Du bist eine wahre Freundin!

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Du bist eine wahre Freundin:

James hatte mir soeben gestanden, dass er Gefühle für mich hatte. Eventuell wäre hier der richtige Zeitpunkt gewesen ihm die Wahrheit zu erzählen. Das er sich in mir täuschte.

Andererseits war der Moment gerade perfekt und ich würde ihn nicht zerstören.

"Und wie siehts bei dir aus?", wollte er wissen und riss mich aus meine Gedanken.

"Ähm, ich mag dich auch.", erwiderte ich und spürte wie sich meine Wangen erhitzten. Was war bloß los mit mir? Und warum hatte er so eine Wirkung auf mich?
James sah mich mit einem warmen Blick an und nahm meine Hand. "Komm, bevor du dich erkältest."
Damit führte er mich aus dem Wasser.

Ich fühlte mich benommen und versuchte die letzten Minuten zu verarbeiten. Ab und zu sah ich zu James und betrachtete ihn staunend. Konnte es wirklich sein, dass so ein gutaussehender Typ Gefühle für mich hatte? Das passiert doch sonst nur in schlechten Liebesfilmen.

Aber dann lächelte er mich an und ich verlor mich darin. Ja, er mochte mich. Das war nicht zu übersehen. Und ich hatte definitiv auch Gefühle für ihn.

"Sind wir jetzt zusammen?", fragte ich ihn neugierig.

"Du gehörst definitiv mir, also ja.", erwiderte er und zwinkerte.

Den rest des Tages verbrachten wir entweder am Strand oder im Wasser. Abends tranken wir noch einen Cocktail an der Strandbar und danach fuhr er mich nachhause. Der Tag war so unglaublich schön gewesen, dass er mir wie ein Traum vorkam. Wie eine Pause in der Realität.

Doch die Realität sollte mich bald schon wieder einholen...

***
Der Wecker riss mich unsanft aus meinen Träumen und anstatt mich genervt auf die andere Seite zu rollen, wie sonst immer, stand ich freudig auf. Ja, es war Montag, doch der konnte mir meine gute Laune nicht verderben. Außerdem würde ich James gleich wiedersehen.

In Rekordsschnelle machte ich mich fertig und sprintete zum Bus. Glücklicherweise war er fast leer, sodass ich meine Ruhe hatte. An der Schule angekommen sah ich bereits Lynn am Eingang stehen.

"Hey.", begrüßte ich sie strahlend und sie gab mir einen Kuss auf die Wange. Sie strahlte ebenfalls.

"Gutes Wochenende gehabt?", lächelte ich wissend und sie wurde ein wenig rot.

"Mike und ich sind wieder zusammen.", verriet sie.

"Das ist ja toll, dass freut mich für euch beide!", meinte ich ehrlich und ignorierte die aufkommenden Schuldgefühle als ich an Mike dachte. Oder an die Polizei.

"Und du und James?", fragte Lynn.

"Wir sind auch zusammen.", lächelte ich verträumt.

Sie grinste und gab mir ein High Five.

"Was ist eigentlich noch mit Mike passiert am Freitag? Also wegen der Polizei?", erkundigte ich mich vorsichtig.

Ihre Miene verfinsterte sich. "Er hat eine Anzeige am Hals wegen unerlaubten Alkoholbesitzes. Und weil er angeblich die anderen abgefüllt haben soll."

"Oh.", machte ich.

Sie schüttelte schnaubend ihren Kopf. "Glaub mir, er war es nicht. Irgendein Idiot muss es gewesen sein. Wenn ich rausfinde wer es war..."

"Hmmm. Wer weiß das schon.", schluckte ich.

"Aber ich bin froh, dass ich dich habe.", wechselte sie das Thema. "Ich weiß, du bist erst eine Woche hier, aber du bist eine gute Freundin und echt korrekt. Endlich eine, die nicht nur ans Aussehen oder an Diäten denkt. Nicht das du es nötig hättest, im Gegenteil. Aber du weißt wie ich das meine."

"Ja, das weiß ich.", erwiderte ich leise und lächelte leicht. "Ich mag dich auch echt gerne und denke wir werden gute Freunde."

Und wieder einmal fühlte ich mich verlogen. Wenn sie wüsste, dass ich diejenige war mit dem Alkohol...sie würde mich hassen.

Wir gingen näher zur Schule und ich erkannte, dass sich eine große Menge an Schüler dort versammelt hatte.

"Was ist denn hier los?", fragte Lynn überrascht.

Ich zuckte nur mit meinen Schultern.

Beim näherkommen erkannte ich, dass Annie inmitten dieser Masse stand.

"Glaubt mir, sie war das!", rief sie empört und zeigte auf mich. Alle sahen überrascht und abwertend zu mir

"Was ist hier los?", fragte ich schwach und sah in all die ablehnenden Gesichter.

"Ich hab den Leuten hier, die Wahrheit über dich erzählt.", meinte Annie und sah mich vernichtend an. "Du warst das mit der Sprayaktion und jeder hat ein Recht das zu wissen!"

Lynn sah mich überrascht an. "Du?!"

Ich ignorierte sie und starrte Annie giftig an. "Und wer war daran auch beteiligt?! Du, meine Liebe!"

Ein Raunen ging durch die Menge, schließlich hatte ich gerade zugegeben dass ich es war.

"Falls du dich erinnerst, ich stand daneben und du hast gegen meinen Willen gesprayt!", widersprach Annie.

Fassungslos sah ich sie an. Warum tat sie das? Und warum verdrehte sie die Wahrheit? Sie war genauso daran beteiligt gewesen. Klar, ich hatte gesprayt, aber sie war dafür gewesen!

Ich sah einzeln ein paar Leute an. Manche schüttelten einfach nur missbilligend ihren Kopf, andere tuschelten und wieder andere sahen nur neugierig aus. Mein Blick fiel auf James, der mich nur kalt ansah.

"Das war doch nur ein Scherz.", sagte ich kläglich zu ihm.

"Darum geht es nicht. Du hast mich die ganze Zeit angelogen!", giftete er. "Wer weiß, wobei du noch alles gelogen hast."

"James, ich...", versuchte ich mich zu verteidigen.

"Nein, ich will das gar nicht hören!", unterbrach er mich. "Annie hatte die ganze Zeit Recht gehabt und ich hab mich blenden lassen."

"Das kann nicht dein Ernst sein.", meinte ich und meine Stimme zitterte. "Das am Samstag war nicht gelogen!"

Er sah mich nur kühl an. "Ich kann dir nicht mehr glauben."

Damit ging er weg und ich wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel. Ich durfte jetzt nicht hier vor allen Leuten die Fassung verlieren.

"Ich hab doch gesagt, du sollst dich von ihm fernhalten.", grinste Annie dreckig und ich verstand. Das hier war einfach nur ihre Rache, weil ich mich ihrem Befehl wiedersetzt hatte.

"Ich hasse dich.", flüsterte ich vernichtend und sie zuckte nur mit ihren Schultern.

"Damit kann ich leben.", lächelte sie und ging zu ihren Freundinnen.

Ich wandte mich Lynn zu, die immer noch ein wenig fassungslos neben mir stand.

"Bist du auch sauer?", fragte ich sie nur matt.

"Nein. Ich halte trotz allem zu dir.", erwiderte sie und drückte kurz meine Hand. "Die machen alle so ein Wirbel um einen kleinen Streich. Das legt sich wieder,  glaub mir."

"Danke.", flüsterte ich mit Tränen in den Augen. "Du bist eine wahre Freundin."

Sie grinste. "Klar, bin ich das. Und jetzt komm, der Unterricht beginnt gleich."

Schweigend begleitete ich sie. In gerade einmal fünf Minuten hatte Annie meine Beziehung zu James und mein Ansehen auf der Schule zerstört. Lediglich Lynn hielt zu mir, was mich echt rührte. Doch wie würde sie reagieren, wenn rauskommt, das Mike wegen mir die Anzeige am Hals hat?

Ich schloss kurz meine Augen. Ich bin kein guter Mensch.

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