Kapitel 3

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„Jukka, hier!", rief Samu seinem Kumpel zu, der den Ball bis kurz vors Tor gebracht hatte, nun aber von Sami in die Mangel genommen wurde. Jukka flankte, doch der Ball flog zu weit, an Samu vorbei und einem Jungen gegen den Hinterkopf, der neben ein paar andern auf einer Bank am Spielfeldrand saß. „Hey passt doch auf, ihr kleinen Pisser!", drehte er sich um. Er war mindestens drei Jahre älter als sie, über sein markantes Kinn zogen sich ein paar Bartstoppeln, die seinen angriffslustigen Ausdruck nur verstärkten. Der Ball lag etwa einen Meter entfernt der Bank auf dem roten Gummiboden. Jukka verdrehte die Augen und lief herüber, um sich das Leder zu schnappen. Gerade als er sich wieder aufrichtete, flog ihm eine Aludose gegen die Schulter. Ein weiterer Typ hatte sich umgedreht und grinste ihn an. „Bring mal weg", sagte er lachend. „Ihr spinnt ja, ich bin doch nicht die Müllabfuhr", warf Jukka die Dose genervt zurück. Der Typ richtete sich auf und sprang über die Bank zu ihm herüber. „Und wir sind kein Fußballtor", baute er sich vor Jukka auf. „Dann hockt euch doch nicht genau da hin, wo ihr Bälle abkriegen könnt", stellte Samu sich neben seinen Kumpel. „Wir sitzen, wo wir wollen. Und ihr kleinen verpisst euch besser, bevor es Stress gibt", machte er drohend noch einen Schritt auf die beiden Jungen zu. „Verpisst ihr euch doch", schnaubte Jukka. Zischend zog Samu ihn zurück, doch der Typ grinste nur noch etwas breiter, dann packte er Samus Kumpel plötzlich. Jukka hatte kaum eine Chance sich zu wehren. Schneller als die anderen gucken konnten, lag er auf dem Boden. Die anderen Jungs waren von der Bank aufgestanden und jubelten ihm zu. Weder Samu noch Sami waren fähig sich zu rühren. Dafür landete Annus Fuß an seinem Nacken. Stöhnend hielt er sich den Hals und blickte das Mädchen, das ihn getreten hatte an, um zu registrieren, was passiert war. Jukka nutzte den Moment und ließ sich von ihr mitziehen. „Kommt Jungs", meinte Annu und verschwand mit Jukka im Schlepptau und dem Ball unterm Arm vom Platz. Die zwei anderen Jungen folgten ihr. „Was war das denn?", fragte Sami, als sie auf dem Weg, der hinter dem Gelände entlangführte, stehen blieben. „Ziemlich viele Idioten auf einem Haufen", schnaubte Annu. Samu zog die Augenbrauen hoch. „Was lasst ihr euch auch von denen provozieren", sah sie ihn ebenso an. „Naja, danke jedenfalls", schlug Jukka ihr auf die Schulter. Das Mädchen grinste und stapfte davon.

Sanna saß am Küchentisch und ließ die Beine baumeln. „Spielen wir gleich was?", fragte sie ihren großen Bruder erwartungsvoll. „Kann nicht, muss Mathe lernen", winkte Samu jedoch ab. „Aber Mama hat gesagt, du passt auf mich auf", quengelte Sanna wie ein Kindergartenkind, obwohl sie mittlerweile schon acht war. „Ja, ich passe auf dich auf, aber das heißt nicht, dass ich dich bespaße", schnaubte Samu, dann wurde das kleine Streitgespräch von der Türklingel unterbrochen. Eilig lief Samu in den Flur und öffnete. Riku trug die schwarze Strickjacke, die er auch schon in der Schule getragen hatte und von der Samu nicht wusste, ob er sie lächerlich oder cool finden sollte. In der Hand hatte er sein Mathebuch und einen Hefter. „Hey", sagte Samu und trat zur Seite. Der braunhaarige Junge folgte ihm ins Haus. „Wir sind oben, Sanna", informierte Samu seine Schwester, dann stiegen die beiden die Treppen rauf in sein Zimmer. „Cool", kommentierte Riku die hölzerne Einrichtung und die Plakate von Bands und Eishockeyspielern und Fußballern, die die Wände schmückten. Samu lächelte schief. „Setz dich", meinet er und ließ sich auf den Teppich sinken.

„Das versteh ich doch nie. Wozu brauch man das auch", schnaubte Samu nach dem sie über zwei Stunden an den Aufgaben gesessen hatten. Nach Mathe, hatten sie sich Chemie vorgenommen, was nicht im geringsten einfacher war. Riku zuckte die Schultern und sah zu ihm hoch, da er aufgestanden war. „Ich geh mal was trinken", wandte er sich ab und verließ das Zimmer. Dass die Küche leer war, fiel Samu erst auf, als er schon wieder auf dem Rückweg in sein Zimmer war. Verwirrt zog er die Augenbrauen zusammen und warf sicherheitshalber einen Blick ins Wohnzimmer. Als er seine Schwester auch da nicht fand, lief er die Treppe hoch und klopfte an ihre Tür, riss sie auf, weil er keine Antwort bekam. Der Raum war leer. „Sanna!", rief er durch das Haus, doch es blieb still. Nur Riku steckte den Kopf aus der Tür nebenan. „Alles gut?", fragte er. „Ja, ich muss nur mal nach meiner Schwester schauen", fuhr er sich durch die Haare. Riku zog verwirrt die Augenbrauen hoch. „Ich, ich finde sie nicht", gab Samu zu und machte sich auf den Weg in den restlichen Räume des Hauses nach Sanna zu suchen. „Sanna!", rief er erneut. Riku schloss zu ihm auf. „Scheiße", murmelte Samu. „Warst du echt überall? Sie kann doch nicht so einfach abhauen, vielleicht versteckt sie sich", meinte Riku. Die Hand des Jungen strich ein weiteres Mal durch die blonden Haare. „Sie ist schon mal abgehauen", murmelte er. 

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