Die letzten Wochen vor dem 1. September vergingen fiel zu schnell. Erst war es noch ein Monat, dann plötzlich nur noch eine Woche und jetzt war er da, der Tag der Abreise.
„Hast du auch alles?", fragte Nara. Lukas rollte mit den Augen. „Jetzt bemuttere sie doch nicht so", meinte er, doch Mina fühlte sich geborgen. »So muss sich Familie anfühlen«, dachte sie.
Nara warf einen Blick auf die Uhr. „Jetzt müssen wir aber los. Es ist schon halb elf", sagte sie. „Du bist schonmal appariert?" Mina schüttelte den Kopf. „Dann wird das bestimmt unangenehm sein." Mit diesen Worten hielt Nara Mina ihren Arm hin.
„Bereit?", fragte Nara sicherheitshalber, als Mina zögerlich ihren Arm genommen hatte. Mina nickte etwas unsicher. „Drei, zwei, eins."
Es fühlte sich an, wie durch einen engen Schlauch gepresst zu werden. Mina schloss die Augen und machte sie erst wieder auf, als sie wieder festen Boden unter sich spürte. Ihr Magen hatte das dringende Bedürfnis, den Inhalt loszuwerden.
„Dort ist ein Mülleimer", sagte Nara und Mina übergab sich sogleich in diesen.
„Danke", sagte sie matt und lächelte.
Ein paar Sekunden später tauchte Lukas wie aus dem Nichts aus. Auch er sah so aus, als wäre ihm mehr als nur unwohl. „Ans Apparieren werde ich mich wohl nie gewöhnen", sagte er und schüttelte sich leicht angeekelt. „So, hast du schon einen Wagen für das Ding da?", fragte er Mina und hob Minas Koffer in die Höhe.
Mina schüttelte stumm den Kopf. „Dann werd' ich uns mal schnell einen besorgen. Geht ihr schon mal vor. Wir sehen uns am Gleis!" Mit diesen Worten machte sich Lukas auf den Weg um die nächste Ecke.
„Komm, zum Gleis geht's da lang", sagte Nara und zusammen liefen sie los zu den Gleisen 9 und 10.
„Nara?", fragte Mina. „Du meintest doch, wir würden zu Gleis 9¾ müssen. Hier gibt es aber nur 9 und 10. Wo liegt der Gleis dann?"
„Dazwischen", sagte Nara geheimnisvoll und zwinkerte ihr zu. „Siehst du die Mauer dort vorne?" Mina nickte. „Lauf' einfach darauf zu. Keine Angst, dir wird nichts passieren."
Nara lief auf die Mauer zu. In dem Moment, in dem Mina dachte, Nara würde dagegen krachen, verschwand sie.
Mina spürte, wie ihr der Mund aufklappte. „Das- das ist nicht möglich", flüsterte sie. Zögerlich ging sie auf die Mauer zu. Ein paar Zentimeter davor blieb sie stehen.
»Ich bin doch verrückt. Als ob das klappen würde«, dachte sie. Unsicher berührte sie mit ihren Fingern die Mauer. Zumindest wollte sie das, doch ihre Finger versanken förmlich daran. Es schien, als wäre die Mauer nicht existent.
Schnell zog sie ihre Hand wieder zurück und betrachtete ungläubig ihre Finger.
Noch einmal berührte sie die scheinbare Mauer mit den Fingern, um sich zu vergewissern, dass sie sich das nicht eingebildet hatte.
„Ja, da kann man wirklich durchgehen."
Erschrocken drehte sich Mina um. Hinter ihr, beziehungsweise nach dem sie sich umgedreht hatte vor ihr, stand Lukas mit einem Wagen, auf dem ihr Koffer lag.
Sie spürte, wie sie rot wurde.
„Hey, ist doch nicht schlimm!", meinte Lukas. „Wir müssten uns nur beeilen, sonst dreht Nara noch durch", fuhr Lukas schmunzelnd fort.
„Okay." Mina atmete noch einmal tief durch, drehte sich um, und lief dann durch die Mauer.
Als sie auf der anderen Seite wieder auftauchte, waren da nicht Gleis 9 und 10, sondern eine rote, dampfende Lokomotive. Mit etwas Mühe konnte sie das Wort, das auf der Lokomotive stand, entziffern; Hogwartsexpress.
Hinter ihr kam gerade Lukas aus der Mauer. Gerade noch so konnte er rechtzeitig bremsen, um nicht in sie hinein zu krachen. „'tschuldigung", nuschelte sie und lief ein paar Schritte zur Seite.
„Ah, Lukas, Mina, da seid ihr ja endlich!", hörte Mina auf einmal Nara sagen. „Komm, Mina, lass uns deinen Koffer schon mal in ein Abteil bringen, bevor alles voll ist."
Gesagt, getan. Zwei Minuten später war der Koffer verstaut und es war immer noch zwanzig vor elf. Die letzten Minuten verbrachte Mina zusammen mit Lukas und Nara am Gleis, der sich zunehmend füllte.
In dieser Zeit hatte ihr Nara noch mindestens zwanzig Ratschläge gegeben, ihr gesagt, was das beste Essen in Hogwarts war und noch so Dinge, die man eben erzählte, wenn einem langweilig war.
Kurz bevor der Hogwartsexpress losfuhr, sagte Nara zum Abschied: „Du wirst mir fehlen, Mina" und umarmte sie noch einmal. „Ihr mir auch", antwortete Mina und erwiderte die Umarmung, bevor sie in den Hogwartsexpress einstieg.
„Bis Weihnachten!", rief Nara, als sich die Türen schon schlossen.
Mina winkte den Nara und Lukas noch zu, bis sie hinter der Kurve verschwanden, bevor sie sich in ihr Abteil setzte.
Dort hatte sich in der Zeit noch ein anderes Mädchen hingesetzt.
„Oh hallo", sagte eben dieses Mädchen, als Mina das Abteil betrat. „Ich hoffe, es ist okay, dass ich mich hier einfach hingesetzt habe. Die meisten anderen waren voll."
„Alles gut", sagte Mina schüchtern und setzte sich dem Mädchen gegenüber.
Ein Teil der Fahrt verstrich, in dem keiner von beiden ein Wort sagte.
Nach ein paar Stunden öffnete sich plötzlich die Abteiltür. „Etwas vom Servierwagen gefällig?", fragte eine etwas in die Jahre gekommene Dame, die einen kleinen, voll mit lecker aussehenden Dingen bestellten Wagen vor sich herschob.
„Zwei Schokofrösche bitte", sagte das Mädchen, dass zusammen mit Mina im Abteil saß. Sie war aufgestanden und überreichte der Dame vom Servierwagen etwas, dass vermutlich eine Galleone, ein Sickel, oder ein Knut war - Zauberergeld eben.
„Danke, nein", sagte Mina, die keinen Hunger hatte, obwohl die Süßigkeiten wirklich verführerisch aussahen.
„Angenehme Fahrt, ihr beiden", sagte die Dame, schloss die Abteiltür wieder und wackelte fröhlich weiter.
Auch der Rest der Fahrt verlief schweigend, doch Mina war das egal. Sollte das Mädchen, das ihr gegenüber saß, doch so viel schweigen, wie sie wollte. Es war besser, als pausenlos fertiggemacht zu werden. Alles war besser.
Sie stellte sich vor, was gerade wohl bei ihrer Mutter passierte. Freunde hatte sie dort keine gehabt, doch sie vermisste all die anderen, die ihr von Hogwarts erzählt hatten. Wer weiß, vielleicht war das mit dem Regenbogen tatsächlich wahr?
Nur eine Sache bereitete ihr immer noch Sorgen; was, wenn sie sie finden würde?
Klar, sie konnte es nicht wissen, aber es war möglich.
Bei dem Gedanken daran musste sie schlucken. Um sich besser zu fühlen, sah sie aus dem Fenster. Es war beinahe dunkel geworden. »Hogwarts«, dachte sie, »ich komme.«
•1028 Wörter•
~Chancen sind wie Sonnenaufgänge, wer zu lange wartet, verpasst sie~
Unbekannt.
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the Story of her- Hp ff
Fanfiction„Was weißt du eigentlich, Kind?" „Ich- ich- das-" „Ich habe dich etwas gefragt!" „Das ich ein Niemand bin und niemals etwas anderes sein werde." Die Leute kennen sie nicht mal und wenn sie eine Menschenseele sie bemerkte, war sie stets nur das still...