Kapitel 15- Keine Lügen mehr Vol.2

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Sicht: Derek

„In einer Woche, ja. Perfekt" klärte ich alles mit Eric wegen meines Hausbaus ab. „Du musst aber mit einem halben Jahr rechnen, vielleicht ein bisschen mehr" erklärte er mir. „Ach, das ist kein Problem. Ich habe es nicht eilig" ich öffnete meine Autotür, legte meine Tasche auf den Beifahrersitz und stieg auf der anderen Seite ein. „Ist dann alles soweit klar?" fragte ich nach, um endlich Feierabend machen zu können. „Ja, alles klar. Bis dann" „Bis dann, danke Eric" ich legte auf und startete den Motor meines Wagens. Ich hatte heute extra früher Feierabend gemacht, da meine Patienten keine Priorität hatten und ich noch bei Sophia vorbei wollte. Ihre Halbherzige Nachricht, dass es ihr gut ging, wirkte auf mich nicht sonderlich überzeugend. Und da ich ja jetzt ihr Freund war, war es irgendwie meine Pflicht, dass ich nach ihr schaute, auch wenn ich nach diesem anstrengenden Tag ziemlich ausgelaugt war. Das Haus von Sophia und ihrer besten Freundin war nur 10 Minuten vom Krankenhaus entfernt, weshalb ich auch nicht länger brauchte.

Ich stieg aus meinem Auto, richtete mir schnell meine Haare und lief dann bis zur Tür, wo ich klingelte. Sofort hörte ich Schritte, zum Glück machte jemand auf. „Doktor Shepherd" überrascht sah Sophias beste Freundin mich an. Mich hatte sie definitiv nicht erwartet. „Ist Sophia da?" sie nickte und ließ mich an ihr vorbei ins Haus. „Ihr seid wohl beide nicht krank, wie ich sehe" kurz sah sie geschockt aus, wahrscheinlich weil ich sie deswegen feuern könnte. Ich wank ab. „Machen Sie sich keine Sorgen. Das ist mir egal" ihr Gesichtsausdruck erleichterte sich und ich sah mich kurz um. „Sie ist oben. Treppe hoch, zweite Tür rechts" „Danke" ich lächelte sie an und stellte meine Schuhe und meine Jacke im Flur ab. Ich ging die Treppe hinauf und klopfte an der Türe, die sie mir gesagt hatte. „Seit wann klopfts du, wenn du rein willst?" kam von drinnen. Wahrscheinlich, weil sie Carina erwartet hatte. Ich öffnete langsam die Türe und an ihrem geschockten Gesicht, bestätigte sich diese Vermutung. Sie saß in ihrem Bett, hatte die Jalousien runtergefahren und hatte ein Buch auf dem Schoß liegen. „Hey" sagte ich und schloss die Türe wieder hinter mir. „Hey" antwortete sie und vermied Augenkontakt mit mir. Ich hasste es, dass wir uns so nah waren, aber irgendwie auch so fern. „Ich hoffe es ist okay, dass ich hier bin" ich ging noch nicht auf sie zu, da ich erst ihre Bestätigung wollte, dass es okay für sie war. Sie nickte und legte ihr Buch beiseite. „Ich bin froh, dass du da bist" sie setzte ein verzweifeltes Lächeln auf und ich setzte mich zu ihr. „Es gibt ein paar Dinge, die ich dir erzählen muss" sie sah auf die Decke und kratzte sich nervös am Finger. „Du musst das nicht tun, wenn du nicht willst. Das ist für mich okay" ich legte meine Hand an ihren Arm und strich drüber. Schüchtern sah sie von unten zu mir hoch, aber schüttelte dann den Kopf. „Wenn ich es jetzt nicht tue, dann werde ich es nie" ich verstand. „Kann ich irgendwas tun, um es dir leichter zu machen?" sie schüttelte den Kopf. „Sag bitte nichts, bis ich fertig bin. Okay?" ich nickte. Ich setzte mich auf den leeren Platz ihres Bettes und sah sie von der Seite an. „Also...Alles begann, als ich 2 Jahre alt war. Meine Eltern haben sich getrennt und ich kam zu meiner Mutter. 2 Jahre später, zog ihr neuer bei uns ein, den sie im selben Jahr geheiratet hat. Und ab da an hat er mich dazu gezwungen, ihn anzufassen. Mit 11 hat er mich dann das erste Mal vergewaltigt. Und ab da an, jede Nacht. Er hat alle seine kranken Fantasien an mir ausgelassen, ich konnte mich nicht wehren und habe es auch nach einer gewissen Zeit nicht mehr getan. Mit 16 traf ich Carina, hier in Seattle. Sie war die erste, der ich davon erzählt habe. Sie hat mir dabei geholfen, abzuhauen. Und ab da an habe ich hier gelebt, bei ihren Eltern und ihr, bis wir in dieses Haus gezogen sind. Und jetzt, jetzt sitze ich hier" während sie das erzählte, war ihr keine einzige Träne gekommen. Wahrscheinlich, weil sie das mehrere Male vor dem Spiegel geübt hatte. Ich war so sehr unter Schock, ich konnte kein einziges Wort sagen. So eine schlimme Geschichte, konnte ich mir gar nicht vorstellen. Nach ein paar Minuten Stille, sah sie mich das erste Mal an. „Bitte sag was" flehte sie und bekam Tränen in den Augen. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist so schlimm, ich kann mir das nicht vorstellen" ich schluckte einen riesigen Kloß in meinem Hals hinunter. „Und ich..." sie sah wieder weg. Doch im Moment darauf, sah sie wieder zu mir. „Ich liebe dich" sagte sie so leise, dass ich es gerade so hörte. Trotz dem, was sie mir gerade erzählt hatte, machte mein Herz einen Sprung. Sowas von ihr zu hören, war wundervoll. „Ich liebe dich auch, aber das weißt du ja" ich schloss sie in meine Arme und ließ sie meine Wärme spüren. „Und es tut mir so unendlich leid, falls ich dich irgendwie unter Druck gesetzt habe. Ich hatte einfach keine Ahnung. Ich hätte das Erkennen sollen..." entschuldigte ich mich dafür, dass ich mehr als einmal mit ihr schlafen wollte und nicht erkannt hatte, was sie durchleiden musste. „Nein, das hättest du nicht. Ich wollte das sowieso nicht. Hab kein schlechtes Gewissen" ihre Worte halfen nicht, aber trotzdem war es schön zu hören. Mir ging die Vorstellung nicht mehr aus meinem Kopf, wie sie in so jungen Jahren so ein beschissenes und schweres Leben hatte, da war meine Vergangenheit nichts dagegen. „Und bitte nehms mir nicht böse, wenn ich nicht so bin wie andere...Wenn ich normale Dinge einfach nicht verstehe oder ja...sowas halt. Ich war nur noch nie in einer Beziehung. Du...Du bist der erste" ich nickte nur und sah ihr tief in die Augen. „Keine Sorge, das ist okay. Ich warte solange, wie du Zeit brauchst" ich lächelte sie an. Trotzdem spürte ich, dass da irgendwas war, was sie mir nicht erzählen wollte, weil sie wahrscheinlich Angst davor hatte. „Was ist denn? Willst du mir noch etwas sagen?" sie sah kurz zu mir hoch und nickte dann. „Derek ich...Es tut mir leid aber ich...Ich fühl mich nicht bereit dazu, in einer Beziehung zu sein. Der Druck dir alles Recht machen zu wollen ist einfach...Ich halte das momentan nicht aus" ich verstand, obwohl es sehr weh tat. Aber schlussendlich wollte ich ja, dass es ihr gut ging und wenn das der Weg war, dann wollte ich es auch. „Okay. Klar. Ich werde auf dich warten, sag mir einfach Bescheid, wenn du bereit bist" ich legte meine Hand an ihre Wange und strich darüber. Ich küsste sie auf die Wange, bevor ich aufstand und zur Türe ging. „Wir sehen uns" dieses Gefühl, dass es ein längerer Abschied werden würde, verließ mich einfach nicht. Ich wollte sie nicht verlassen und war mir sicher, dass sie es eigentlich auch nicht wollte. „Aber wenn irgendwas ist, kannst du mich trotzdem immer anrufen. Wir sind ja immer noch Freunde" sie nickte. Ich nickte ebenfalls und zog die Türe hinter mir zu. Ich musste kurz innehalten, um mir über die Situation klar zu werden. Kaum waren wir zusammen, schon waren wir getrennt. 

Derek Shepherd- Der Schatten der WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt