Als Petunia an diesem Morgen aufstand, war die Sonne noch gar nicht richtig aufgegangen und Lily schlief noch tief und fest in den Laken eingewickelt.
Seit über einem Jahr hatte Petunia kaum eine Nacht durchgeschlafen und seit ihrer Hochzeit mit Vernon, war sie jeden Morgen mit ihm gemeinsam aufgestanden, um ihm vor seiner Arbeit das Frühstück zu machen. Ihr Leben war bis auf die Minute getaktet gewesen und nun, an ihrem ersten Tag in völliger Freiheit, fiel es ihr schwer ihren Schlafrhythmus einfach so zu vergessen.
Ohne Hoffnung darauf, noch einmal einzuschlafen stand sie auf, zog ein frisches Kleid aus ihrem Koffer, dass durch ihre Reise etwas zerknittert worden war und stieg so leise wie möglich die Treppe hinunter ins Erdgeschoss.
Das Haus ihrer Schwester war so anders, als der Ligusterweg, in dem Petunia die letzten Jahre verbracht hatte.
Die Dielenböden waren mit großen Teppichen ausgelegt, die an der Seite schon ganz ausgefranst waren und ihre vorsichtigen Schritte abdämpften.
Die Wände im Wohnzimmer, gerade so über dem Boden, waren verschmiert mit Bundstiftzeichnungen eines Kindes.
Überall standen und hingen eingerahmte Bilder im Haus, einige von ihnen still und unbeweglich, in anderen winkten die Personen freudig der Kamera zu oder zogen Grimassen.
In der Küche stand nach wie vor das schmutzige Geschirr in der Spüle, als ob Lily andere Dinge vorgezogen hatte, als die Küche zu reinigen oder den Boden zu kehren. Vielleicht, dachte sich Petunia, war es einfacher den Haushalt hinter sich zu lassen, wenn man all den Schmutz mit einem Zauberstabwink verschwinden lassen konnte. Und vielleicht, meldete sich eine Stimme in ihrem Hinterkopf, war es auch einfacher den Haushalt hinter sich zu lassen, wenn man nicht Angst haben musste, dass der eigene Mann einen sonst schlug.Petunia schob die Gedanken an Vernon zur Seite und machte sich stattdessen auf die Suche nach einem Bügeleisen.
Große Hoffnungen eins zu finden hatte sie nicht, was sollte schließlich ein Haushalt voller Magier mit einem solchen Gerät? Aber sie hatte Glück.
Im Schrank unter der Treppe, in dem sich noch unausgepackte Kisten stapelten, stand auch ein Bügelbrett, in alten Laken eingeschlagen und mit einer Notiz von Petunias und Lilys Mutter versehen.Einige Dinge sollte Frau nun mal zu Hause haben. Darunter Brot, Salz, ein Bügelbrett, ein Tanzkleid und Messer, groß genug, um sie jemandem in die Brust zu rammen.
In Liebe, Mum
Petunia lächelte traurig, als sie den kleinen Zettel an ihre Brust drückte.
Rosalyn Evans hatte ihren Töchtern von klein auf beigebracht, eine angemessene Hausfrau zu mimen, die Mutterrolle zu kennen aber auch eine Kämpferin zu sein.
Vielleicht, hatte sie immer gesagt, wird eines Tages alles einfacher für uns werden. Bis es soweit ist werden wir aber auf uns selbst aufpassen müssen. Auf den Straßen, in der Nacht und besonders bei den Männern, die wir in unsere Nähe lassen.
Henry Evans war ein fürsorglicher Mann, mit guten Manieren und einem Gespür dafür, immer das Richtige zu sagen. Sucht euch einen wie ihn, hatte ihre Mutter immer geflüstert, Einer der versteht.
Lily hatte das wohl geschafft, dachte Petunia traurig, als sie das Bügelbrett ins Wohnzimmer schaffte und dabei über die Teppiche stolperte und sich ihren Zeh an einem der Bücherstapel stieß.
Lily hatte James, der fürsorglich war, mit guten Manieren und immer das Richtige sagte.Petunia hingegen hatte Vernon, der zu viel an sich selbst dachte, um fürsorglich zu sein, seine Manieren in dem Moment vergaß, den er alleine war und zu viel schrie und wütete, als dass er jemals einfühlsam sein könnte.
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The dream I dreamed - Eine kurze Geschichte über Petunia Dursley und Lily Potter
FanfictionPetunia hatte alles, was sie sich je erträumt hatte. Ein Haus, ein Garten, einen Mann und ein Kind. Doch manchmal soll das echte Leben nicht so laufen, wie der Traum, auf dem man all die Zeit hingearbeitet hat. Manchmal ist der Traumprinz aus den...