Kapitel 19: Hinter Federn und Masken

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An diesem Morgen weckte mich ein eigenartigens Kribbeln in meiner Magengegend, das sämtliche Körperteile von mir wachkitzelte.
Mit einem Ruck war ich aus den Bett. Ich brauchte nicht lange um mich an all das wieder zu erinnern, was in den letzten Tagen geschehen war.

Ich wusste dass ich eigentlich noch hätte schlafen sollen, doch dafür war ich viel zu aufgeregt. Alles war so neu, so fremd, so besonders. Neugierig lief ich zum Fenster und blickte nach draußen.

Sonnenlicht trat durch das Loch in der Decke, und legte sich wie ein funkelnder Schleier über das Höhleninnere. Staunend beobachtete ich den funkelnden Staub, der sich auf dem tiefgrünen Gras ausbreitete. Noch nie zuvor in meinem gesamten Leben hatte ich so etwas schon mal gesehen. Es faszinierte und beängstigte mich gleichermaßen. Was das wohl war? War das der Zauber, der in dieser Höhle schwebte? Mit hämmerndem Herzen schob ich mich durch meine Zimmertür und schlich den Flur entlang bis zur Haustür, darauf bedacht, Cecilia nicht aufzuwecken. Ihr würde es sicherlich nicht gefallen, dass ich hier einfach so herumschnüffelte. Sie hatte sich schon immer abweisend und geheimnistuerisch verhalten. Blöd nur für sie dass ich mich nun im Zentrum von alldem befand, was sie immer vor mir versteckt hatte.

Ich rannte im Nachthemd auf die Wiese um das Glitzern von nahem zu betrachten. Mit jedem Schritt wurde der Schwall an Euphorie, der durch meinen Körper schoss, größer. Dieser Ort wirkte einfach unwirklich für mich. Er war Fragen über Fragen auf, und war so schön dass es mir schier den Atem verschlug. Mit pochendem Herzen lies ich mich ins Gras fallen und streckte meine Hände nach dem Funkeln aus, doch ich konnte es nicht ergreifen. Der Staub wirbelte wild um meine Hände, unantastbar und geheim. Wäre Lanix bloß hier, schoss es mir durch den Kopf und ein wehmütiges Ziehen machte sich in meiner Brust bemerkbar. Er hätte diese Höhle sicherlich ebenso geliebt wie ich. Mit ihm hätte ich über die verrücktesten Dinge spekulieren können und er hätte wahrscheinlich eine ganze Bandbreite an Theorien parat gehabt, die erklärten warum die Höhle so war, wie sie nun mal war. Er hätte sich mit Vergnügen in sämtliche, ebenso waghalsige wie dumme Abenteuer gestürzt und wäre dabei wahrscheinlich mehr als nur einmal auf die Schnauze gefallen. Ich vermisste seine aufgeweckte, und auch ein wenig tollpatschige Art. Sie hatte mich immer zum Lachen gebracht, egal wie mies es mir gegangen war.

Ich zuckte mit den Schultern. Da er nun mal nicht da war, musste ich eben alleine auf Erkundungstour gehen. Ich hob den Kopf und blinzelte in die Sonne, die schräg durch das Loch an der Höhlendecke schien.

Ihr sanftes, noch ein wenig schwaches Licht kitzelte meine Haut und ich räkelte mich in ihr um das warme Gefühl, an jeder noch so kleinen Stelle meines Körpers aufzunehmen. Langsam stützte ich mich auf und schritt über das offene Land. Über grüngelbe Wiesen, und Hügel, immerzu auf der Suche nach einer Erklärung. Meine Füße trugen mich über eine kleine überwucherte Holzbrücke, die gefährlich über dem Abgrund schaukelte. Mein Herz schlug höher. Langsam und ängstlich sprang ich von Holzbrett zu Holzbrett. Meine Hände rissen an den erdfarbenen Seilen, während der Boden gefährlich unter mir schwankte. Doch ich gab nicht auf und kämpfte mich bis ans andere Ende der Brücke.

Ich rannte einen kleinen Abhang hinab, das Glitzern war überall. Und vor mir - da war das Meer. Es plätscherte durch die Höhle, durch kreisrunde Felsöffnungen, die sich bis in die Ferne zwirbelten. Es rauschte in meinen Ohren, wie eine Gutenachtmelodie, die mich seltsam ruhig und verträumt werden ließ.

Ich schlich langsam auf die Wellen zu, und die Euphorie erwachte in mir von neuem. Der glitzernde Staub mischte sich mit dem Wasser, das endlos schien. Ob es überhaupt ein Ende hat? Das war ein weiteres Geheimnis der Höhle.

Ich setzte mich ans Wasser, das friedlich um meine Füße strömte, und beobachtete den Morgen.

Erst als das Morgengold verschwunden war, und das Funkeln erlosch, stand ich auf und trat langsam den Rückweg an. Ich fragte mich, warum dieser ganze glitzernde Staub auf einmal verschwunden war. Sah man ihn nur morgens, wenn die ersten Strahlen der Sonne in die Höhle fielen, oder war das, was ich soeben gesehen hatte, einmalig gewesen? Und was steckte dahinter? Dieser Staub hatte mich ein wenig an die Farben erinnert, die schon so oft um Cecilia herumgewirbelt waren, sobald diese ein Lied angestimmt hatte. Dennoch war er auch ein wenig anders. Er hatte sich wie loses Pulver, wie ein dünner Schleier auf dem Land niedergelassen und schien keine Ordnung zu haben. Er bewegte sich nicht, und war so schwach dass er von weitem mit dem Land verschmolz.

Herzensjägerin - Dunkle MelodieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt