Sie sieht was, was du nicht siehst.

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23:47 Uhr.
Ihr Blick kehrt zurück zum Spiegel. Sie seufzt:"Ich kann nichts sehen, zu dunkel" sie zieht drastisch den Hebel der Lampe. Es ertönt ein kurzes Aufflimmern bis die schon fast stechend Pinke Lampe ihr Licht zurück zieht und den Raum mit einem goldenem Ton überdeckt. Stur sieht sie aus. Unzufrieden. Nackt, mit Unterhose und Unterhemd steht sie da. Die Tür zu, zitternd vor Angst sie würde auf gehen, da ihr Vater ihr den Schlüssel abgenommen hatte.
Ihre Augenbrauen so tief wie es nur geht und eine nach der anderen Träne fließt ihr über ihre Wangenknochen. Und sie kann es nicht mehr hören, „du bist so schön!" diese Wörter! Raus aus ihrem Kopf! Und im Gedächtnis nur die vielen Mädchen im Internet die sie von klein zu groß schon immer bewundert hatte.
Zu dünn, zu dick. Ihre Blicke kehren jetzt von ihren splissigen Haaren hin zu ihrem Bauch. Sie schämt sich. Schon beim Gedanken. „Ich sehe aus als währe ich schwanger!" und sie kann sich nicht mehr halten. Ihre Finger zittrig und schwach wie Watte. Sie wiegt 34 Kilo. Wird gemobbt wegen ihrer Größe. Zu dumm. Sie ist überwältigt von Beschämung.
Und doch, gibt es Morgen kein Frühstück für sie. Und als jetzt auch der letzte Rest Wimpern Tusche sich aufgelöst hat schaltet sie die schon heiß gewordene Glühbirne dunkel und verkriecht sich unter ihrer Bettdecke.

Die Schätzung der Glücklichkeit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt