~ Yuna Pov ~
"Sugawara...". Ich stoppe kurz und richte meinen Blick gen Boden. Ich kann ihm nicht in die Augen schauen, ich schäme mich so. "Was möchtest du hier? Wenn du mir jetzt auch sagen möchtest, was du von mir hältst, dann tu das und lass mich danach bitte allein. Wir müssen wirklich nicht so tun, als hättest du mir eben einfach nur so aus Nettigkeit geholfen". Eigentlich warte ich nur darauf von Sugawara ebenfalls gedemütigt zu werden, doch stattdessen merke ich nur, wie er sich vor mich kniet und in eine feste Umarmung zieht. Ich will es nicht, doch die Tränen laufen jetzt nur so über mein Gesicht. Wir verharren eine ganze Weile in dieser Position. Als meine Tränen weniger werden, löst sich Sugawara langsam von mir und setzt sich neben mich.
~ Sugawara Pov ~
Es ist schrecklich, was sie bis jetzt alles ertragen haben muss. Eigentlich möchte ich sie auch immer weiter festhalten, sie einfach nur beschützen vor den demütigenden Kommentaren ihrer Mitschüler, doch das kann ich nicht. Ich weiß nicht wieso, ich kenne sie doch eigentlich noch gar nicht, aber ich fühle mich für sie verantwortlich. Ich möchte ihr unbedingt helfen, für sie da sein.
Ich merke, wie ihre Tränen langsam versiegen und lasse sie deshalb los. Sie schaut immer noch auf den Boden. Ich setze mich neben sie, habe aber überhaupt keine Ahnung, was ich sagen soll. Nichts würde ihr wirklich Trost schenken. "Ich weiß nicht, wie es auf deiner alten Schule war, doch ich kann dir versichern, dass es hier anders sein kann, wenn du es nur zulässt. Sicher gibt es hier auch Idioten, doch wenn du nicht alleine sein möchtest, dann musst du das auch nicht". Jetzt schaut sie mich an. Ich kann Verwunderung und Unsicherheit in ihrem Blick entdecken. Es ist grausam, dass ihr so etwas banales so viel bedeutet und dass sie kaum daran glauben kann.
~ Yuna Pov ~
Ich kann kaum glauben, was er gerade zu mir gesagt hat. Sugawara ist ein Drittklässler, was schert er sich überhaupt um mich und meine Probleme?! Und wie kann er nur sagen, dass ich nicht alleine sein muss? Ich war doch irgendwie immer alleine.
"Du weißt überhaupt nicht, wovon du sprichst. Seit ich mich 'verändert' habe, gab es nicht viele Menschen, die mich so akzeptiert haben. An meiner alten Schule schon gar nicht. Ich dachte auch, dass hier alles anders werden könnte... doch ich habe mir nur etwas vorgemacht. Nichts ist anders hier". Jetzt schaue ich Sugawara direkt ins Gesicht und kann kaum glauben, was ich sehe. Er lächelt. Er lächelt mich einfach ganz stumpf an, nein er grinst eher. Ist es etwa lustig, was ich hier sage?! Meine Trauer wandelt sich gerade eher um in Wut, doch bevor ich noch etwas sagen kann, ergreift Sugawara wieder das Wort. "Bevor du jetzt wütend wirst, ich halte das keineswegs für einen Witz. Aber ich sage dir eins und da bin ich mir zu 100 Prozent sicher, du liegst falsch! Es wird immer Menschen geben, die dich so akzeptieren, wie du bist. Und hier auf der Schule kenne ich so manchen. Du solltest dir vielleicht einfach noch einmal überlegen, dem Volleyballclub doch beizutreten". Jetzt bin ich doch etwas überrascht. Ausgerechnet der Volleyballclub? Der Jungen-Volleyballclub? Warum sollte ich gerade dort akzeptiert werden? Ich, ein Mädchen, dass als Junge geboren wurde und nur wegen den beschissenen Vorgaben des Staates bis zur Volljährigkeit offiziell ein Junge bleiben muss?!
In diesem Moment weiß ich wirklich nicht, was ich zu Sugawara sagen soll. Ich habe vorher noch nie erlebt, dass jemand versucht, mich dazu zu überreden, Teil einer Gruppe zu sein. Es ist ein schönes Gefühl und ich würde so gerne zusagen... doch das kann ich nicht. "Ich kann nicht, Sugawara. Ich kann nicht wieder mit Kageyama in einer Mannschaft spielen. Wir waren bereits auf derselben Mittelschule und dort auch beide im Volleyballclub. Er hat mich schrecklich behandelt und ich kann mir einfach nicht mehr vorstellen, wieder gemeinsam mit ihm auf einem Feld zu stehen. Ich weiß ja, dass er es auch nicht so einfach hatte damals, aber er hatte dennoch kein Recht dazu, mich so schlecht zu behandeln. Er hat außerdem dafür gesorgt, dass mich auch alle anderen meiner Teamkollegen schlecht behandelten".
Sugawaras jetzigen Blick kann ich kaum deuten. Einen Moment später steht er wortlos auf und geht zwei Schritte in Richtung Schulgebäude. Kurz dachte ich, er würde nichts mehr dazu sagen, doch er hielt noch einmal inne und sagte etwas zu mir, dass mich wirklich nachdenklich stimmte. "Eines solltest du nie vergessen, Yuna. Anderen Menschen zu vertrauen und eine Verbindung zu ihnen aufzubauen, kann dafür sorgen, dass du verletzt wirst. Andererseits kann es dich auch zu einem sehr glücklichen Menschen machen. Wenn du es aber gar nicht erst versuchst, wirst du immer alleine bleiben und dann vielleicht eines Tages bereuen, es nicht noch einmal versucht zu haben. Willst du wirklich riskieren, zu bereuen?". Ohne, dass ich noch etwas dazu sagen kann, geht Sugawara.
Ich schaue ihm nach und denke über seine Worte nach. Bereuen. Ein großes Wort. Aber vielleicht hat er ja recht. Vielleicht könnte es hier wirklich ganz anders werden als in der Mittelschule. Vielleicht kann ich Kageyama ja einfach ignorieren und vielleicht sind die anderen ja wirklich ganz nett. Aber was mache ich nur, wenn das alles nur Wunschdenken ist?
Wieder zurück im Klassenzimmer kann ich mich den restlichen Tag kaum auf den Unterricht konzentrieren. Ich muss mich entscheiden. Gehe ich gleich zur Sporthalle und vertraue auf Sugawaras Worte oder gehe ich nach Hause und schließe mit Volleyball ab?
Es klingelt nach der sechsten Stunde und eine Entscheidung habe ich immer noch nicht getroffen. Ich laufe über den Flur und höre quietschende Schuhe in der Sporthalle. So viele Gedanken gehen mir gerade durch den Kopf. Betrete ich die Turnhalle, entscheide ich mich für Volleyball. Gehe ich nach Hause, entscheide ich mich dagegen. Was will ich nur? In diesem Moment denke ich nicht nur über Sugawaras Worte nach. Ich denke ebenfalls über meine letzten Jahre nach und was Volleyball mir eigentlich wirklich bedeutet. Noch vor 5 Jahren dachte ich, ich könne nie wieder auf dem Feld stehen, doch es kam ganz anders. Ich habe mich zurück aufs Feld gekämpft, obwohl es alle für unmöglich gehalten haben. Soll das wirklich umsonst gewesen sein und jetzt so enden? Das war nie mein Wille...
Ich betrete die Halle und verspüre in diesem Moment so viele unterschiedliche Gefühle. Angst, Unsicherheit, Nervosität. So entgegengesetzte Gefühle und doch verspüre ich sie alle auf einmal. Doch ein Gefühl steht über allem: Entschlossenheit!
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Hey ihr Lieben,
ich würde mich wahnsinnig über Kommentare freuen! Gefällt euch wie und was ich schreibe?
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Die Nummer 13 von Karasuno
Fiksi PenggemarHeute ist mein erster Schultag an der Karasuno-Oberschule! Mein Name ist Yuna Takahashi und ich bin 15 Jahre alt. Meine letzten Jahre in der Grund- und Mittelschule waren sehr schwierig für mich und ich möchte an der Karasuno ganz neu beginnen. Anfa...