Als die Türe mit einem lauten Knarzen aufgeschwungen wurde, schreckte ich aus meinem Halbschlaf hoch. Als mir aufging, was beinahe passiert wäre, beschleunigte sich mein Atem um ein Vielfaches und ich musste mich zwingen, klar zu denken. Wie lange war ich weg gewesen? Mein Laptop war schon im Ruhemodus, das hiess, es waren mindestens schon zehn Minuten gewesen, seit ich das letzte Mal etwas getippt hatte. Verdammt.
Mir rauschte das Blut in den Ohren und es wurde immer schwerer, Luft zu bekommen, aber ich zwang mich, den Neuankömmling, der gerade durch die Türe kam, anzulächeln, auch wenn ich kaum klar genug sehen konnte, um zu erkennen, wer es war.
"Dann bist du wohl Kayla", stellte der Neuankömmling fest und ich biss mir fest genug auf die Zunge, um Blut zu schmecken. Ich konnte mir keine Panikattacke leisten, vor allem jetzt nicht. Überraschenderweise half es sogar ein wenig gegen die aufsteigende Übelkeit und klärte meinen Blick.
Die junge Frau, die sorgfältig die Türe hinter sich abschloss, sah anders aus, als ich sie mir vorgestellt hatte. Wenn Peter von Gwen sprach, dachte ich an ein stilles Mädchen mit einer Brille, das ein schüchternes Lächeln und lange blonde Haare hatte. Wenn Peter von Gwen sprach, dachte ich an jemanden, der immer nett, aber vielleicht ein wenig langweilig war.
Aber die Gwen, die sich zu mir umdrehte, war nichts von alledem. Ihr blonder Buzzcut war voller bunter Strähnen, ihre blauen Augen funkelten abenteuerlustig und sie war grösser als ich, wahrscheinlich sogar ein wenig grösser als Peter.
"Hi", meinte ich und verfluchte mich stumm dafür, dass meine Stimme in der Mitte des Wortes brach. "Hab' viel von dir gehört, Gwen."
Sie warf mir ein breites Grinsen zu, dass mich ein klein wenig an Peter erinnerte. Oder besser, an den Peter, der sämtliche Vorsicht in den Wind schlug und kopfüber von einem der höchsten Gebäude von New York sprang. Den Peter, den ich schon so lange nicht mehr gesehen hatte. "Das kann ich mir vorstellen. Wie viele von meinen peinlichen Kindheitsgeschichten hat dir Peter erzählt?" Sie hörte sich keineswegs anschuldigend an. Eher amüsiert über Peters Tratscherei.
Ich grinste müde zurück. "Es ist nicht halb so schlimm, wie es sich anhört. Er war diskret."
Sie lachte. "Also weisst du weder von meinem traumatischen Tackererlebnis, noch von den Eislaufkatastrophen?"
"Das mit dem Eislaufen kommt mir entfernt bekannt vor, aber ich weiss nicht mehr, um was es ging", log ich. Ich wusste noch ganz genau, um was es ging, aber ich hatte selbst genug Ereignisse, über die ich nicht gerne sprechen wollte, als dass ich ihr das sagen würde.
Sie atmete prompt auf. "Dann ist ja gut. Ich dachte schon, er wäre wirklich nervös gewesen, als er dir von uns erzählt hat."
Ich grinste müde. "War er denn nervös, als er dir von mir erzählt hat?"
Sie schmunzelte und schlüpfte aus ihrer überdimensionalen Lederjacke, die aussah, als hätte sie schon eine Atomexplosion überstanden. "Er hat viel erzählt, aber nichts aus den letzten Jahren. Ich weiss nur, dass du von der CIA davonläufst und wegen dem Prozess von Clint Barton wieder nach New York zurückgekommen bist."
"Das ist eigentlich auch alles Wichtige", meinte ich und fuhr meinen Laptop wieder hoch. "Aber wenn du irgendetwas wissen willst, frag einfach. Ich meine, ich vereinnahme für eine Woche deine Couch, also..."
Sie lachte erneut, trat ihre Schuhe von den Füssen, so dass sie irgendwo in der winzigen Küche landeten und lehnte sich gegen die Wand. "Kein Problem, ehrlich. Sagen wir so, wir können ein wenig Hilfe von jemandem, der etwas vom Superheldsein versteht, wirklich gebrauchen, auch wenn Peter es definitiv nicht zugeben will."
Ich schnaubte. "Meine Superheldenkarriere hat damit geendet, dass ich mich in die Luft gejagt habe. Ich weiss nicht, ob ich jemand bin, von dem du Hilfe willst." Ich bohrte meine Fingernägel in meine Handfläche, um zu verhindern, dass meine Hände begannen zu zittern. Ich war noch immer nicht darüber hinweg. Wie ironisch.
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Stark Chronicles: Final Round
FanfictionDer mysteriöse Tod von Thaddeus Ross ist mittlerweile mehr als drei Jahre her und trotzdem steht es schlimmer denn je um die Avengers: Seit Kayla Stark aus dem Raft entkommen konnte, ist sie auf der Flucht, ähnlich wie Tony, der nach einer verzweif...