Kapitel 6

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Seit unserem Treffen in Hogsmeade waren inzwischen fast 2 Wochen vergangen, heute Abend war schon wieder Vollmond. Und zu sagen, ich hätte Angst, war wohl die Untertreibung des Jahrhunderts.

Doch einen Lichtpunkt gab es, denn Sirius und ich waren gleich in der Bibliothek zum Lernen verabredet. Ich war schon wieder viel zu aufgeregt und wartete gespannt auf meinen besten Freund. Doch er kam nicht.

Ich hatte bereits mein aktuelles Buch zu ende gelesen, hatte meine Hausaufgaben erledigt und gelernt, doch Sirius kam einfach nicht. Was meine sowieso schon schlechte Laune nur noch verschlechterte.

Irgendwann hatte ich die Nase voll und machte mich auf den Weg zurück zum Gemeinschaftsraum. Ich war verletzt, wütend, nervös und verärgert. Aber vielleicht würde wenigstens Jamie wissen, wo Sirius schon wieder war.

Endlich war ich am Gemeinschaftsraum angekommen. Ich nannte der fetten Dame schnell das Passwort und kletterte durch das Gemälde. Doch auf der anderen Seite blieb ich wie angewurzelt stehen.

Vor mir saß, oder besser gesagt lag, Sirius Black höchstpersönlich. Allerdings war er nicht allein.

Ein Mädchen, ich war mir ziemlich sicher, dass sie aus unserer Parallelklasse war, kniete auf seinem Schoss. Ihre Hände waren um Sirius' Hals geschlungen, während seine eine in ihren Haaren verschlungen, die andere unter ihrem Pullover verschwunden war. Vor allem aber waren sie in eine wilde Knutscherei vertieft. Es sah fast so aus, als wollten sie sich gegenseitig verschlingen.

Und in dem Moment spürte ich nur noch Wut. Unbändige Wut. Ich machte auf dem Absatz kehrt und rannte. Ich rannte die ganzen Treppen nach unten, aus dem Schulgebäude raus und hinab zum See. Mir war egal, dass mich alle Schüler verwundert anschauten, mir war egal, dass ich schon längst Seitenstechen hatte, mir war egal, dass es eigentlich viel zu kalt war, draußen ohne Jacke zu sein. Alles was zählte war das Bild in meinem Kopf von Sirius und dem Mädchen. Es hatte sich in mein Gedächtnis gebrannt.

Doch irgendwann wurde ich gezwungen, stehen zu bleiben. Und ab dem Zeitpunkt, an dem ich aufhörte zu rennen, fielen meine Gedanken auf mich ein, verspotteten mich regelrecht.

Was hattest du denn gedacht?! Dass er dich auf lieben würde?! Dass er dich genauso mögen würde wie du ihn?! Also bitte, Remus, jetzt sei doch nicht so naiv. Hattest du geglaubt, jemand könnte sich in einen wie dich verlieben? In einen Werwolf, ein Monster? Tja, dann kann ich dir jetzt die Wahrheit sagen. Dich wird nie jemand lieben. Nie könnte einer eine Bestie wie dich mögen. Du bist ein Monster. Du bist ungeliebt, hässlich und unbrauchbar, redete die Stimme in meinem Kopf auf mich ein. Und das schlimmste daran war, ich glaubte ihr.

Ich glaubte jedes einzelne Wort. Ich war ein Monster. Ich hatte es nicht verdient, geliebt zu werden. Und das wurde mir jetzt auch endlich bewusst.

Ich hob meinen Kopf und starrte auf den kalten See. Es hatte wieder angefangen zu schneien und erst jetzt viel mir auf, dass ich vor Kälte zitterte. Doch auch das war mir egal.

Erst, als es schon langsam dämmerte, machte ich mich auf den Weg zurück zum Schloss. Gerade noch rechtzeitig traf ich am Gemeinschaftsraum ein, bevor Madam Pomfrey mich abholte und mich zur Hütte brachte. Sirius war inzwischen weg.

Auf dem Weg erklärte mir die Krankenschwester noch irgendetwas, doch ich hörte nicht zu. In meinem Kopf war nur die ganze Zeit das Bild meines besten Freundes. Mir war speiübel.

Irgendwann waren wir an der Hütte angekommen und ich war wieder mit meinen Gendanken allein, dich unaufhaltsam auf mich einströmten.

Und die ganze Zeit war da diese Wut. Ich hatte sie zuvor noch nie so kräftig gespürt. Doch sie war so stark, dass sie jedes andere Gefühl verdrängte.

Kurze Zeit später ertönte das erste Knacken, gefolgt von einem gequälten Schrei. Wo waren die anderen? Sie sollten schon längst hier sein.

Doch sie kamen nicht.

Ein paar Minuten später lag ich schreiend und weinend auf dem Boden, unfähig, mich gegen meinen inneren Wolf zu wehren, der langsam aber sicher die überhand gewann. Das letzte Bild, das vor meinem inneren Auge auftauchte, war das Bild von Sirius, wie er mit dem Mädchen auf dem Sofa saß. Danach wurde alles schwarz.

Als ich das nächste Mal die Augen öffnete, blendete mich das helle Tageslicht. Ich versuchte mich einen Moment zu orientieren, bevor ich den Krankenflügel erkannte. Leichtes Vogelgezwitscher drang von draußen an meine Ohren, sonst war alles still. Totenstill.

Wie geht es ihnen?, ertönte plötzlich die besorgte Stimme von James.

Nicht so gut. Remus hat ein paar heftige neue Schnitte und die Wunde über seine Augen, sowie ein paar weitere, sind wieder aufgeplatzt. Und Sirius, doch die Stimme der Krankenschwester verstummte, noch bevor sie ihren Satz zu ende brachte.

Sirius? Was war mit ihm?

Ich hörte erst Schritte, wenn ich mich nicht täuschte waren es die von James, Peter und Madam Pomfrey, dann wie ein Vorhang zur Seite geschoben wurde. Es folgten heftiges Einatmen und ein ersticktes Keuchen.

Waswas ist mit ihm?, fragte Peter verängstigt.

Er hat einiges abbekommen. Mindestens zwei Rippen sind gebrochen, er hat viele Schnitte und Wunden und über seine Brust ziehen sich ein paar lange Kratzer, doch fürchte das wird heftige Narben geben. Doch das schlimmste ist der Biss an seiner Schulter. Dadurch, dass es ein Werwolf – Biss ist, kann ich es auch nicht wirklich heilen. Wir können für ihn nur das Beste hoffen, erklärte die Frau in ihrer gewohnt sachlichen Stimme, doch, anders als sonst, schwang ein besorgter, fast schon ängstlicher Unterton mit.

Oh. Mein. Gott. Ich hatte Sirius verletzt. Ich hatte ihn gebissen. Ich konnte es kaum fassen. Wie konnte ich meinen besten Freund beißen?! War ich wirklich so grausam?

Ja, ertönte schon wieder diese kleine Stimme in meinem Kopf. Du bist ein Monster. Du hast es nicht verdient, zu leben.

Plötzlich näherten sich die Schritte und ich schloss meine Augen sofort wieder. Ich wusste nicht wieso, aber ich wollte auf jeden Fall vermeiden, dass die anderen merken würden, dass ich wach war.

Die Vorhänge um mein Bett schoben sich beiseite und die Schritte endeten abrupt. Wider erschrockenes Einatmen und keuchen.

Wiesowieso sieht er so aus?, fragte James mit tränen erstickter Stimme. Anscheinend war Sirius nicht der Einzige, dem es nicht besonders gut ging.

Das war sein bisher schlimmster Vollmond hier. Wie gesagt hat er viele neuen Wunden und die über seinem Auge ist wieder aufgeplatzt. Aber was mich am meisten wundert ist, dass er noch nicht wach ist. Er müsste eigentlich schon längst wieder aufgewacht sein, wieder war die Stimme der Krankenschwester besorgt und ängstlich.

Die nächsten Minuten bekam ich nicht mehr mit. Die ganze Zeit kreiste nur ein einziger Gedanke durch meinen Kopf: Ich hatte Sirius verletzt.

Einige Zeit später, ich kann nicht sagen, ob es Stunden, Tage oder nur Minuten waren, die Stimmen waren längst verstummt, als Madame Pomfrey wieder zu mir kam. Sie werkelte eine Zeit lang an mir herum, sprach ein paar Zauber und überprüfte zwischendurch etwas, bis sie schließlich neben mir zur Ruhe kam.

Remus, bist du wach?, fragte die Heilerin vorsichtig. Langsam schlug ich meine Augen auf. Ich konnte deutlich spüren, wie die Poppys Anspannungen von ihr vielen.

Oh Gott sei Dank. Kind, ich habe mir schon solche Sorgen gemacht. Aber hör zu, du musst jetzt erst einmal viel schlafen, okay? Dir geht es nämlich nicht so gut und es ist wichtig, dass du dich jetzt ausruhst. Ich komme später wieder, in Ordnung?, fragte die sie mütterlich. Doch ich konnte sie nur leer anstarren, unfähig, irgendetwas zu sagen.

Ach Remus, seufzte sie noch, bevor sie sich umdrehte und wieder verschwand.

Solange wir zusammen sind - eine Wolfstar Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt