Kapitel 4

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„Komm, wir schauen noch mal", legte Riku ihm die Hand auf die Schulter. Samu seufzte. Sie gingen die Räume durch, riefen nach seiner kleiner Schwester, doch sie war nicht mehr auffindbar. „Meine Eltern werden ausrasten", standen ihm die Tränen in den Augen, die er mit aller Kraft versuchte daran zu hindern an seinen Wangen hinunter zu kullern. Ein Junge weinte nicht. „Hat sie ein Handy?", fragte Riku. Samu schüttelte den Kopf. „Scheiße", wiederholte er. Seine Hände begannen zu zittern und nun rollte doch eine Träne aus seinen Augen. „Wir finden sie schon", sagte Riku aufmunternd. Samu fuhr sich eilig über die Wangen und folgte ihm die Treppe nach unten, wo sie sich ihre Schuhe anzogen, er schnappte sich seinen Schlüssel, dann waren sie auch schon draußen und durchkämmten das Viertel. Immer wieder riefen sie den Namen seiner kleinen Schwester, so dass sich die anderen Leute auf der Straße nach ihnen umdrehten. Doch das blondhaarige Mädchen antwortete nicht. „Lass uns zurückgehen und meine Eltern anrufen", seufzte Samu. Seine Stimme zitterte ebenso sehr wie der Rest seines Körpers.

„Hey, warte", hielt Riku ihn nach ein paar Metern am Ärmel fest und deutete in das Gebüsch der Uferböschung des Flusses, an dem sie entlang liefen. „Ist sie das?", fragte er. Sein Blick lag auf einem kleinen Mädchen, das schluchzend und zusammengekauert auf dem Boden hockte. „Sanna!", rief Samu aus und rannte den kurzen Hang hinunter. „Hey, was machst du denn hier?", legte er seinen Arm um ihren zierlichen, sich schüttelnden Körper. Immer wieder schluchzte sie auf. „Sanna", hauchte Samu und rüttelte etwas an ihr. „Komm erstmal hoch", half er ihr auf, als sie immer noch nicht reagierte. Sannas Gesicht war tränenüberströmt. Ihr Bruder nahm sie mit sich die Böschung wieder hinauf zu Riku. „Willst du mir jetzt sagen, was los ist?", fragte er leise, während er sich zu ihr runterkniete. „Ich habe mir echt sorgen gemacht."

„Ja, aber nur weil du sonst wieder Ärger von Mama kriegst. Ich bin dir doch scheiß egal!", schrie sie ihn an. „Hey, Sanna, du bist mir nicht egal", widersprach Samu. „Nie spielst du mit mir, ich darf aufräumen, du kannst mich rumkommandieren, aber sobald ich etwas möchte, bin ich wie Luft für dich! Ich wollte, dass du dich auch mal so hilflos fühlst!", sah sie ihn wütend an. Samu holte tief Luft. „Sanna, bitte. Ich weiß, dass ich nicht immer nett bin, aber ich mag dich trotzdem noch. Und wenn du willst, dann nehme ich mir die nächste Woche jeden Nachmittag Zeit für dich", sagte er und schaute sie fest an. „Wer's glaubt", schnaubte seine kleine Schwester und befreite ihre Arme aus seinem Griff. „Ich glaube, dass Samu so ehrlich und zuverlässig ist, dass er so ein Versprechen hält", schaltete Riku sich ein. Sannas Blick wanderte zu dem Jungen neben ihrem Bruder. Argwöhnisch musterte sie ihn, dann stieß sie die Luft aus. „Wir werden es ja sehen", meinte sie. 

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