1. Welcome Home oder irgendwas in die Richtung

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Es war immer noch früher Morgen und ermüdend dunkel, als Peter Parker leicht ausser Atem die Türe aufriss. "Sorry", keuchte er. "Der automatische Türöffner hat noch nie funktioniert und ich bin ziemlich sicher, dass der Lift abstürzt, wenn man ihn auch nur schräg ansieht."

Ich sah zu dem schief angeklebten Namensschild neben der Klingel und schnaubte. "Bist du gerade vom siebten Stock ins Erdgeschoss gerannt, nur, um mir die Türe aufzuhalten?"

"Und ich habe mich dabei fast umgebracht", grummelte Peter. "Du hast ja keine Ahnung, wie klapprig das Geländer ist. Da runterzurutschen ist geradezu lebensmüde. Du küsst besser den Boden vor meinen Füssen, um dich zu bedanken."

Ich schulterte meinen erschreckend leichten Rucksack, warf dem vermüllten Beton einen kurzen Blick zu und grinste ihn dann müde an. "Willst du mich umbringen? Ich wette, ich würde mir die Pest holen."

Für einen kurzen Moment starrten wir uns gegenseitig in Grund und Boden, dann trat er beiseite und liess mich ins Treppenhaus des heruntergekommenen Mietshaus treten. Es fühlte sich immer noch etwas seltsam an, ohne den Stock, der mich seit mittlerweile gut einem Jahr begleitete, zu laufen, aber ich wusste, dass meine stark modifizierten Schuhe reichen würden, um mich aufrecht zu halten. Das gleichmässige Klicken, das mich wie der Schritt eines dritten Fusses begleitete, fehlte mir trotzdem. "Du siehst richtig mies aus", stellte Peter fest.

Ich boxte ihn leicht in die Seite und er zuckte zurück. Keiner von uns kommentierte seine Reaktion, aber es tat trotzdem weh. Auch, wenn ich wusste, dass er jedes Recht dazu hatte, immer noch misstrauisch und auf der Hut zu sein. "Sagt der Richtige. Du weisst schon, dass dein rechtes Auge so dermassen geschwollen ist, dass du es beinahe mehr aufbekommst, oder?"

Er seufzte. "Gwen wollte noch was drauftun, aber sie musste früh weg. Es wird schon heilen. Tut's schliesslich immer."

Wir schwiegen eine ganze Weile, während wir die Treppen hinaufstiegen. "Wie schlimm ist es wirklich?", fragte ich irgendwann.

"Was, das Auge?"

Ich warf ihm einen genervten Blick zu. "Nein, natürlich nicht dein Auge. Hör auf, dich dumm zu stellen, Pete, steht dir nicht."

Er zögerte eine ganze Weile, bis er endlich mit der Sprache herausrückte. "Wir sind ziemlich knapp dran", murmelte er schliesslich. "Ich meine, ich bin froh, May nicht mehr damit zu gefährden, bei ihr zu leben, aber wir können uns dieses Dreckloch kaum leisten."

Ich biss mir auf die Lippen. Ich wusste ganz genau, was er meinte, allerdings stand es bei mir ein wenig besser. Die CIA-Zahlungen hatten zwar vor einem halben Jahr, kurz, nachdem ich 18 geworden war, kurz nach... der Attacke gestoppt und ich kämpfte mich als mehr oder weniger legaler Programmierer über die Runden. Schliesslich war es nicht so, dass Tony mir irgendetwas überweisen konnte, ohne sich selbst zu verraten. "Und... dein anderes Problem?"

"Lass uns das nicht im Treppenhaus besprechen, okay? Hier haben die Wände Ohren." Er stiess die klapprige Türe vom Treppenhaus zur 7. Etage auf und liess mich alleine auf den Treppen zurück. Ich konnte die Türe nur knapp daran hindern, vor meiner Nase zuzufallen, schliesslich hatte sich Peter nicht die Mühe gemacht, sie mir aufzuhalten. Sein Appartment lag auf der linken Seite, im Eingang eine verdreckten Fussmatte, die aussah, als hätte sie schon ein halbes Jahrzehnt dort gelegen. Er grinste mich müde an, dann holte er seinen Schlüssel aus der Hosentasche und schloss auf. Er brauchte mehrere Versuche, um die Türe aufzubekommen, jeder von ihnen komplett mit viel Ruckeln und einer erschreckende Menge an Gewalt. Als die Türe endlich aufschwang, war ich überrascht, dass sie nicht in Splittern auf dem Boden lag. "Sie klemmt", murmelte er, als würde das irgendetwas besser machen.

Ich nickte nur und trat rasch ein. Er gab sich nicht einmal Mühe, sie richtig zu schliessen, sondern warf sie hinter sich zu, aber ich sagte nichts dagegen. Es war ziemlich offensichtlich, dass es keinen anderen Weg gab, das verzogene Türblatt in den Rahmen zu bekommen. "Gemütlich", stellte ich fest und es war noch nicht einmal vollkommen sarkastisch. Irgendwie hatten sie es hinbekommen, das winzige Appartement so einzurichten, dass es einerseits heimelig und andererseits grösser wirkte, als es eigentlich war.  

Stark Chronicles: Final RoundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt