2 - Besuch von der Ex Freundin

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Lees POV

Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich dankbar dafür, dass meine Mutter so überfürsorglich ist und mich jeden Abend um Mitternacht von dem Diner abholt, in dem ich arbeite.

„Oh Gott, Lee!", stößt Mum einen entsetzten Schrei aus, als sie mich auf dem Boden liegen sieht. Die Müllsäcke und das viele Blut, das mich umgibt, scheinen meinen Anblick nicht besser zu machen.

„Was ist passiert? Geht es dir gut? Wer hat dir das angetan?", werde ich sogleich mit mehreren Fragen bombardiert.

Nach diesem Abend darf ich mich bestimmt nie wieder allein vor die Haustür bewegen – das verrät mir jedenfalls der ängstliche Gesichtsausdruck meiner Gegenüber.

„Kannst du mich hören, Lee?" Mum geht vor mir in die Hocke und legt besorgt ihre Hand auf meine Stirn.

Erst jetzt, wo sie nicht mehr im Schatten der Dunkelheit, sondern unter dem Schein einer Straßenlaterne steht, erkenne ich, dass glasige Tränen in ihren Augen schwimmen.

Verdammt! Ich habe mir doch geschworen, dass sie nie wieder meinetwegen weinen soll.

Wie es scheint, habe ich diesen Schwur bereits gebrochen.

„Es geht mir gut, Mum", lüge ich also, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Ihr zuliebe quäle ich mich sogar zu einem unechten Lächeln, doch vermutlich gleicht dieses bloß einer verzerrten Fratze. „Meine Nase tut nur ein bisschen weh, aber sonst ist alles gut."

„Am besten bringe ich dich zu einem Arzt", übergeht meine Mutter meine Aussage.

Sie möchte schon ihr Handy aus ihrer Handtasche ziehen, da halte ich sie vorsichtig am Handgelenk zurück. „Keinen Arzt", flehe ich sie an. „Bitte nicht, Mum. Mir geht es wirklich gut. Versprochen!"

Für ein paar Sekunden schaut mich meine Mutter misstrauisch an, doch nachdem ich ihr ein weiteres aufgesetztes Lächeln schenke, nickt sie ergeben. „Na schön, dann rufe ich eben keinen Arzt an", seufzt sie. „Dein Gesicht muss ich aber trotzdem saubermachen."

Ohne auch nur den leisesten Mucks von mir zu geben, lasse ich zu, dass Mum mit einem Taschentuch das Blut von meiner Haut tupft und mir einen Tampon in das rechte Nasenloch schiebt, um die Blutung zu stoppen.

„Wer hat dir das angetan, Lee?", möchte meine Mutter erneut wissen, als wir uns langsam auf den Weg in Richtung Auto begeben. Mum hat zwar einen Arm um mich gelegt und versucht mich so gut es geht zu stützen, aber dennoch schmerzt mein Körper bei jedem einzelnen Schritt.

Ich kann von Glück reden, wenn meine Nase der einzige Knochen ist, der gebrochen wurde.

„Lee?" Mum schaut mich mit einer Mischung aus Angst und Besorgnis an. „Wer hat dich verprügelt? Sag es mir."

„Ach, das waren nur so ein paar Idioten aus meiner alten Klasse", winke ich ab. „Die fanden es wohl lustig, dass ich als Kellner arbeite."

„Lustig?", wiederholt Mum daraufhin ungläubig. „Mal gucken, ob die immer noch lachen, wenn sie eine Anzeige wegen Körperverletzung vorliegen haben."

Dieses Mal liegt es an mir, einen ungläubigen Blick aufzusetzen.

Mum will Anzeige erstatten?

Das kann ich auf keinen Fall zulassen! Wer weiß, was mir die Jungs sonst antun würden. Vermutlich würden sie mir eigenhändig das Genick brechen.

„Können wir einfach nach Hause fahren?", flehe ich meine Mutter nach einer Weile des Schweigens mit meinem besten Hundeblick an. „Ich bin nämlich total müde und erschöpft."

Wenn Sonne und Regen aufeinandertreffenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt