Kapitel 6 - Unverhofft kommt oft

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Eigentlich wollte ich nach dem köstlichen Abendessen, nur noch ins Bett fallen, doch die Tatsache, nur acht Tage lang, den Genuss von Freiheit und Luxus genießen zu können, trieb mich an, mich in Schale zu werfen und einige der Beach Clubs zu erkunden. Normalerweise würde ich behaupten, zu alt für Partys zu sein, doch mein inneres Partygirl wollte sich noch einmal so richtig ausleben. Früher hatte mich Megan immer gedeckt, wenn ich mich spät nachts aus dem Haus geschlichen hatte, um auf die Hausparty von Klassenkameraden zu gehen, während sie brav zu Hause blieb, wie es unsere Eltern uns befohlen hatten. Auch jetzt wäre sie vermutlich auf dem Zimmer geblieben, anstatt sich in schick zu machen und das Nachtleben der Karibik kennenzulernen. Also das Nachtleben in einer fünfsterne Hotelanlage, in der Karibik.

So verließ ich gegen zehn also mein Hotel und stolzierte in viel zu hohen Schuhen, die Strandpromenade entlang. Einer Straße auf der sich links und rechts verschiedenste Einkaufsmöglichkeiten befanden, sowie teure Restaurants und Clubs, in denen zu dieser Uhrzeit laute Musik dröhnte.

Zuvor checke ich jedoch mein Handy. Ich konnte es noch immer nicht fassen, dass ich Jezzy tatsächlich eine Nachricht geschickt hatte. Das war jetzt einige Stunden her, doch bisher kam keine Antwort zurück. Am Sendestatus konnte ich erkennen, dass sie die Nachricht nichtmal gelesen hatte. War alles also doch nur ein Scherz gewesen? Oder ignorierte sie mich vielleicht? Hatte sie gemerkt, dass es ein Fehler gewesen war mir ihre Nummer zu geben?
Ich ließ mein Handy wieder in der Tasche verschwinden und machte mich dann auf einen Club oder Bar zu finden, die nicht völlig überfüllt war, als mich plötzlich ein Mann über meine rechte Schulter hinweg ansprach.
Er war groß gebaut und recht muskulös, wie ich durch sein eng anliegendes Hemd unschwer erkennen konnte. Er hatte ein sehr markantes Gesicht, mit hervorstehenden Kinn und vollen Augenbrauen. Ich schätze sein Alter etwa Mitte dreißig, dagegen sprachen jedoch die Dreadlocks, die er auf dem Rücken zu einem langen Zopf zusammen gebunden trug. Damit sah er ein wenig wie ein Surfer aus, der den ganzen Tag von nichts anderem sprach, als seiner Leidenschaft und warum barfuß gehen so viel gesünder war. Sein standhaftes Auftreten und sein seriöses Lächeln, weckten jedoch Vorstellungen von einem ernstzunehmenden Geschäftsmann, der soeben einen erfolgreichen Deal abgeschlossen hatte. Aber hier in der Karibik konnte er alles sein, meinetwegen auch Hausmeister.

>>Hallo schöne Dame. Mein Name ist Mason. Mason O'Conner. Dürfte ich sie vielleicht auf einen Drink einladen?<<
stellte sich der Mann mit einer tiefen Stimme vor. Er hielt mir die Hand hin, die ich höflich entgegen nahm.
>>Cora Hollis<< stellte ich mich ihm ebenfalls vor. >> Und eigentlich wollte ich gerade ...<< Ich stockte. Eigentlich wollte ich gerade genau dass, was mir der freundliche Mann anbot und trotzdem sträubte sich etwas in mir, mit ihm zu gehen. Dabei machte er wirklich einen vertrauenswürdigen Eindruck. Zudem war es genau dass, was ich nach der Ansage meiner Schwester tun sollte. Ausgehen, Spaß haben und neue Bekanntschaften machen. Warum also sagte mir mein Gefühl, ich sollte ihn ziehen lassen, wobei es an ihm kaum etwas auszusetzen gab. Naja, bis auf die Frisur, für die er offensichtlich zu alt war.

>>Sie würden mich wirklich glücklich machen<< fügte der Mann mit einem einladenden Lächeln hinzu, als er meine Unschlüssigkeit bemerkte.
>>Ich...<< abermals brach ich meinen Satz ab, den genau in diesem Augenblick blieb mein Blick an einem auffällig blauen Kleid haften, dass zu einem blonden Mädchen gehörte, die sich soeben an der Bar, niedergelassen hatte. Ich erkannte das Mädchen. Sie gehörte zu der Gruppe Teenager, die heute Nachmittag am Strand Volleyball gespielt hatten.

Mein Blick überflog anderen Gäste der Bar, und schneller als gedacht traf mein suchender Blick sie.

Jezzy tauchte aus der Menge in der Bar auf und setzte sich neben ihre Freundin, als ihr Blick plötzlich den meinen traf. Ich war so erschrocken, dass ich kurzzeitig erstarrte, anstatt ihr ein freundliches Lächeln zuzuwerfen. Warum verunsicherte mich dieses Mädchen so? Im laufe meiner Karriere als Lehrerin war auf viele Teenager getroffen, doch keine brachte mich von der ersten Sekunde an, so in Bedrängnis. Lag es vielleicht an der Umgebung?

Ihr Blick lag noch immer auf mir und ich spürte, wie ich zunehmend nervöser wurde. Doch als ich gerade den Beschluss ergriffen hatte, sie anzusprechen, verschwand das Lächeln von ihren Kirschroten Lippen, ihr Blick löste sich plötzlich von mir und sie wendete sich ihrer Freundin zu. Überrascht von dieser offensichtlichen Ablehnung, wendete ich mich wieder dem Mann zu, der noch immer auf eine Antwort wartete. Und da Jezzy gerade deutlich gemacht hatte, dass sie kein Interesse mehr an mir hatte, änderte ich meine Entscheidung zu seinen Gunsten. Ich wollte mich nicht umsonst aus dem Bett gequält und in dieses Kleid gezwängt haben. Also stimmte ich zu, was dem Mann ein Lächeln auf die vollen Lippen brachte.

Gemeinsam gingen wir in eine der Bars am anderen Ende der Promenade, kurz bevor aus den Clubs und Restaurants, Anlegestegs für überteuerte Boote und Luxusyachten worden.

Wir gesellten uns in eine etwas abseits gelegene Ecke, wo uns die Musik, nur noch mit halber Lautstärke traf, sodass man sich unterhalten konnte, ohne sich Gegenseite anzubrüllen.

Ich genoss seine Anwesenheit, wenn auch nur auf oberflächliche Weise. Er schien wirklich nett zu sein und gute Absichten zu folgen, doch ein tiefer gehendes Interesse an seiner Person blieb aus. Die meiste Zeit unseres Gespräches übernahm er die Wortführung, was mich schon nach wenigen Minuten ziemlich störte. Als Lehrerin war ich es gewöhnt normalerweise das Wort vorzugeben und den Hauptteil einher Unterhaltung zu führen. Daher empfand ich es sehr unangenehm, als er mir zum dritten mal davon berichtete, wie er und seine Freunde planten, einmal die gesamte Mexikanische Küste entlang zu segeln. Natürlich mit seinem eigenen Boot, von dem er unbestreitbar mehr als eines besaß.

Zu meinem Glück spendierte er die Drinks, sodass seine Worte mit der Zeit besser erträglich worden. Was wohl auch daran lag, dass ich nur noch die Hälfte von dem Aufnahm, was er von sich gab.
Gegen halb zwei, verabschiedete ich mich, mit der Ausrede, noch von der Anreise erschöpft zu sein, von ihm. Genauer genommen war es eigentlich keine Ausrede, da ich langsam die erdrückende Müdigkeit verspürte und mich zurück in mein Bett wünschte.
Leicht torkelnd verließ ich die Bar und machte mich dann auf, zurück zu meinem Hotel....

Die Milliardären TochterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt