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Mit aller Kraft wehrte sie sich dagegen aufzuwachen, doch je mehr sie es versuchte, desto weniger wollte es ihr gelingen und als sie wieder das harte Bett unter sich spürte, wusste sie, dass sie nicht mehr zurück konnte und wieder im hier und jetzt war. Sie öffnete die Augen und sah wieder ihre Zimmerdecke.

Sie blieb noch eine Weile liegen und versuchte, sich an ihren Traum zu erinnern. Sie träumte in jeder Nacht. Doch sie spürte, dass dieser Traum anders gewesen war. Irgendetwas war einfach anders gewesen.

Je mehr sie versuchte, sich daran zu erinnern, desto mehr entfiel ihr wieder, bis sie nach einer Weile nicht einmal mehr genau wusste, ob sie überhaupt geträumt hatte.

Schließlich gab sie auf und zwang sich, aufzustehen. Als sie ihr Zimmer verließ, empfing sie der übliche Trubel. Jedenfalls dachte sie das, bis sie einzelne Gesprächfetzen auffing. „...müssen uns anstrengen..." „...genau, morgen Abend..." „...wichtiger Besuch..."

Leicht verwirrt ging sie auf ein Mädchen zu, dass ein wenig älter war als sie. „Du, Lara", begann sie, „weißt du..." Weiter kam sie nicht, denn sie wurde von dem Mädchen, dass den Namen Lara trug, unterbrochen. „Morgen Abend soll anscheinend Besuch kommen. Vom Ministerium. Ich weiß auch nicht mehr, nur, dass es für uns wichtig sein könnte. Sam hat mir nicht mehr erzählen wollen. Muss los, Küchendienst. Vielleicht bekomm ich da noch was mit." Und mit diesen Worten, verschwand Lara wieder im Getümmel.

Das Mädchen, das Lara mit neugieriger Miene zugehört hatte, verzog das Gesicht, als hätte sie gerade ihr Todesurteil unterschrieben. »Das kann ja heiter werden. Besuch hat noch nie was Gutes bedeutet. Aber was tut das schon hier?«, dachte sie sich und seufzte.

Sie trat einen Schritt nach vorne und ließ sich dann von dem Gedränge mitziehen.

Bei einer großen Tür hielt sie inne. Sie hatte schon ihre Hand auf die Klinke gelegt, als ein stechender Schmerz sie zurückzucken ließ.

Sie musste nicht nach sehen, um zu wissen, was es war.

Sekunden verstrichen, in denen sie sich nicht bewegte und der Schmerz stärker wurde. Sie spürte ihn in jeder Muskel ihres Körpers.

Jeder der es nicht kannte, würde längst vor Schmerzen wimmernd auf dem Boden liegen. Aber sie kannte es.

Anfangs hatte auch sie geschrien. Man hatte sie weggesperrt, um ihr Wimmern nicht zu hören. Man hatte ihr ihre Freiheit genommen.

Sie wusste nicht, wie viele Stunden und Tage sie damals in den grauen Räumen aus Stein, abseits jeder Magie, verbracht hatte. Und auch wusste sie nicht, wie viele Menschen zu diesem Zeitpunkt genau dort waren, wo sie war. Wie viele Menschen gerade an ihre Grenzen kamen und sich die Seele aus dem Leib schrien, ohne das es etwas brachte.

Sie verzog das Gesicht und setzte sich langsam in Bewegung.

Als sie den großen Saal betrat, senkte sie ihren Blick.

Es lief ihr kalt den Rücken hinunter, als sie sprach: „Ihr habt gerufen, Madam."

Sie erschrak, als sie die Wut in ihrer Stimme bemerkte. Wut auf jene, die sich ihre Mutter nannte.

Auch ihre Mutter hatte den wütenden Unterton in ihrer Stimme bemerkt.

„Wie war das?", fragte diese und fixierte das Mädchen mit strengen, zusammengekniffenen Augen.

„I-Ihr habt gerufen, Madam", stammelte das Mädchen leise, zitternd vor Angst.

„Ich kann dich nicht verstehen", knurrte die Frau, die sich drohend über das Mädchen beugte. Es wirkte klein und zerbrechlich, neben ihr.

the Story of her- Hp ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt