Kapitel 5 | Hoffnungslos (1)

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POV Thomas

Schon wieder schrien sie auf mich ein. Schon wieder erzählten sie mir, wie scheiße ich sei. Schon wieder bekam ich zu hören, dass ich ihr Leben zerstört hatte. Und schon wieder spürte ich, wie mir mit jedem Wort, was zu viel war, eine Menge Tränen meinen warmen Wangen hinunterliefen. Ich redete von meinen Eltern, die, wie so oft in den letzten 17 Jahren meines Lebens, mich ihren Hass spüren Liesen.

T: "Mama...Papa...hört bitte auf..."

Ich sah beide total verzweifelt an, doch beide lachten mir nur ins Gesicht und bemängelten immer weiter alles an mir. Meine Haare. Meinen Körper. Mein Verhalten. Und sogar meine Stimme wurde nicht verschont.

Pa: "weißt du eigentlich, wie scheiße du heute wieder aussiehst? Oh man, am liebsten würde ich dich in deinem Zimmer einsperren, damit die anderen in deiner Schule das nicht mit ansehen müssen. Du bist eine Schande für die Familie, weißt du das?"

Ich blieb stumm, viel zu groß waren meine seelischen Schmerzen, um irgendein Wort über meine Lippen kommen zu lassen. Und Zack. Es folgte ein harter Schlag auf meiner Wange, der diese zum glühen brachte. Ich nickte stumm und meine Mutter griff an mein Kinn, zog mein Gesicht so zu ihr damit ich sie ansehen musste und grinste mir frech ins Gesicht.

M: "wie ein Haufen Elend sitzt du da. Und sowas soll mein Sohn sein"

Sie warf meinen Kopf zurück, bevor sie mir meine Schultasche entgegen warf und nun beide verschwanden. Ich rappelte mich mit einem Seufzer auf, schnappte mir meine Tasche und wischte die übrig gebliebenen Tränen weg. Der Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich wieder zu spät in der Schule erscheinen würde, weshalb ich mich gar nicht erst beeilte dort hin zu kommen. Bevor ich in die Schule kam, wusste ich nicht einmal, dass es eine zweite Hölle gab. Eine hätte mir für den Rest meines Lebens gereicht.

In der Schule und im Klassenzimmer angekommen, wurde ich erstmal von allen komisch angesehen. Selbst der Lehrer konnte seinen Kommentar nicht sein lassen.

L: "Herr Schmidt, schön, dass Sie uns doch noch mit Ihrer Anwesenheit beschenken"

Ich setzte mich seufzend auf meinen Platz, einen Einzelplatz, wie man es sich vielleicht schon denken konnte und erblickte zwei weitere Männer vorne an der Tafel stehen.

L: "also auch nochmal für dich Thomas. Das sind Oliver Dreier und Philipp Stehling, beide vom Rettungsdienst und waren gerade dabei, einen kleinen Erste Hilfe Kurs zu gestalten. Nachdem du zu spät kamst, würde ich dich als ersten freiwilligen Vorstellen, oder meinst du nicht?"

Der Lehrer bat mich nach vorne und kurze Zeit später kniete ich vor einem Dummy und übte die Herzdruckmassage, unter Aufsicht von dem jüngeren Sanitäter. Er half mir beim platzieren meiner Hände und beobachtete meine Ausführung.

P: "das machst du gut, Thomas richtig?"

Ich nickte nur, denn ich hatte keine wirklich große Lust auf eine Konversation, was er wohl merkte, denn er sprach mich dann nicht mehr an. Schließlich meldete sich nun auch der ältere zu Wort.

O: "so Leute, wir machen nun einen Sitzkreis und unterhalten uns ein wenig, damit wir euch besser kennenlernen können"

Also saß ich kurze Zeit später schon in einem Sitzkreis, wo jeder etwas von seinen Eltern erzählen sollte. Die meisten in der Klasse hatten echt coole Eltern, da waren Immobilienhändler, Selbstständige und Unternehmer dabei. Nachdem alle etwas erzählt hatten, war ich dran und ich blickte erst stumm in den Kreis hinein.

T: "ehm naja...die...ist nicht so wichtig"

Ich dachte, das Thema sei damit erledigt, da meldete sich der jüngere Sanitäter wieder zu Wort.

P: "ist denn alles okay bei dir? Ich habe deine Wange gesehen, das sieht nach einem Schlag aus?"

T: "es ist alles okay Mister Einmischer"

Ich wusste, dass er mir nur helfen wollte und ich wirklich zu hart mit ihm war. Ich konnte meine Tränen nicht mehr unterdrücken, weshalb ich einfach auf Toilette rannte und mich dort einsperrte. Ich weinte bitterlich in meine Hände und hasste mich für meine Tat gerade. Ich hasste die Schule. Ich hasste meine Eltern. Ich hasste mich. Ich hasste mein ganzes verdammtes Leben und wollte am liebsten jetzt gleich alles beenden. Ich schlug gegen den Spiegel, der zerbrach und ich eine Scherbe aufhob. Ich setzte einfach an meiner Pulsader an...

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