In der nächsten Unterrichtsstunde hatte ich meinen Anfall. Zu meinem Glück war es nur das Übliche: zucken, keine Luft kriegen und um mich treten. Henry half mir, wie immer, und entschuldigte uns dann beide von der Schule. Was ein Glück einen erwachsenen besten Freund zu haben. Als wir beide den Unterricht frühzeitig verlassen hatten, befahl ich meinem besten Freund mich zur Anastasia zu fahren. Er hörte auf mich (zu seinem Glück) und trat sogar extra aufs Gaspedal.
Bei Anastasia zu Hause angekommen, sagte ich ihr kurz Bescheid, dass ich oben in ihrer Wohnung war, da sie unten in der Praxis arbeiten musste. Als die Wohnungstür hinter mir ins Schloss fiel, ging ich auf direktem Wege zu Camille. Sie lag in ihrem Bett, schaute Netflix und aß ein Mettbrötchen. Neben ihr lag noch ein ganzes Tablett voll von denen.
Ich schnappte mir eins davon und setzte mich auf ihren Schreibtischstuhl. „Du isst vor lauter Liebeskummer eine deutsche Spezialität aus einem weißen Brötchen und rohem Fleisch mit Zwiebeln", stellte ich verwundert fest. Als ich reinbiss, war ich überrascht. „Wow, die schmecken ja verdammt gut." Ich nahm mir schnell noch eins.
Die Tochter meiner Psychologin musste lachen. Allerdings triefte ihre Lache nur so von Traurigkeit. Dann ignorierte sie mich wieder und wendete sich eine Sendung, in der alte Omas Tee trinken und irgendwelche langweiligen Geschichten erzählten. Wie öde und einfallslos konnte eine TV-Show denn noch sein?
Schließlich schnappte ich mir die Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. „Gott, das ist ja nicht auszuhalten. Jetzt erzähl mir erstmal was passiert ist."
Camille schaute mich das erste Mal heute an. Die war ja wirklich verheult. „Er hat Schluss gemacht", weinte sie.
Verwirrt zog ich eine Augenbraue hoch. „Und deswegen liegst du zwei Wochen in einem Meer von Taschentüchern? Also als mein Ex Schluss gemacht hat, habe ich darüber hinweggesehen."
„Du hattest noch nie einen Freund, Maddy!"
„Ertappt", gab ich eingeknickt zu. „Aber egal, das kann doch nicht so schlimm sein."
Sie nahm sich ein neues Taschentuch und wischte sich die neuen Tränen von ihren roten Wangen. „Doch." Sie schniefte kurz. „Er hat mit mir geschlafen und am nächsten Morgen Schluss gemacht."
Okay, das kam unerwartet. Allerdings kam mir da eine Idee in den Kopf. „Darf ich das Henry sagen? Dann hat dein komischer Ex morgen mindestens drei gebrochene Rippen." Das brachte Camille zum Lachen. Sie nickte mit einem zarten Lächeln auf den Lippen. Ich selbst konnte nur bei ganz wenigen Menschen lächeln, konnte andere Menschen aber super zum Lächeln bringen. So wahr es manchmal auch einfach nur ein siegvolles Lächeln war.
„Okay super, dann hätten wir das schonmal erledigt. Du ziehst dir jetzt Hotpants und ein Top oder Bikinioberteil, was immer du willst, an. Es sollte nur etwas sein mit dem du in praller Sonne arbeiten kannst. Du hilfst mir nämlich bei meiner Gartenarbeit, so kommst du auch nochmal raus. Ich rede in der Zeit mit deiner Mutter, so kann ich die beruhigen. In einer viertel Stunde treffen wir uns unten im Hof." Ohne ihr überhaupt eine Wahl zu lassen drehte ich mich um und verschwand aus dem Zimmer. Auf dem Weg runter zu Anastasia machte ich noch einen Abstecher ins Wohnzimmer, wo ich die DVD von „Das Schicksal ist ein mieser Verräter" auf den Tisch legte.
Anastasia und ihre Mitarbeiter hatten gerade Mittagspause, weshalb ich genau wusste, wo sie jetzt war. Ich steuerte direkt auf die Küche der Praxis zu, wo jeder gerade sein mitgebrachtes Mittagsessen aß. Meine Psychologin hatte eine Schüssel mit Salat in der Hand, die sie, als ich den Raum betrat, wegstellte. „Hast du mit ihr geredet?", fragte sie direkt hoffnungsvoll.
Ich schenkte ihr lediglich einen Blick, der sagte: „Nicht hier." So verschwanden wir in einen Nebenraum, der sich als Aktenlagerraum herausstellte. Sie setzte sich auf den Tisch, der in der Mitte stand und schaute mich erwartungsvoll an.
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Einen ganz besonderen Menschen
Teen FictionAls Teenager kommt man manchmal an den Punkt, an dem man nicht weiß, wie es weiter geht und seine eigene Zukunft aussieht. Bist du ein normaler Teenager, stellst du dir diese Frage: Wie sieht meine Zukunft aus? Dann versuchst du die Antwort auf die...