Es gibt Tage, da will man am liebsten gar nicht aus dem Bett. Man wacht auf und realisiert dass das Leben nicht mehr das gleiche ist, welches man gestern noch zu haben glaubte. Und es gibt nichts was man dagegen tun kann, so sehr man das auch will. Man weiß, dass man dennoch aufstehen muss und zur Schule gehen muss. Das man sich während dieser Zeit zusammenreissen muss und so tut als wäre alles gut. Natürlich ist nicht alles gut, aber man will die Leute nicht belasten, schließlich haben alle ihre eigenen Probleme. Und niemand würde es so verstehen oder nachvollziehen können, wie man selber. Oder sie würden deine Probleme lächelnd runterspielen, als wäre nichts weiter dabei. Als wären es keine richtigen Probleme. Sie würden einem sagen, dass alles wieder gut werden würde. Das es das müsste.
Aber muss es das wirklich?
Diese Frage stellte ich mir während ich mir meine Zähne putzte und gedankenverloren mein Spiegelbild betrachtete. Zugegeben ich sah schonmal besser aus. Dunkle Augenringe zierten mein Gesicht und meine Augen wirkten stumpf und leer.
Wie viel Leid kann ein Mensch eigentlich ertragen? War das nächste was ich mich spöttisch fragte, während ich mir ein Brot schmierte. Darauf wusste ich natürlich keine Antwort. Schätzungsweise ertrug man genauso viel Leid, wie man es zuließ.Nur schien bei mir das Maß noch nicht voll zu sein. Heute würde Lynn die Wahrheit erfahren und ich würde sie verlieren. Vielleicht, aber nur ganz vielleicht würde sie gar nicht so sauer sein und mir verzeihen. Doch ich rechnete nicht wirklich damit.
Die Gedanken an James versuchte ich ebenfalls zu verdrängen, obwohl es unmöglich war. Seit gestern spürte ich einen Stich an der Stelle, wo normale Menschen ein Herz besitzen, wo bei mir aber nur noch Leere war. Schmerzende Leere.
Würde es besser werden? Irgendwann?
Ich fuhr zur Schule und hörte dabei Musik. Doch auch die konnte mich nicht aufheitern. Wenigstens passte sie.
I don't know what's worth fighting for
Or why I have to scream
I don't know why I instigate and say what I don't mean
I don't know how I got this way
I'll never be alright
So I'm breaking the habits tonight...
Linkin Park hatte einfach gute Lieder. Wobei die alten besser waren als die neuen.
An der Schule angekommen wartete Lynn schon am Eingang auf mich. Sie sah ein wenig misstrauisch aus. Kein Wunder schließlich wusste sie das ich ihr was verschwieg.
"Hey.", begrüßte ich sie schwach, sie nickte nur.
"Ich komm einfach mal direkt zum Punkt und sag dir was los ist.", begann ich resigniert.
"Okay.", erwiderte sie und sah mich abwartend an.
"Das mit dem Alkohol auf Mikes Party war meine Schuld. Ich hab was in die Bowle gemischt um die Party etwas aufzulockern. Ich hätte nie gedacht das es so eskalieren würde.", gestand ich zerknirscht. "Ich wollte nicht das Mike deshalb Ärger am Hals hat."
Lynn sah mich mit großen Augen an. Gespannt und mit einem bis zum Hals schlagenden Herz wartete ich auf ihre Reaktion.
"Warum hast du es nicht früher erzählt und den Ärger auf dich genommen?", fragte sie.
Ich zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, ich wollte es, aber du warst so sauer und ich hatte Angst um unsere Freundschaft."
"Hm.", machte sie und lachte kurz freudlos. "Wären wir wirklich Freunde, hättest du es mir schon früher erzählt und wir hätten nen Weg gefunden um das zu lösen, aber so... "
"Lynn wir sind Freunde!", beharrte ich.
"Darüber muss ich nachdenken. Ellie du steckst in zuviel Scheiße drin. Eine Aktion folgt der anderen. Ich weiß nicht wirklich ob ich dir vertrauen kann.", meinte sie ruhig.
"Aber ich war doch immer ehrlich, bis auf das mit dem Alkohol.", widersprach ich verzweifelt. "Du bist die einzige hier in diesem Kaff, die cool ist und mit der man Spaß haben kann. Gib unsere neue Freundschaft nicht gleich wieder auf!"
"Wiegesagt ich muss darüber nachdenken. Ich hab jetzt Unterricht. Bye.", erwiderte sie. Damit ließ sie mich vorm Eingang stehen. Nachdenklich und etwas zerstreut sah ich ihr nach. Zugegeben sie hatte nicht so sauer reagiert wie erwartet, aber sie hatte auch nicht gesagt, dass sie mir verzeihen würde.
Vielleicht sollte ich ihr die Zeit geben, die sie brauchte. Aber wie würde sie sich entscheiden?Ich trottete ebenfalls zu meinem Raum und nahm aus den Augenwinkeln Annie mit ihren Freundinnen wahr, die sich gegenseitig anstießen und zugrinsten als sie mich sahen. Ignorant wie ich manchmal sein konnte, stolzierte ich an ihnen vorbei und konzentrierte mich darauf den Raum zu finden. Im Raum drinnen wurde es auch nicht besser als ich James an einen der Tische sitzen sah.
Stimmt, den Kurs hatten wir zusammen.
Weiterhin alle ignorierend suchte ich mir einen noch leeren Tisch und starrte frustriert auf mein Smartphone. Allerdings musste ich unbedingt einen Blick auf ihn erhaschen. Er saß auf seinem Stuhl und unterhielt sich mit seinem Sitznachbarn. Ob er mich überhaupt bemerkt hatte? Ach was, er hatte mich eh verarscht, was verschwendete ich überhaupt noch einen Gedanken an ihn?! Schnaubend wandte ich mich von seinem Anblick ab und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf mein Smartphone.
Der Unterricht verging quälend langsam und ich meldete mich kein einziges Mal. Je weniger Aufmerksamkeit mir heute gewidmet wurde, desto besser. Irgendwas flog gegen meinen Kopf und als ich überrascht nachschaute, fand ich einen zusammengeknüllten Zettel.
Sehr witzig.
Ich hob ihn dennoch auf, vielleicht stand ja etwas drauf. Vielleicht kam der Zettel ja von James und er wollte sich entschuldigen?
Mit klopfenden Herzen faltete ich ihn auf.
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Unexpected
HumorEllie, gebürtige New Yorkerin, ist ein richtiges Stadtkind. Ihr ganzes Leben hat sie in New York verbracht, doch dann lassen sich ihre Eltern scheiden und sie muss mit ihrem Dad in eine langweilige Vorstadt in New Jersey ziehen. Das kann nur ein Al...