Erneut stehe ich mit weichen Knien vor dem imposanten Firmengebäude von Hendricks Immobilien. Natürlich habe ich gestern direkt mit Mrs Michelson telefoniert und einen weiteren Termin ausgemacht. Ich bin so gespannt und aufgeregt, dass meine Handflächen, die ich schon mehrmals an meiner Hose abgewischt habe, immer wieder feucht werden. Um heute einen guten Eindruck zu hinterlassen, habe ich mich für eine formelle schwarze Hose, ein schlichtes Top und einen passenden Blazer entschieden. Heute musse einfach alles stimmen. Ich bin so gespannt, wie der Chef aussieht und wie er sich verhält. Das ich ihn wirklich treffe, übertrifft meine gesamten Vorstellungen für diesen Job. Ich dachte ich kümmere mich um Kaffee, schnappe spannende Details auf, arbeite mich ein paar Jahre hoch. Aber das ich nun direkt am Puls arbeiten kann, direkt von dieser Erfahrung profitieren kann, macht mich überglücklich.
Nervös betrete ich erneut die Eingangshalle und wende mich an die Damen vom Empfang. »Mrs Wellington für Mrs Michelson, bitte«, sage ich sanft. Die Dame am Empfang tippt in ihre Tastatur und scheint nach dem Termin zu suchen. »Ja, genau. Bitte in die dreiundsechzigste Etage, Mrs«, gibt die Dame preis. In Ordnung, denke ich mir. Je wichtiger die Leute, desto höher die Etage. Ich nicke der Dame zu und gehe zu den Aufzügen hinüber. Nachdem ich die richtige Etage ausgewählt habe, verliert der beeindruckende Fahrstuhl keine Zeit und setzt sich direkt in Bewegung.
Als sich die Türen öffnen, erkenne ich Mrs Michelson direkt auf mich zukommen. Genau wie beim letzten Mal sieht sie wieder absolut perfekt aus. »Mrs Wellington, schön. Es hat ja sehr kurzfristig geklappt«, entgegnet sie direkt. »Ja, herzlichen Dank für den Termin«
»Folgen Sie mir gern, wir gehen gleich hier drüben in das Besprechungszimmer. Mr Benson wird dann direkt zu uns stoßen«, erklärt sie. »Ein Glas Wasser?«
»Gerne«, antworte ich und lege meine Tasche auf den Stuhl. Die Aussicht ist atemberaubend. Das Büro ist fast in Weißtönen gehalten. Bis auf den Fußboden, dieser ist mit schwarzem Teppich ausgestattet. Alles ist bis auf das höchste Maß an Eleganz und Modernität nicht zu übertreffen. Ach und die Aussicht. Die Aussicht. Wow.
»Mrs Wellington?«, dringt ein angenehmer, männlicher Bariton an mein Ohr. Ruckartig drehe ich mich um und starre einen sehr gut gekleideten Mann an. »Entschuldigung?«, entgegne ich kleinlaut. Ich war so fasziniert von der Aussicht und den Räumlichkeiten, das ich absolut nichts mehr mitbekommen habe.
»Mein Name ist Paul Benson. Ich bin einer von zwei Geschäftsführern bei Hendricks Immobilien. Freut mich Sie kennenzulernen, Mrs«,entgegnet er förmlich. Ich kann jedoch die Belustigung für einen kurzen Moment in seinen Augen sehen. Dies überdeckt er jedoch schnell mit sehr gut gespielter Förmlichkeit. Dieser Mann ist der absolute Kracher. Darf man das überhaupt von seinem zukünftigen Chef denken? Und wieso zur Hölle kam ich nicht auf die Idee ihn vorher zu googeln? Paul Benson trägt heute ein schwarzes T-Shirt das seinen Körper betont, soweit ich es sehen kann. Der Rest ist von einem grauen Jackett überdeckt, welches er an den Ärmeln lässig hochgekrempelt hat. Dazu trägt er eine dunkle Stoffchino und weiße Sneakers. An dem rechten Handgelenk könnte ein Tattoo blitzen, jedoch erkenne ich dies nicht genau. Mein Blick wandert wieder hoch zu seinem Gesicht. Er ist dunkelblond und hat einen leichten Dreitagebart. Seine Nase ist etwas schmaler und länger aber wohl proportioniert. Sein Haar ist an den Seiten kürzer und oben relativ lang. Es ist etwas zurückgegelt, einzelne Strähnen fallen im jedoch in die Stirn. Tatsächlich habe ich selten einen so schönen Mann gesehen. Erneut grinsen seine Augen. Der Rest seiner Mimik bleibt jedoch absolut professionell.
»Ganz meinerseits«, krächze ich mit trockenem Hals. Auweia. Super professionell. An meiner Überspielung werde ich noch arbeiten müssen.
»Eigentlich geht es mir nur darum zu sehen, ob wir harmonieren. Die übrigen Verhandlungen übernimmt dann Mrs Michelson. Aber ich habe da ein gutes Gefühl. Würden Sie mit mir zu Mittag essen? Ich finde dabei kann man das am besten prüfen«, sagt Mr. Benson und grinst mich herzlich an.
»Ja, ja natürlich. Kein Problem«
»Dann können wir von mir aus direkt starten«. Mr Benson steht auf und Mrs Michelson tritt gekonnt professionell den Rücktritt an. Sie teilt mir mit, dass sie sich nach dem Mittag noch einmal abstimmen und mir dann, sofern alles passt, den Vertrag zusenden würden.
Die Fahrstuhltüren gleiten auf und Mr. Benson deutet mir mit der Hand den Vortritt. Ganz der Gentleman. »Nennen Sie mich gerne Paul. Ich bin ein Freund davon wenn wir uns Duzen würden. Ist das in Ordnung?«, fragt er und hat dabei noch immer ein fröhliches Grinsen auf den Lippen. Er wirkt zufrieden. Glücklich und ausgeglichen – so als ob er den Job macht, den er liebt.
»Ja, na klar. Ich bin Alexa, gerne Lexi«
»In Ordnung, Lexi. Dann auf zum Lunch. Ich habe einen Bärenhunger«.
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Untamed
RomanceVor acht Jahren hat sich Lexi verändert. Sie ist nicht mehr dasselbe, nette Mädchen. Seit acht Jahren ist sie voller Wut und voller Hass. Denn man hat ihr ihren einzigen Angehörigen, ihren Vater, genommen. Bis heute schweigt ihr Vater über den Grund...