Verdient

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Hey, ich weiß, das ist gerade vielleicht etwas unpassend, aber würdest du mal mit mir ausgehen wollen? :-)

Eric

Etwas fassungslos sah ich auf und durchsuchte den Raum nach diesem Eric. Tatsächlich war Eric niemand anderes als der Sitznachbar von James. Er grinste mich an und deutete auf den Zettel. War das sein Ernst???

Ich schüttelte nur den Kopf und drehte mich wieder weg. Steckte James da mit drin? Bestimmt. Vielleicht wollte sein Kumpel testen ob er mich auch verarschen konnte. Dachten sie im Ernst das ich so dämlich wäre und darauf reinfalle? Nicht mit mir!

Aber andererseits machte das keinen Sinn.

Waren sie wirklich so dämlich und dachten ich würde zweimal auf so etwas reinfallen? Vielleicht sah Eric auch einfach nur seine Chance mich zu "trösten". Wollte ich dem wirklich auf dem Grund gehen? Nein. Ich hatte erst mal genug von dem Drama.

Als es klingelte rannte ich direkt aus dem Raum. Doch irgendwie wollte mich das Drama nicht in Ruhe lassen, denn Eric hielt mich an einem Arm zurück. "Wow, warte mal.", grinste er.

Genervt sah ich ihn an. Doch das hielt ihn nicht zurück. Er grinste noch immer. "Du schuldest mir noch eine Antwort."

"Ach tu ich das?", entgegnete ich mit hochgezogenen Augenbrauen. 

Er strich sich durch seine blonden Haare. "Das war ernst gemeint von mir."

Misstrauisch starrte ich ihn an. "Du weißt das James und ich bis gestern noch zusammen waren?"

"Das war doch aber nicht echt?", erwiderte er stirnrunzelnd. "Ich dachte, er meint es nicht ernst. Im Gegensatz zu mir."

Ich atmete laut aus. Das alles ging ziemlich an meine Nerven. Merkte er nicht das ich nicht in der Verfassung war mich mit sowas auseinander zu setzen? Und als wäre das alles nicht schlimm genug rauschte James an uns vorbei. Ein Teil von mir hatte wohl gehofft es würde ihn interessieren was ich hier mit seinem Kumpel machte, aber er ging einfach an uns vorbei als wäre es ihm egal. Nein, Moment. Es war ihm wirklich egal

"Hör zu, ich habe wirklich keine Lust auf neue Dates im Moment. Vor allem nicht mit Freunden von James.", wandte ich mich wieder an Eric.

"Sag Bescheid wenn du es dir anders überlegst.", meinte er nur und sein Mund verzog sich wieder zu einem Grinsen. Hörte der denn nie damit auf? Hatte dieser Mensch denn keine Probleme? Oder nahm er heimlich Drogen? Wenn ja, woher kriegt man so ein Zeug? Ich hätte auch wieder Lust zu grinsen. Seitdem ich in diesem Kaff gelandet war hatte ich keinen Grund mehr zum Grinsen gehabt. Ob ich mich mit meiner Mum vertragen sollte und einfach zu ihr nach New York ziehen sollte? 

Ich ging zur Cafeteria und suchte mir einen Tisch für mich allein. Freunde hatte ich ja nicht. Und Lynn? Lynn war vermutlich noch enttäuscht von mir. Ich rechnete nicht mit ihrer Anwesenheit. Tatsächlich setzte sie sich zu Mike und seinen Freunden an den Tisch. Sie sah kurz zu mir, doch als sich unsere Blicke trafen sah sie schnell wieder weg. Vermutlich brauchte sie noch Zeit.

Doch Mike der das ganze mitbekommen hatte, sprang auf und begab sich in meine Richtung.

Scheiße, was wurde das denn jetzt? Ob er mich runtermachen wollte, wegen meiner Aktion mit dem Alkohol? Schließlich wusste er das erst seit kurzem.

Ich setzte eine undurchschaubare Miene auf und verschränkte meine Arme als er an meinem Tisch stehen blieb. Entschuldigen sah anders aus. Aber so war ich nun mal. Ich ging direkt auf Abwehrhaltung, denn das war was ich immer tat um meine wahren Gedanken und Gefühle zu verstecken.

“Ich will dir keinen Vortrag halten.“, begann Mike seine Rede. Er sah ehrlich gesagt nicht sauer aus. Erstaunt hob ich eine Augenbraue und wartete das er fortfuhr.

“Du hättest es mir einfach sagen sollen.“, fuhr er fort. “Wir hätten das Ganze schon geklärt. Aber dann wäre alles gut gewesen, verstehst du? So hast du dir ein Eigentor gebaut. Lynn ist ein Mensch der anderen schwer vertraut. Und du hast es gerade ziemlich auf die Probe gestellt.“

“Und jetzt?“, erwiderte ich bissig. “Soll ich auf Knien angerobbt kommen und sie um Verzeihung anflehen? Ich habe mich bereits entschuldigt. Mehr kann ich auch nicht tun.“

Mike grinste leicht. “Ehrlich gesagt gibt es da etwas das du tun könntest. Und eigentlich erwarten wir das auch alle von dir. Du musst zur Polizei gehen und dich stellen. Du musst die Anzeige auf dich nehmen.“

“Spinnst du?!“, brauste ich auf. “Ich gehe doch nicht zur Polizei und stelle mich! Ich, Ellie, wurde noch nie von der Polizei erwischt, noch gehe ich hin und begebe mich selber in Schwierigkeiten.“

Mike sah mich nun abschätzend an. “Wenn dir das wichtiger ist als Lynns Freundschaft, als unser aller Freundschaft, dann frage ich dich Ellie, was bist du für ein Mensch? Du bist down wegen James, weil er dich kaltblütig verarscht hat, aber hast du mal daran gedacht, das du selber nicht besser bist und du es vielleicht einfach verdient hast?“

Verblüfft starrte ich ihn an. Das was er sagte traf mich. Sah er das wirklich so? Sahen alle das so? Hatte ich das alles verdient?

Mike konnte meine Antwort von meinem Gesicht ablesen. “Dachte ich es mir doch“, meinte er nur und trat den Rückweg zu Lynn und seinen Freunden an.

Ich blieb sitzen und war wie vor dem Kopf gestoßen. Langsam wurde mir bewusst das die Tische um mich herum das Gespräch mitbekommen hatten. Nun sahen mich viele abwertend an und tuschelten. Auch James hatte es mitbekommen und sah mich emotionslos an. Da fehlten scheinbar sogar ihm die Worte. Besser so für ihn.

Ich stand auf und lief aus der Cafeteria. Mir wurde das alles zu viel. Die Blicke brannten in meinem Rücken als ich hinauslief.

Vor dem Schulgebäude hielt ich inne. Was jetzt? Wohin sollte ich? Nachhause konnte ich nicht, mein Dad war schließlich da. Zurück in die Schule wollte ich auch wiederum nicht.

Ich fing an zu laufen. Mir kam da eine Idee was ich tun konnte um der Menschheit zu beweisen, das in mir Gefühle stecken.

Das es mir Leid tat.

UnexpectedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt