Peinlich peinlich

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„Zoe?!"
Ich blieb wie angewurzelt stehen als ich den herausfordernden Ton meiner Mutter hörte.
Kurz überlegte ich ob ich eventuell umkehren sollte um mich ihr zu stellen, doch dann kam mir wieder der heutige Schultag in den Sinn.
Nachdem ich mein Wochenende, so wie immer eigentlich, allein in meinem Zimmer verbracht hatte und dutzend neue Zeichnungen fertiggestellt waren, war Clara am Sonntagabend die fabelhafte Idee gekommen, mich am Montag, also heute, mit ins Kino zu schleifen.
Mein Blick schweifte auf die Uhr welche im Gang hing und erschrocken riss ich die Augen auf.
In Fünf Minuten würde der Bus kommen!
„ZOE!"
Der erneute Schrei, nun jedoch deutlich wütender, ließ mich vor Schreck fast meinen Rucksack loslassen und rasch schaute ich über meine Schulter zurück.
„Ich kann jetzt nicht!"
Mit einer Hektik, welche ich morgens selten an den Tag legte, schnappte ich mir alles was ich brauchte, riss die Tür auf und ließ sie hinter mir mit einem lauten Knall ins Schloss fallen, nachdem ich achtlos hindurch gestürmt war und schon die Treppen zur Wohnungstür hinunter hastete.
Mit einem Sprint welcher mir in Sport mit Sicherheit eine eins einkassiert hätte, raste ich über den Hof, über die Straße und weiter zur Bushaltestelle.
„Nein. Wehe du fährst weg. WEHE. DU. FÄHRST. WEG!"
Mein Atem ging stoßweise als ich beobachtete wie der Busfahrer die Bustüren schloss und den Motor anließ.
„Alter?! HALLO??"
Mit wild schwenkenden Armen, was mir einige doofe Blicke von den Insassen des Busses schenkte, rannte ich weiter auf den Bus zu und versuchte vergeblich noch neben meinen Schreien irgendwie Luft zu bekommen.
Doch entweder schien der Busfahrer Tomaten auf den Augen zu haben oder er hasste einfach seinen Job und machte das mit Absicht. Denn gerade als ich am Bus ankam, ließ dieser den Motor aufheulen und lenkte scharf in meine Richtung, sodass ich mich mit einem überstürzten Satz nach hinten in Sicherheit bringen musste.
Mit einem dumpfen Aufprall landete ich hart auf dem Asphalt und starrte dem Bus hinterher, welcher in einer Abgaswolke Richtung Berchtesgaden die Biege machte.
„Scheiße...", fluchte ich leise, während mir Tränen in die Augen schossen.
Der Aufprall war doch etwas härter gewesen als erwartet...
„Scheiße... SCHEIßE!", fluchte ich weiter, während ich mich schwerfällig erhob und meinen Rucksack achtlos zu Boden fallen ließ.
Mein rechter Oberschenkel schmerzte unangenehm und in meiner linken Hand war ein pochender Schnitt, wodurch schon fröhlich das Blut floss.
Mit zusammen gekniffenen Augen starrte ich erst auf meine Hand, und dann auf den Boden.
Natürlich. Eine Glasscherbe. So ein Glück konnte ja wirklich nur ich haben.
Mit einem wütenden Schrei kickte ich das glänzende, scharfe etwas in den nächstbesten Busch und wischte mir Aggressiv die Tränen aus den Augen.
Gott sei Dank war mein Makeup wasserdicht. Aber hey, noch beschissener als dass ich überhaupt schon aussah konnte man doch eigentlich gar nicht aussehen.
Hilflos sah ich mich nach irgendeinem Auto oder ähnlichem um, welches mich vielleicht die 20km mit nach Berchtesgaden nehmen konnte, doch weit und breit war kein menschliches Leben zu sehen.
„Fast wie in 'nem schlechten Horrorfilm", schoss es mir durch den Kopf als ich den aufkommenden Nebel wahrnahm, welcher langsam aus dem Wald kroch und sich mit müder Eile über die Wiesen schob.
„Klar, ist ja nicht schon schlimm genug dass du den Bus verpasst hast und alleine im nichts stehst, jetzt machst du dir auch noch selbst Angst."
Mit einem wehmütigen Seufzen sammelte ich meinen Rucksack wieder vom Boden auf und schleppte ihn mit hinüber zu dem kleinem Bushäuschen, in welchem sich, zum Glück, auch eine Bank befand auf welche ich mich erleichtert niederließ.
Kurz warf ich einen Blick auf mein Handy um die Zeit zu checken, doch die leuchtende Digitalanzeige verriet mir nur so viel, dass meine Mutter jetzt sowieso schon auf dem Weg zur Arbeit war und der nächste Bus erst in ermüdeten 45 Minuten kommen würde.
„Super", murmelte ich nur, bevor ich meine verletzte Hand erst einmal unter die Lupe nahm.
Der Schnitt war nicht allzu tief, brannte aber höllisch und hörte auch nicht wirklich auf zu Bluten.
Und wie es mein Glück so wollte, hatte ich natürlich auch kein Pflaster oder ähnliches dabei, weshalb ich mir lediglich meine Wasserflasche schnappte, mich auf die Wiese stellte, Hand und Flasche möglichst weit von meinem restlichen Körper entfernte und schließlich das kühle Nass über meinen Schnitt entleerte.
Mit einem schmerzverzerrten Gesicht spülte ich die Wunde noch weiter aus, bevor ich die Flasche mit zittrigen Händen schloss, mir ein Taschentusch schnappte und meine Hand plus Schnitt damit vorsichtig trocken tupfte.
Mein Handywecker riss mich schließlich aus meinem Halbschlaf, in den ich verfallen war während ich auf den nächsten Bus gewartet hatte und mit einem leisen Seufzen schaltete ich das nervige Ding stumm.
„Bleib lieber still", sprach ich eine leise Warnung aus, bevor ich meinen Rucksack schulterte, mein S4 in die Hosentasche steckte und mit einem leisen stöhnen zurück zur Bushaltestelle humpelte.
Dort angekommen konnte ich glücklicherweise auch gleich in den Bus einsteigen und ließ mich mit einem frustriertem grunzen auf einen Viererplatz in der hintersten Ecke des Busses nieder.
Nach einer Weile kramte ich schließlich meine Kopfhörer heraus, entknotete diese mit einer Hand und steckte sie schließlich in die vorhergesehen Öffnung, bevor ich, mit der Musik von Leona Lewis in den Ohren, die Augen schloss und auf meine passende Haltestelle wartete.
Eine halbe Stunde später stieg ich mit einem ächzen aus dem Bus und steuerte geradewegs auf meine Schule zu.
Als erstes meldest du dich bei der Sekretärin, dann gehst du in dein Klassenzimmer und entschuldigst dich für die Verspätung, und dann...
Gerade war ich dabei gewesen meinen Plan auszufeilen, da prallte ich plötzlich auf ein Hindernis und stürzte, zum zweiten Mal schon an diesem Tag, mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden.
Entsetzt riss ich die Augen auf als ich die junge Frau realisierte, welche mit offenem Mund gegenüber von mir auf dem Boden hockte und sich den Kopf hielt.
„Oh Gott! Entschuldigung! Sorry sorry sorry! Das... dass wollt ich nicht..! Warten Sie.."
Hastig rappelte ich mich auf, ließ meinen Rucksack einfach auf dem Boden liegen, und eilte zu der Unbekannten Frau hinüber.
„Geht's ihnen gut? Soll ich... die Schulsanitäre oder so rufen?!"
Völlig in Panik sah ich mich auf den Schulfluren um, doch nirgends konnte ich eine Menschenseele entdecken.
Verdammt!
„Hey... Hey! Ganz ruhig, es ist doch nichts passiert."
Die sanfte Stimme ging in meinen Gedankenstürmen fast unter, doch trotzdem schaffte Sie es, mich auf irgendeine komische Art und Weise ruhiger werden zu lassen.
Mein Blick glitt wieder hinunter zu der Frau, welche mich nur mit einem sanften Lächeln ansah und sich nun mit beiden Händen abstütze um sich zu erheben.
„Warten Sie..."
Meine Stimme war nicht mehr als ein flüstern, doch trotzdem hielt die Unbekannte inne und sah mich verwundert an.
Doch ich erhob mich nur rasch, packte sie an den Hüften und hob sie mit einem leisen Ächzen auf die Beine, was jedoch zur Folge hatte dass Sie etwas ungeschickt nach vorne fiel... und mir direkt in die Arme.
Natürlich fing ich sie auf, doch bei der Situation die dann entstand, hätte ich mir eher gewünscht ich hätte es nicht getan.
Nämlich nun standen wir hier. Mitten im Flur. Und... hielten uns in den Armen...?
Dadurch dass Sie geradewegs auf mich gefallen war, hatte ich reflexartig meine Arme um Ihre sanfte Taille geschlungen und Sie an mich gezogen. Und entweder hatte Sie es ebenfalls aus Reflex getan oder... ich wusste auch nicht weiter.
Denn ihre sanften Hände lagen nun direkt auf meinem Schlüsselbein und mit leicht geöffnetem Mund sah sie mich verwundert an.

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Peinlich peinlich :D

(Überarbeitet)

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L.G. Mienu

My Life, of curse (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt