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Zum Glück hast du einen Heiler in deiner Mannschaft. Als er sieht, dass du seine Hilfe brauchst, tritt er vor und winkt die alte Frau zur Seite.

»Lass mich das machen«, fordert er, nimmt sich dann einen Löffel vom Nachttisch und tunkt ihn in eine Schüssel. Die Masse, die er da raus holt, hält er Jidan unter die Nase. Erst passiert nichts, aber dann saugt der Anführer der Waldschleicher scharf die Luft ein und fährt hoch.

»Langsam, langsam«, sagt die alte Frau sofort und stützt ihn, während er sich aufrichtet. Mit der anderen Hand greift sie nach einer Tasse und hält sie ihm an die Lippen. »Hier, trinkt den Tee. Das macht die Lungen freier und Ihr müsst nicht so stark husten.«

»Danke, Khatali«, krächzt Jidan und muss trotzdem kurz husten. Dann richten seine Augen sich auf dich, während der Heiler deiner Mannschaft sich wieder hinter dir einreiht. »Wer bist du?«

»Euer Schwiegersohn Hakumora hat mich hierher gebracht«, erklärst du und nennst auch deinen Namen. »Ich verfolge zusammen mit meiner Mannschaft die Schwarzen Ritter. Hakumora hat erzählt, dass sie Euch vergiftet haben, als Ihr Euch geweigert habt, ihnen den Ort zu verraten, wo das Nechalah-Kraut wächst. Ich möchte versuchen, Euch zu heilen.«

Jidan nickt bedächtig. Die Falten in seinem Gesicht scheinen sich jedoch noch mehr zu vertiefen. Du bemerkst, dass sich schwarze Linien seinen Hals hoch ranken. Die offensichtlichen Anzeichen einer schweren, vielleicht sogar magisch verursachten, Vergiftung.

»Deine Absicht ist wirklich ehrenhaft«, krächzt Jidan und muss wieder husten. »Aber ich fürchte, gegen dieses Gift gibt es kein Heilmittel.«

»Warum nicht?«

Jidan bedeutet dir, sich zu setzen, was du auch tust.

»Weißt du, für wen die Schwarzen Ritter arbeiten?«

Du schüttelst den Kopf.

»Ich schon. Denn früher, als in den Shadowlands noch Frieden herrschte, wurde ich manchmal von der Königsfamilie in die Hauptstadt Ralimee eingeladen. Als Vertreter meines Stammes. Das Königspaar war immer freundlich zu allen. König und Königin hatten insgesamt elf Kinder, zehn Söhne und eine Tochter. Die Tochter, die Prinzessin Yiaza, war magisch sehr talentiert, was bei Dunkelelfen nicht sehr verwunderlich ist. Aber sie war wirklich außergewöhnlich.

Um ihre Fähigkeiten besser kontrollieren zu können, stellte man ihr die mächtigste Zauberin der Shadowlands zur Seite, die ihr alles beibringen sollte. Doch dann passierte ein Unfall. Ich weiß nicht genau, was dazu geführt hat, aber die Prinzessin Yiaza starb dabei beinahe. Und die Zauberin wurde als Strafe in die Eisklamm verbannt.

Nach diesem Unfall veränderte Yiaza sich jedoch. Sie wurde grausamer und als sie zwanzig war, tötete sie ihre Eltern, um selbst Königin zu werden. Ihre zehn Brüder verwandelte sie in Schwarze Ritter, die ihr jetzt dienen. Sie ist so mächtig geworden... Sie schickt ihre Brüder aus, um für sie bestimmte magische Zutaten zu holen, die sie für eine Waffe braucht, mit der sie die gesamten Shadowlands zerstören wird.«

»Warum sollte sie das tun?«, fragst du, geschockt über das, was du soeben erfahren hast. »Sie ist jetzt Königin und möchte ihr eigenes Reich zerstören? Das ergibt doch keinen Sinn!«

»Das weiß ich leider auch nicht«, gab Jidan zu. »Aber diese Zauberin... Vielleicht, ganz vielleicht, ist sie noch am Leben.«

»Die Zauberin, die Yiaza alles beigebracht hat?«, hakst du nach. »Und die in die Eisklamm verbannt wurde?«

»Genau«, antwortete Jidan. »Wenn ich es mir recht überlege, kann es eigentlich auch sein, dass sie weiß, was das Heilmittel für meine Vergiftung ist.«

»Stimmt«, sagst du. »Da diese Zauberin Yiaza alles beigebracht hat, wird sie auch wissen, welches Gift verwendet wurde und was das Gegenmittel ist! Also muss ich nur in die Eisklamm und sie finden!«

»Es ist so lange her...« Jidan schüttelt hoffnungslos den Kopf. »Vielleicht ist sie auch schon lange gestorben. Es hat ihr das Herz gebrochen, vom Hof verstoßen und verbannt zu werden.«

»Ich kann wenigstens einmal hinfahren und nachschauen«, beharrst du. »Ich habe ein Schiff. Damit sollte es ganz schnell gehen. Wisst Ihr, wie die Zauberin heißt?«

»Ihr Name war... ist Tam«, antwortet Jidan. »Ich weiß allerdings auch nicht, wohin genau sie verbannt wurde. Du wirst etwas suchen müssen. Ich...« Er fing auf einmal an, heftig zu husten. Ein dünnes Blutrinnsal floss aus seinem Mundwinkel, das sofort von der Heilerin, Khatali, weggewischt wurde.

»Ihr solltet Euch ausruhen«, meinst du besorgt. »Ich werde mich beeilen!«

Jidan nickt nur, während er weiter hustet und sich zurück ins Bett legt.

Eilig verlässt du die Hütte und triffst draußen auf Hakumora, der offenbar selbst auf dem Weg zu seinem Schwiegervater ist.

»Wie geht es ihm?«, fragt der Krieger.

»Er hat eben Blut gehustet«, entgegnest du ehrlich. »Aber ich weiß jetzt, wie ich vielleicht an das Gegenmittel komme. Ich muss in die Eisklamm und dort nach der Zauberin Tam suchen, die wahrscheinlich weiß, wie man es herstellt.«

»Schon wieder diese Geschichte?«, fragt Hakumora und seufzt. »Es ist allgemein bekannt, dass Tam schon lange tot ist. Aber wenn es wirklich die einzige Möglichkeit ist...« Er nickt und deutet dann zu einem anderen Mann, den du als Takul wieder erkennst. »Er bewacht unser Lagerhaus. Sag ihm, dass ich dich schicke und er wird dich mit Proviant für die Reise versorgen.«

»Danke.« Du gehst zu Takul, der dich mit einem knappen Nicken begrüßt.

»Hakumora schickt dich, oder?«, kommt er dir zuvor. »Ich habe mir schon gedacht, dass du auf eine Reise gehen wirst. Warte hier kurz.«

Der Krieger verschwindet in der Lagerhalle und kommt kurz darauf mit zwei Beuteln wieder raus, die er dir hin hält. »Das sollte reichen. Ich wünsche dir viel Glück auf deiner Reise. Möge Nechalah über dich wachen.«

»Über dich ebenfalls«, entgegnest du, nimmst die Beutel dankend an und verlässt das Dorf der Waldschleicher durch das Loch im Wall. Deine Mannschaft folgt dir. (Hab und Gut: + 5 Nahrung, + 5 Pflegemittel, eventuell: + alle Waffen, die dir vorher abgenommen wurden)

Lies weiter in Kapitel 30!

Shadowlands V - Zwischen Drachenmeer und EisklammWo Geschichten leben. Entdecke jetzt