Demonstration

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Der Rückweg verlief Größtenteils schweigend. Außer unseren ineinander verschränkten Händen bestand kein Körperkontakt und jeder war in seinen eigenen Gedanken gefangen.
Was würde der morgige Tag bringen?
Als Toni schließlich auf meine Straße einbog zog sich mein Herz zusammen. Tief atmete ich ein.
„Wir sehen uns morgen?"
In Ihren Augen stand solch eine Hoffnung, dass ich es einfach nicht übers Herz brachte Ihr zu sagen, dass meine Mutter mir den Schulbesuch sozusagen verboten hatte.
Also lächelte ich einfach nur und nickte.
„Ja. Wir sehen uns morgen."
Es war wie eine Bestätigung für mich selbst.
Auch wenn meine Mum mich krankgeschrieben hatte, konnte ich doch trotzdem in der Schule auftauchen, oder?
„Ok", war die einzige Antwort seitens Toni, bevor Sie kurz auf unsere ineinander verschränkten Hände blickte.
Entschlossen drückte ich Ihre noch einmal, bevor sich unsere Finger voneinander lösten, ich mich nach vorne beugte um Sie noch ein letztes Mal zu küssen und schließlich aus dem schwarzen Audi stieg.
„Der Abend war wundervoll. Wirklich. So etwas hat schon lange niemand mehr für mich getan."
Ein letztes lächeln.
Entschlossen drückte ich die Wagentür zu, schlug den Kragen meiner schwarzen Lederjacke auf und stapfte langsam die Einfahrt unseres Wohnhauses hinauf.
Als ich oben angekommen war blickte ich noch einmal zurück. Antonia stand immer noch dort.
Automatisch stahl sich ein Lächeln auf mein Gesicht und mit gesenktem Kopf ging ich zu der Wohnungstür und schloss diese auf.
Die Bewohner der anderen Wohnungen hielten sich, wie immer, nicht an die Nachtruhe und veranstalteten Krach, doch dieses Mal störte es mich nicht.
Ich war glücklich. Zumindest für den Moment.

Nachdem ich erleichtert festgestellt hatte, dass meine Mutter noch nicht wieder da war hatte ich mir schnell eine Trinkflasche geschnappt, bevor ich endgültig in meinem Zimmer verschwunden war und mich umzog.
Bei jeder Berührung meinerseits musste ich an Tonis Finger denken, wie Sie mich berührt hatten. Verführt.
Mit tiefem ein und ausatmen versuchte ich, das prickeln in meinem Inneren zum Schweigen zu bringen, öffnete mein Fenster und hieß die Kühle Nachtluft willkommen.
Ein vertrautes vibrieren meines Handys ließ mich aufhorchen. Um diese Uhrzeit?
Mit gekonntem Griff entsperrte ich es und musste automatisch grinsen.
„Ich vermisse dich."
Die Nachricht stammte von einer Unbekannten Nummer, doch es konnte nur Toni sein. Was Ihr Profilbild bestätigte.
Darauf war Sie zu sehen, hockend auf einem Waldweg. In den Armen hielt Sie einen Hund. Das sanfte Sonnenlicht schien durch das Blätterdach über Ihr, zeichnete Muster auf alles unter ihm. Es war wunderschön.
„Wir sehen uns morgen. Laut dem Stundenplan haben wir mehrere Fächer bei dir?"
Die Wörter waren schnell getippt, viel schöner wäre es, jetzt Ihre Stimme zu hören. Doch das Risiko, dass meine Mutter heimkommen würde und dies hörte, empfand ich zu hoch. So musste ich mich wohl mit dem zufriedengeben, was mir geboten wurde.
„Ja, Sport und Geschichte. Ich freue mich schon darauf dich in deinem Outfit zu sehen. So wie ich es gespürt habe, scheinst du ja recht trainiert zu sein ;)"
Gespürt.
Mit rotem Kopf schlug ich meine Bettdecke zurück und empfing mit Genugtuung die kalte Luft auf meiner Haut. Doch gegen die Hitze in meinem inneren, half dies nicht wirklich.
„Nun Frau Roth, da werde ich mein Sportzeug morgen wohl doppelt überprüfen. Vielleicht findet sich in Zukunft ja etwas Zeit wo wir uns über solche Dinge unterhalten können. Und mit Vielleicht meine ich Hoffentlich."
Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich zurück und ließ mein Handy auf meinem Bauch liegen.
Gab es so etwas wie ‚Liebe auf den ersten Blick?'
Nun, bis jetzt hatte ich daran nicht geglaubt. Doch kam nicht in jeder Leben irgendwann dieser Augenblick, wo man eine Person kennen lernte und sofort wusste... diese wollte man nie mehr aus seinem Leben lassen?

Eine unangenehme Kälte wecke mich am nächsten Morgen noch vor meinem Wecker.
Ich hatte wohl gestern Nacht vergessen, das Fenster wieder zu schließen.
Mit einem Seufzen richtete ich mich auf und strich mir durch mein unordentliches Haar.
Was würde der heutige Tag bringen? Oder wohl eher... sein Ende?
Ich hatte beschlossen heute einen Bus eher zur Schule zu fahren. Was für mich so viel bedeutete wie fast zwei Stunden eher aufzustehen.
Was ich mir davon erhoffte? Trotz des eindeutigen Verbotes seitens meiner Mutter zur Schule zu gehen.
Nachdem ich mit bedauern festgestellt hatte, dass besagte Person in der Nacht doch noch nachhause gekommen war, bestand mein Handeln eigentlich nur daraus rasch meine Morgenroutine durchzugehen. Mein spärliches Schulzeug sowie meine Sportsachen für diesen Tag waren schnell zusammengepackt und das einzige zusätzliche heute bestand aus meinem Fahrradschloss.
Kurzfristig hatte ich entschieden, die heutigen Kilometer mit dem Rad zurück zu legen.
So hatte ich ein besseres Fortbewegungsmittel und konnte zusätzlich noch das kurze Stück hinunter zu unserer Turnhalle sowie Sportplatz mit dem Rad überbrücken.
Da Sport unsere letzte Stunde war hieß das für mich ebenso, dass ich mich von dort aus gleich auf dem Heimweg machen konnte, wenn überhaupt, und nicht erst zurück zu der allgemeinen Haltestelle laufen musste.
Nachdem ich mich erfolgreich unbemerkt aus der Wohnung sowie dem Gebäude stehlen konnte, schob ich zur Sicherheit mein Rennrad die Auffahrt hinunter.
Sicher war sicher.
Doch kaum war ich auf der Straße, schnallte ich meinen Rucksack auf dem Rücken fester, stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren und schwang mich auf mein Rad.
Es war mein ganzer Stolz.
Ein Felt AR 15 Aero Rennrad, welches ich mir damals über Jahre hinweg selbst erspart hatte.
Der kalte Fahrtwind schnitt mir ins Gesicht und pfiff an meiner Fahrradbrille entlang, welche ich mir mit weißer Voraussicht bereits früher aufgesetzt hatte.
Einen Fahrradhelm benutzte ich nie, weshalb ich die schneidende Kühle auf meiner Kopfhaut wahrnahm, was mich wiederum zum Lächeln brachte.
Ich liebte dieses Gefühl vollkommener Freiheit. Jenes Gefühl, welches einen den irrwitzigen Gedanken aufzwang, man wäre zu allem fähig, könnte frei sein. Ja als wäre es fast wie zu fliegen.
Die Musik von Tribe Society begleitete mich die Abfahrt hinab ins Tal. Ließ meine Lebensgeister erwecken und meinen Geist scharf werden.
Schließlich stand ich eine geschlagene Stunde zu früh vor meiner Schule. Meine Musik sowie die Brille hatte ich bereits am Ortseingang wieder sicher verstaut, weshalb ich mich nun aufmerksam umsah.
Wo war mein Rad wohl am sichersten?
Selten benutzte ich wirklich dieses Rad, um zur Schule zu fahren. Schließlich stand mein 1000€ Gefährt dann fast den halben Tag unbewacht und allein irgendwo herum. Und wenn ich eines nicht leiden konnte, dann war es die Tatsache, dass ich meine Sachen nicht im Blick hatte.
Nein, eigentlich benutzte ich dafür mein Mountainbike, doch da ich heute weniger Lust gehabt hatte mich mit den dicken Reifen und dem starken Profil, welches eigentlich für Wald und Feldboden ausgelegt war, den Berg wieder hinauf zu quälen, hatte ich dieses genommen.
Außerdem war mit meinem Rennrad die Wahrscheinlichkeit niedriger, dass mich meine Mutter eventuell auf dem Weg zur Arbeit mit dem Auto überholen würden. Egal wie früh ich nicht doch losgemacht hätte.
Letztendlich entschied ich mich schließlich dazu, es einfach direkt neben dem Lehrerparkplatz anzuschließen, genau dort wo die Sicherheitskameras es noch im Blick hätten.
Seit einige Autos der Lehrkräfte einmal unter der Wut eines Aggressiven Schülers leiden mussten, wurde diese zusätzliche Sicherheitsmaßnahme aufgenommen. Einige Schüler nutzen seitdem diese ebenfalls, denn nicht selten wurden Dinge gestohlen.
Zufrieden trat ich schließlich zurück und begutachtete mein Werk. Das würde so gehen.
Mit ein paar Schritten hatte ich mich wieder von der Schule entfernt und blickte auf die Uhrzeit.
06:15 Uhr.
Also noch genau eine Stunde bis das Gebäude aufgesperrt wurde und ich mich wenigstens ins warme setzten konnte. Und vielleicht wäre dann schon Toni da, dann hätte ich Sie heute wenigstens schon einmal gesehen.
Mit einem seufzen klickte ich erneut unseren Chat an. Zuletzt Online war Sie gestern gewesen. Das schürte nicht unbedingt Hoffnung darauf, dass Sie hier eher als nötig auftauchen würden.
„Guten Morgen Frau Lehrerin. Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag, meine Sportsachen habe ich mit ;). Fahren Sie vorsichtig."
Als ich mit Tippen sowie Abschicken fertig war wurde mir erst einmal bewusst, dass ich überhaupt nicht wusste, wo Sie wohnte. Geschweige denn woher Sie kam.
Ok gut, wenn ich ehrlich war, wusste ich überhaupt nichts von Ihr außer Ihren Namen und den Beruf.
Ein leises Lachen entschlüpfte mir und kopfschüttelnd drehte ich mich um, um hinauf zum Markt zu laufen.
Das waren perfekte Voraussetzungen für eine gute Beziehung.

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Was gestern überall in den Straßen Amerikas sowie ebenfalls auch in Europa abging macht mich unendlich stolz!

Woman rights are human rights! <3

Zu gern wäre ich in Berlin dabei gewesen, nur leider hatte ich keine Möglichkeit dazu.


Die Updates werden nun wahrscheinlich aller 2 bis 3 Tage kommen, habe fleißig vorproduziert :)

Schönen Start in die neue Woche und einen ruhigen Sonntag noch.

Mienu

My Life, of curse (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt