Kapitel 15 - Begegnung mit dem Tod

61 5 2
                                    

15

"Jane. Wenn du jemals einem Schattenwesen begegnest, zögere nicht dein Messer gegen es zu erheben."

Die Worte klangen in ihrem Kopf wieder.

So deutlich als stünde die Person, die sie vor so vielen Jahren ausgesprochen hatte, direkt hinter ihr.

Aus irgendeinem Grund war es ihr aber nicht möglich, sich an den Namen dieser Person zu erinnern...

Irgendgendwas hinderte sie daran, gerade auf diese eine Information zurückzugreifen.

Irgendetwas ließ sie nicht klar denken...

Doch da war noch mehr gewesen...was hatte diese Person noch gesagt ?

"Jane. Wenn du zögern solltest...", sie hatte sehen können wie sich das Gesicht des Mannes bei diesem Satz damals verdunkelte, als trübten es viel schmerzhaftere Erinnerung als sie sich bis dahin hatte vorstellen können, "Wird es nicht lange dauern, bis du oder einer von uns derjenige sein wird, der am Boden liegt."

Ja. Das hatte er gesagt...

Es waren diese Worte.

Jene Worte, an die sie sich nicht gehalten hatte...

Weder damals noch heute.

Nicht als sie in der heruntergkommenen Lagerhalle von Angesicht zu Angesicht dem grotesken Anblick des Monsters gegenüberstand, während sein Körper noch von dem flüssigen Blut ihres eigenen bedeckt war und auch nicht, als sich seine stählernen Arme in diesem Club wie metallene Ketten um ihren Körper geschlungen hatten, bis er langsam und genussvoll zu zu drücken begann, hatte sie ein Zögern verhindern können.

Sie hatte sein hämisches Lachen gehört, das in tosenden Wellen aus ihm hervorbrach und sich wie Stahlklingen auf ihre Ohren herabsetzte.

Auch die verächtliche Freude in seinen Augen war ihr nicht verborgen geblieben, als ihm schließlich bewusst wurde, wie leicht es ihm fallen würde sie und ihren Bruder an jenem Abend in den Tod zu schicken.

Stattdessen hatte sie sich beide Male von einer einsernen Starre befallen lassen, die so viel stärker zu sein schien als ihre ganze Kraft zu kämpfen.

Sie hatte gezögert und so, sowohl das Leben ihres Bruders als auch ihr eigenes leitsinnig und unvergesslich aufs Spiel gesetzt.

Aber nicht ihr Bruder hätte auch nur für einen dieser törichten Fehler, diese einen unbedachten Momemte bezahlen müssen!

Nicht ihm hätte das Monster sein Leben rauben dürfen.

Sie allein hätte die Konsequenzen tragen sollen...doch nicht in Form des Verlustes ihres Bruders !

Wie grausam konnte das Schicksal einem einen einzigen Fehltritt bereuen lassen ?

Hatte sie all das wirklich verdient ?

Wenn ja, hatte sie so einiges wieder gut zu machen !

Noch während dieser Gedanke in ihrem inneren Fuß zu fassen begann, konnte sie fühlen wie sich dieses Etwas, das sich zuvor wie ein Nebel um ihre Sinne gelegt und ihr das Denken erschwert hatte, sich mehr und mehr verflüchtigte.

Sie fühlte, wie sie langsam wieder ein Gespühr für ihren Körper bekam.

Doch mit dem Gefühl, das sich so gemächlich wieder in ihren Armen und Beinen einschlich, setzten fast zeitgleich auch der bis dahin bedeckte Schwindel und die betäubten Schmerzen ein.

Wie ein Lauffeuer brannte er sich durch ihre Knochen. Erbarmungslos und unauslöschlich.

Mit aller Macht versuchte sie beides zurück in den Nebel zu drängen, sich selbst aber nicht erneut in seiner Tiefe zu verlieren.

Red Death - der rote TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt