Kapitel 9

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Es vergingen womöglich nur wenige Sekunden, doch für mich fühlte es sich an, als wären bereits Stunden vergangen, bis ich endlich ein Geräusch hinter der Tür hörte. Es ertönte ein Klicken, als sich die Tür entriegelte und dann stand sie, die Liebe meines Lebens, endlich wieder vor mir und in diesem Moment sind all meine Zweifel verflogen. Es verging kein einziger Tag, keine einzige Nacht, in der ich nicht an sie Gedacht habe.

Clarkes Augen weiteten sich und sie fing aufenblicklich an zu weinen. Sekunden später fiel sie mir erleichtert um den Hals, doch lehnte sich direkt auf meine Verletzung. Ich stöhnte vor Schmerzen, worauf sie erschrocken wieder vor mir ab ließ. "Hab ich dir weh getan? Was ist passier? Gott ich dachte ich würde dich nie wieder sehen." ein weiterer Schluchzer verließ ihre Kehle und ich zog sie wieder vorsichtig in eine Umarmung. Ich wollte erst richtig bei ihr ankommen, bevor ich von meinem Einsatz erzählte. Als ich Clarke in meinen Armen hielt, spürte ich wie all die Anspannung sich in Zufriedenheit verwandelte. Selbst Lincolns Tod konnte ich für einen kleinen Moment vergessen.

Als ich spürte, dass sich Clarke wieder beruhigt hatte, löste ich mich von ihr und betrachtete sie genau. "Ich habe dich jeden Tag vermisst." flüsterte ich zu ihr, bevor ich die Distanz zwischen uns verringerte, bis wir uns schließlich küssten. Ich legte all meine Emotionen, die sich in mir aufgestaut haben in den Kuss und spürte wie auch sie immer verlangender wurde. Bevor es jedoch zu weit ging brach ich den Kuss ab und wir schauten uns beide schwer atmend an. Uns beiden fehlten die richtigen Worte.

"Hey wer ist an der Tür?" eine bekannte Stimme aus dem Haus, die uns somit aus unserem magischen Moment riss. "Ist das Bellamy?" fragte ich verwundert und in Clarkes Augen blitzte für einen kurzen Moment Scham auf. Jedoch war es wirklich so kurz, dass ich mir nicht sicher war, ob ich es mir vielleicht eingebildet habe. "Ähm ja. Er ... er ist auf einen Kaffee vorbei gekommen." stammelte sie und gab mir ein zeichen ihr ins Haus zu folgen.
Ich wechselte kurz einen Blick mit Raven, worauf sie mir ebenfalls folgte. Als ich leicht humpelnd in der Küche ankam, sah ich Bellamy, der etwas im Kühlschrank suchte, bevor er sich umdrehte. Augenblicklich viel sein Gesicht etwas in sich zusammen als er mich erkannte, doch schien sich wieder schnell zu fangen. Er setze meiner Meinung nach ein gekünsteltes Lächeln auf bevor er die Arme ausbreitete und auf mich zu lief. "Lexa, Raven, ich kann es nicht fassen, das ihr wieder zurück seit." doch gerade als er mich umarmen wollte stellte sich Raven in den Weg. "Sie ist verletzt, also lass am besten die Umarmung." "Wie schlimm ist es?" fragte sofort Clarke und kam zu mir. "Ach alles halb so wild." winkte ich ab, worauf mich Raven skeptisch anschaute. "Ja aber auch nur weil du noch mit Schmerzmittel vollgedröhnt bist. Sie wurde angeschossen bei unserem letzen Einsatz." bei der Erwähnung zog sich unwillkürlich mein Magen zusammen. "Wie lange ist das her?" Clarke sah geschockt zwischen Raven und mir hin und her, auch wenn man zugeben muss, dass es nicht verwunderlich ist im Krieg angeschossen zu werden.

"Einen Tag." "WAS? Einen Tag und dann schicken sie dich in einen Flieger und bringen dich hier her? Du müsstest eigendlich im Krankenhaus liegen! Zeig mir die Wunde, ich schau mir das mal an." Als ich sie ansahe erkannte ich den Blick. Bei diesem Blick hatte es keinen Zweck zu wiedersprechen. "Und ihr beide könnt jetzt gehen, ich kümmere mich um sie... alleine." Sie winkte in die Richtung der anderen beiden und damit ließen sie uns alleine. Erst als das Tür ins Schloß fiel führte mich Clarke zur Couch. Als ich mich auf diese setzte spürte ich auf einmal wie erschöpft ich bereits war. "Clarke mir geht es wirklich gut." murmelte ich, obwohl ich spürte, dass die Schmerzmittel langsam tatsächlich ihre Wirkung verloren. "Davon überzeuge ich mich lieber selbst." sie sah mich abwartend an und schließlich gab ich mich seufzent geschlagen. Ich zog mit schmerzverrzertem Gesicht mein Shirt aus, damit Clarke meine Wunde besser sehen konnte. "Ich sehe wie gut es dir geht. Ich glaube du hast dich echt nicht verändert." erwiederte sie worauf ich gequält lachte. Wenn sie nur wüsste, wie sehr ich mich verändert habe, dachte ich verbittert, doch auch Clarkes Lächeln verschwand als sie meine Wunde sah.

"Du musst wahnsinnige Schmerzen haben." hauchte sie als sie vorsichtig die Wunde begutachtete. "Es gibt weitaus schlimmeres." ich spielte nervös mit meinen Fingern in meiner Hand und vermied es ihr in die Augen zu sehen.

"Lexa? Was ist in der Zeit passiert?" ich musste schlucken, als ich ihren besorgten Blick sah. "Ich möchte jetzte einfach nur die Zeit mit dir genießen... ist das in Ordnung für dich?" Sie nahm meine Hand und strich über meinen Handrücken. "Natürlich." sie küsste mich flüchtig und verband meine Schusswunde erneut, auch die an meinem Bein. Ich konnte ihr ansehen, wie sie angestrengt nachdachte und sich sichtlich bemühen musste nicht nochmal nachzufragen was geschehen war. Einerseits fühlte ich mich schlecht es ihr nicht zu erzählen, doch ich war noch nicht bereit. Nun wollte ich einfach wieder hier Zuhause ankommen und morgen würde ich vielleicht mit ihr darüber reden. Zumindest den letzen Vorfall musste ich ihr erzählen... schließlich war auch sie mit Lincoln befreundet gewesen. Plötzlich bereitete sich wieder das schlechte Gewissen in mir aus. Es schien als würde es mich beinahe erdrücken und ich merkte augenblicklich, das ich wieder schlecht Luft bekam.

Auch Clarke merkte das etwas nicht stimmte und sah mich sorgenvoll an. Als ich dann wieder anfing nach Atem zu ringen, schien Clarke zu vestehen was los war, denn sie zog mich in eine feste Umarmung und redete beruhigend auf mich ein. Genau wie Raven zuvor, zeigte auch sie mir, wie ich atmen sollte und so schaffte ich es mich wieder zu beruhigen. Etwas peinlich berührt loste ich mich von ihr und schaute unsicher zwischen ihr und meinen Händen hin und her.

"Danke... ich... es tut mir leid... ich wollte nicht das du das siehst." stammelte ich vor mich hin doch sie sah mich nur liebevoll an. "Alles gut. Du musst dich nicht bei mir entschuldigen. Wie lange hast du schon... solche Panikattacken?" "Noch nicht sehr lange. Erst seit unserem letzen Einsatz." Sie schien zu überlegen, ob sie nachhaken sollte, doch sie ließ es und sagte stattdessen. "Wir werden das gemeinsam durchstehen." Sie lächelte mich aufmunternd an und gab mir somit etwas Sicherheit.

Am Abend lagen wir im Bett und Clarke hatte sich an mich gekuschelt. Ihrer Atmung zufolge war sie bereits eingeschlafen und ich strich ihr gedankenverloren über die Haare. Ich genoss ihre Nähe, die ich so lange vermisst habe und dachte über den heutigen Tag nach. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, das mir Clarke nicht die ganze Wahrheit über Bellamy erzählt hatte. Oder war ich vielleicht doch einfach zu vollgedröhnt und interpretierte zu viel in die Sache hinein. Es war schließlich nicht ungewöhlich, das Bellamy auf einen Kaffe vorbei kommt, hat er schließlich auch schon davor gemacht. Doch auch als ich weiter darüber nachdachte, kam ich auf keine vernüftige Antwort, bis ich letzendlich in einen unruhigen Schlaf fiel.

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