Kapitel 12 - Ein Käfig aus Eis

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Die Zeit war für sie stehen geblieben.

Sie fühlte sich gefangen in einem schrecklichen Albtraum, aus dem sie, egal wie sehr sie sich auch anstrengen mochte, einfach nicht erwachen konnte.

Es kam ihr so vor, als stünde sie schon seit Ewigkeiten an ein und derselben Stelle und kam einfach nicht voran und alles um sie herum: der schallende Bass der Musik, das unbesorgte Gelächter der tanzenden Paare und sogar ihr eigener Herzschlag, verschwammen zu einem einzigen, undurchdringlichen Summen im Hintergrund.

Sie war gefangen.

Nicht nur in dieser ausweglosen Situation, die ihr so irreal erschien. Auch ihr Körper befand sich nach wie vor in der eisigen Umklammerung des Monsters.

Er stand so dicht hinter ihr, das sie einfach fest genug ausholen, ihre Messer, die sich immer noch an ihren Oberschenkeln befanden, greifen und mit aller Kraft zuschlagen musste.

Wieso also schaffte sie es nicht, diesen einen Vorgang, den sie bereits so viele tausend Male zuvor hatte durchlaufen müssen, hinter sich zu bringen ?

Wieso schaffte sie es nicht ?

Wenn es doch eigentlich so einfach war...

Es war ihr unbegreiflich, wie sie in so einer Lage einfach nur bewegungslos und still vor ihm stehen konnte.

Nicht mal ihm, korrigierte sie sich mechanisch, es.

Er, war nicht mal ein Mensch.

Und wieso hatte sie ihn nicht kommen spüren ?

Wehr dich endlich, du dummes Ding !, schrie sie in Gedanken an sich selbst und versuchte sich zum handeln zu bewegen.

Aber was ? Was soll ich tun ?,fragte sie ihr keifendes ich verzweifelt.

Unaufhörlich drangen ihr die schmerzverzerrten letzten Schreie ihres Bruders in den Ohren und jagten ihr qualvolle Stiche in den Körper.

Aber selbst wenn sie sich hätte wehren wollen, wäre es ihr nicht gelungen.

Das Monster hinter ihr, hielt ihre Arme so fest in seinem eisernen Griff, das es ihr nicht möglich war, sich auch nur einen Millimeter von der Stelle zu bewegen. Selbst wenn sie ihre ganze Kraft auf wandte.
Dazu kam das entsetzliche Brennen das seine Berührung auf ihrer Haut anrichtete auch, wenn es unerklärlicher Weise schwächer schien als bei ihrer letzten Begegnung.

Es ließ sie dennoch verzweifeln, machte sie aber umso wütender.

Seit wann zeigst du dich so schwach in Gegenwart eines Monsters ?!

Ja, seit wann ?

"Also, was ich will...", sinnierte er und sog abermals ihren Duft in sich auf.

"Spuck's endlich aus!", fuhr sie ihn mit gesengter Stimme an, war sich aber in dem Augenblick nicht wirklich sicher, ob er sie über die laute Musik und ihren frenetischen Pulsschlag überhaupt verstehen konnte.

Hinter sich spürte sie sein amüsiertes Lachen, das durch das Heben und Senken seiner Brust, an ihrem Rücken entlang streifte.

Anscheinend konnte er es doch.

"Na na, sind wir vielleicht etwas ungeduldig ? Wir haben doch alle Zeit der Welt, Kleines, oder nicht ?"

"Ich schon, aber wie steht's bei dir ? Ob es bei dir noch so sein wird, wenn ich mit dir fertig bin... naja, sagen wir mal so, dafür würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen!", konterte sie angewidert.

Red Death - der rote TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt