13. Unfall

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Die nächsten zwei Wochen vergingen langsam. Durch die nervigen Pöbeleien meiner Mitschüler scheinen Sekunden in Minuten verwandelt zu haben, sodass ich Freitag Abend total erschöpft in mein Bett sinke. Vielleicht sollte ich mal wieder nach Tokyo fahren. Dort würde jedoch Kuroo auf mich warten und ich bin mir unsicher, ob er nicht unfassbar wütend auf mich ist oder vor allem enttäuscht. Seitdem ich ihn vor der Sporthalle hatte stehen lassen, nachdem wir eine schöne Nacht zusammen verbracht hatten, hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Nur Kenma schrieb mir ab und zu und das auch nur, wenn ein Spiel anstand und er mir Glück wünschen wollte. Apropos Volleyball - die Mädchen sind die einzigen, die sich nicht an den dämlichen Sticheleien beteiligt, sondern mir sogar geholfen haben, jeden Tag die Zettel von meinem Spind zu entfernen. Ihnen war es nur wichtig, dass wir als Team agieren und deshalb natürlich auch zusammenhalten und darüber war ich echt verdammt froh.
Naja und jetzt liege ich hier gerade in meinem Bett und denke über die letzten Wochen nach. Wäre ich nicht so verdammt widerstandsfähig, hätten die mich bestimmt schon mit dem Kopf ins Klo gesteckt oder so, aber der gute Yaku hat mich mit all seinen kleinen Aggressionen, die nur auftraten, wenn man ihn klein nannte, auf sowas vorbereitet. Ja Team Nekoma...wie sehr ich die Jungs doch schon wieder vermisse. Ich sollte sie doch besuchen fahren - am besten jetzt gleich.
Wie ich auf diese Idee komme, weiß ich auch nicht. Eigentlich bin ich kein spontaner Mensch. Aber wenn man es ganz genau nimmt, hatte ich mir den Plan schon vor zwei Tagen ausgemalt. Ich hatte eine passende Zugverbindung rausgesucht und gepackt hatte ich auch schon. Schnell ziehe ich mich um, schließlich will ich ja nicht im Pyjama dort aufkreuzen. Lev würde sich schlapp lachen. Und so kam es, dass ich mich samt Koffer um 22 Uhr auf den Weg zum Bahnhof machte.
In meine Gedanken vertieft, wie sie wohl reagieren würden, schlendere ich die von wenigen Straßenlaternen beleuchtete Straße entlang. Ampeln gibt es hier kaum welche, aber in Anbetracht des wenigen Verkehrs ist es verständlich. Daher ging ich gelassen über die zweispurige Hauptstraße - ein großer Fehler, den ich bald darauf bereuen würde. Als ich gerade mitten auf der Straße stehe, höre ich das Quietschen von Reifen ich drehe mich in die Richtung. Vor Schock bleibe ich stehen. Kurz darauf trifft mich das Auto. Ich stürze zu Boden und fühle noch das warme Blut meine Haut hinunterlaufen, dann wird mir schwarz vor Augen und ich verliere das Bewusstsein.
Ich weiß nicht, was sonst noch passierte. Zwischendurch wachte ich immer mal wieder auf und hörte Sirenen und Stimmen. Ich wurde angehoben und dann wachte ich erst wieder im Krankenhaus auf.
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„ - hören Sie mich?"

„J-ja" meine Stimme zittert und mehr Worte bekomme ich nicht heraus. Eine Frau mit hellblauem Kittel beugt sich über mich. Wahrscheinlich die zuständige Krankenschwester. Ich schlage langsam die Augen auf und gucke an mir herab. Erst jetzt bemerke ich, wie sehr mein Arm schmerzt und den Gipsverband um mein Bein.

„Wie heißen Sie?"

„YL/N Y/N"

„Wie können wir Ihre Angehörigen erreichen?"

Ich deute auf meine Jacke, welche mir sofort gereicht wird, sodass ich mein Handy rauskramen kann. Ich suche die Nummer meines Vaters und halte der Krankenschwester dann den Screen entgegen.

„Ausgezeichnet. Ich werde ihn nun kontaktieren. Brauchen Sie noch etwas?"

„Gerne, könnte ich bitte ein Wasser haben?"

„Natürlich, einen Moment"

Sie verlässt das Zimmer. 2 Minuten später klopft es an der Tür.

„Herein"

Als ich sehe, wer den Raum betritt, bleibt mir fast mein Herz stehen. Es ist Tooru. Er hat ein Glas Wasser in der Hand und ist offensichtlich genau so überrascht wie ich. Dennoch stellt er das Glas auf dem kleinen Tisch neben mir ab und will das Zimmer wieder verlassen.

„Bitte warte Tooru!"

Überrascht dreht er sich um.

„Wenn du wüsstest, was ich getan habe, würdest du mich nicht hier haben wollen Y/N"

Was soll das denn heißen? Was hat er getan und warum sollte ich deshalb wütend auf ihn sein?

„Was meinst du Tooru?"

„Hattest du in letzter Zeit Probleme in der Schule? Haben dich die anderen fertig gemacht? Dich als Schlampe beleidigt und Ähnliches?"

„Ja, aber was hat das mit dir zu tun?"

„Alles!"

Mit diesem Wort lässt er mich zurück. Was hatte er getan? War er an allem Schuld? Hatte er mit den Gerüchten angefangen? Hatte er sie sogar verbreitet? Aber warum sollte er das tun? Ich hatte ihm nichts getan. Lag es vielleicht an Kuroo und mir? Weiß er was vorgefallen ist? Ich muss einfach mit ihm reden.

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Ich schaue auf die Uhr, die über der Tür hängt - 8:30 Uhr. Und mein Vater ist immer noch nicht aufgetaucht. Vermisst mich überhaupt jemand? Gerade als ich diesen Gedanken gefasst habe, klopft es an der Tür. Sie schwingt in großem Bogen auf und ich erkenne die Gesichter von Kenma, Kuroo, Lev, Yaku, meinem Dad und Iwaizumi. Die vier waren extra aus Tokyo angereist, um mich zu besuchen. Jetzt fühle ich mich schlecht, weil ich Kuroo einfach so stehen lassen habe. Doch eine Sache ist da noch. Warum ist Iwaizumi hier? Klar. Ich war ja mit seinem besten Freund befreundet oder bin es noch. Ich weiß auch nicht, was Tooru und ich sind. Aber, dass er mich deshalb gleich im Krankenhaus besucht, wundert mich doch etwas.

In meine Gedanken vertieft, merke ich nicht einmal, dass sie mittlerweile schon vor mir stehen. Dies realisiere ich erst, als mein Vater mich in seine Arme schließt. Auch die anderen umarmen mich. Nur Kuroo bleibt still neben allen stehen. Was ist bloß mit ihm los? Hatte ich ihn zu sehr verletzt mit meiner Aktion nach dem Trainingsmatch? Ich versuche, mir nicht zu viele Gedanken zu machen. Doch dann klopft es erneut an der Tür.

„Herein"

Es tritt ein Mädchen in ungefähr meinem Alter ein und ich muss sagen, sie sieht aus wie eine billige Kopie von mir.

„Hast du dich im Zimmer getäuscht, oder -?"

„Nein, ich wollte nur fragen, wie lange das noch dauert. Tetsu wollte mit mir später ins Kino"

Sie geht zu Kuroo und ... küsst ihn. Auf einmal waren alle meine Schuldgefühle verschwunden und wurden durch Wut ersetzt. Er ist wohl verdammt schnell über mich hinweg gekommen. Naja, soll mir recht sein. Ich hab ja noch Tooru, oder? War er nicht Schuld an dem ganzen Mobbing, das ich die letzten Wochen erleiden musste?

„Könnt ihr bitte kurz alle rausgehen. Ich möchte kurz mit Iwaizumi allein sprechen"

Sie sehen größtenteils enttäuscht aus. Ich hatte ja auch nichts anderes erwartet, aber ich hatte sie ja nur für kurze Zeit rausgeschickt.

Iwaizumi steht nun alleine vor meinem Bett und schaut verwundert.

„Du, Iwa?"

„Was ist los YL/N?"

„Nenn mich bitte Y/N. Und da wäre was bezüglich Tooru"

„Was hat der Trottel jetzt schon wieder angerichtet"

Ich erzähle Iwa von dem Gespräch, als er mir mein Wasser gebracht hatte.

„Ich glaube ehrlich gesagt, dass Shittykawa sehr eifersüchtig auf dich und Kuroo ist und deshalb diese Gerüchte verbreitet hat"

„Aber wieso sollte er mir das antun?"

„Es ist seine Art Rache für etwas, für das er in dir die Schuldige sieht, obwohl das natürlich nicht so ist, zu nehmen . Er ist einfach sehr stolz und verkraftet es nicht, hinten angestellt zu werden"

„Ich verstehe. Danke Iwa"

„Du brauchst mir nicht danken. Und nenn mich bitte einfach Hajime. Wir sind doch mittlerweile Freunde"

„Danke Hajime"

Ich deute den anderen an, dass sie wieder eintreten dürfen, wobei ich bemerke, dass Kuroo und das Mädchen nicht mehr da sind. Mir soll's recht sein. Jetzt kann ich mich auf mich konzentrieren.

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1269 Wörter

when the ball drops  (DEUTSCH) Kuroo/Oikawaxreader 🍋Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt