachte, was das letzte Mal passiert war, als ein Junge auf meine Lippen geschaut hatte. Ich merkte, wie ich zu schwitzen anfing und meine Augen feucht wurden. Bevor Florence das merken konnte, duckte ich mich und lief unter ihren linken Arm aus dem Bad. Steif setzte ich mich aufs Bett, mit dem Rücken zum Bad, und versuchte meine Tränen zurückzuhalten.

dark purple kiss 1 || girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt