Kapitel 19

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Ich wachte am nächsten Morgen mit dröhnenden Kopfschmerzen auf und bereute sofort in der Nacht zuvor so viel getrunken zu haben. Stöhnend rieb ich mir meinen Kopf und setzte mich auf.

Es dauerte einen kleinen Moment, bis ich den Abend zuvor wieder komplett rekonstruiert hatte. Clarke war da und hatte Verständis und ich merkte, dass ich sie immernoch liebte. Trotz dem Betrug liebte ich sie immernoch so sehr, dass es beinahe Schmerzte und ich fürchte ich kann nicht ohne sie leben. Doch ich bezweifel das ich ihr jemals wieder so vertrauen konnte wie zuvor.

Doch hat nicht jeder eine zweite Chance verdient? Darf nicht jeder mal einen Fehler machen? Wir Menschen sind bei weitem nicht perfekt und auch diejenigen die ihr Bestes geben können dabei auch mal versagen. Clarke war die erste wahre Liebe meines Lebens. Ich weiß das ich sowas womöglich nie mehr finden werden. Vielleicht sollte ich ihr wirklich verzeihen. Wir hatten beide eine schwere Zeit und als Team werden wir eine Lösung finden. Zumindest hoffte ich das inständig.

"Guten Morgen. Wie geht es dir?" Raven betrat vorsichtig den Raum und kam zu mir. Sie setzte sich neben mich und legte schützend einen Arm um meine Schulter. "Beschissen" murmelte ich und wir schwiegen uns eine Weile an.

"Hast du nochmal wegen gestern nachgedacht?" "Ja." ich machte eine kleine Pause bevor ich fort fuhr. "Was würdest du sagen wenn ich trotz allem was Clarke getan hat niemals ohne sie leben könnte?" "Ich würde behaupten das du Verrückt bist." Beschämt sah ich zu Boden und eine Träne bahnte sich einen Weg über mein Gesicht. Doch dann nahm Raven mein Gesicht in beide Hände und sah mir tief in die Augen. "Du bist Verrückt, aber es zeigt auch wie sehr du sie liebst. Es war ein schrecklicher Fehler den sie gemacht hat, doch wenn du nicht ohne sie leben kannst und ihr eine zweite Chance geben möchtest, werde ich dich dabei vollkommen unterstützen." "Danke Raven" ich umarmte meine Freundin und war unfassbar glücklich, das sie mich unterstützen wird.

"Wann bist du soweit mit ihr zu reden? Ich kann dich auch begleiten wenn du möchtest." "Ich schätze ich werde heute noch mit ihr reden und dann kann ich hoffentlich gemeinsam mit ihr eine Lösung finden. Besonders wichtig ist es mir mit ihr darüber zu reden wie wir uns nun gegenseitig verhalten und das schwerste wird sein über das Baby zu reden... doch ich schätze ich weiß was ich ihr dies bezüglich vorschlagen werde. Vorerst werde ich alleine zu ihr gehen und wenn ich doch noch nicht soweit bin, werde ich dich anrufen, wenn das für dich in Ordnung geht." Raven nickte mir zu und bestätigte mich dadurch nur noch mehr in meinem Plan.

Als die Dämmerung einbrach nahm ich all meinen Mut zusammen und machte mich auf den Weg zu Clarke, zu unserem Zuhause. Als ich vor unserer Tür stand spürte ich plötzlich ein Schwindelgefühlel aufsteigen und ich stütze mich kurz an unserem Geländer, um nicht umzukippen. Ich konzentrierte mich auf meine Atmung, damit ich mich wieder beruhigte. War ich vielleicht doch nicht soweit? Brauche ich vielleicht doch noch etwas Zeit? Es sind schließlich kaum Tage vergangen und außenstehende Personen würden mich für blöd halten nach so einer kurzen Zeit zu einer Betrügering zurück zu gehen. Doch sie verstehen auch nicht was uns beide verbindet. Wie stark wir gemeinsam sind und das sie meine Familie ist, meine einzige Familie die mir noch geblieben ist. 

Ich nahm meinen Mut zusammen und öffnete die Haustür. Ich lauschte zuerst, ob ich Clarke irgendwo hörte, doch es war alles still. Langsam trat ich ein, doch auch als ich das komplette Haus abgesucht habe fand ich Clarke nicht. Sie muss wohl noch unterwegs sein. Ich überlegte kurz, ob ich wieder zu Raven gehen sollte, doch entschied mich letztendlich dazu hier zu bleiben und auf sie zu warten. 

Während ich auf Clarke wartete nahm ich auf dem Sofa platz und spielte nervös an dem Saum meines Shirts das ich trug. Ich hasse dieses Gefühl, das Gefühl der Unsicherheit. Leider verfolgte mich das Gefühl seit ich aus dem Krieg zurück gekommen bin viel zu sehr. Als ich endlich nach einer gefühlten Ewigkeit ein Schlüssel im Türschloss hörte, sprang ich sofort auf. Wenige Sekunden später sah ich Clarke, welche mich ungläubig und gleichzeitig freudig ansah. "Lexa!" Sie stürmte auf mich zu und zog mich in eine feste Umarmung. Sofort spannte sich mein Körper an, auf einer Art genoss ich es ihr so nah zu sein, aber dennoch war ich verletzt und konnte es nicht komplett abstellen. Nach einer kurzen Zeit ließ sie wieder von mir ab und lehnte ihre Stirn gegen meine. "Ich bin so froh das du zurück bist." flüsterte sie. Ich drehte mich von ihr weg und ging einen Schritt zurück. "Wir müssen reden." 

Sie sah mich eindringlich an, wohl bemüht meine Absichten zu erkennen, doch nickte schließlich und setzte sich aufs Sofa. Sie klopfte mit der flachen Hand auf die Stelle neben sich und wartete bis ich platz nahm. "Rede." Ein einfaches Wort und dennoch wurde ich unglaublich nervös davon und atmete ein paar mal tief ein bis ich anfangen konnte ihr zu erzählen, was mir auf dem Herzen lag.

"Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass es mich nicht stört das du mit ... mit ihm geschlafen hast. Alleine der Gedanke daran ist einfach nur schrecklich und es fühlt sich an als würde es mich innerlich zerreißen." Sie öffnete ihren Mund, da sie etwas erwiedern wollte, doch ich hob mein Hand und sie verstummte sofort wieder. Ich wollte erst das loswerden, was ich mir zuvor zurecht gelegt habe und dann konnte sie etwas antworten. "Ich bin verletzt und enttäuscht. Enttäuscht auf dich und mich. Das ich in die Bundeswehr gegangen bin und du dadurch so leiden musstest. Enttäuscht, das ich viele Leben genommen habe und ich mich dadurch verändert habe und es wegen mir nie wieder so sein wird wie zuvor. Doch auch du trägst eine Schuld, warum es nie mehr so sein wird wie früher. Dennoch weiß ich, das ich dich nicht hassen kann. Ich kann dich nicht hassen, auch wenn du einen schrecklichen Fehler gemacht hast, weil meine Liebe zu dir viel zu stark ist. Clarke ich liebe dich trotzdem und möchte dir... möchte uns eine zweite Chance geben. Eine Chance die wir ergreifen können und nochmal neu anfangen können. Es wird nicht so werden wie zuvor, aber vielleicht muss es das gar nicht." Die ganze Zeit habe ich auf den Boden geschaut und sehe jetzt das erste mal zu Clarke. Sie hatte Tränen in den Augen und sah mich mit so viel Liebe an, gemischt mit Schuldgefühlen. 

"Ich weiß gar nicht was ich dazu sagen soll. Das was ich dir angetan habe ist unverzeihlich und ich hätte verstanden, wenn du gegangen und nie wieder zurück gekommen wärst. Doch wenn du mir tatsächlich eine zweite Chance geben wirst, dann werde ich dir versprechen eine bessere Ehefrau zu sein. Ich werde es mit jedem neuen Tag versuchen wieder gut zu machen." Sie legte eine Hand auf mein Knie und streichelte sanft darüber. 

Ich fühlte mich plötzlich unheimlich erleichtert und war froh endlich mit ihr normal geredet zu haben, doch eine Sache hatte bisher niemand von uns angesprochen... sie war schwanger. Wollte ich wirklich ein Kind haben mit ihr zusammen, welches durch eine Affäre entstanden ist und mich somit immer wieder an diese schmerzliche Erfahrung erinnert. Konnte ich das Kind, welches in ihr heranwuchs so sehr lieben, als hätten wir es gemeinsam entschieden? Doch auf der anderen Seite haben wir uns schon immer ein Kind gewünscht, welches unsere kleine Familie komplett macht. Zusätzlich kann es nichts dazu, das es von einem Arsch während einem schlechte Zeitpunkt gezeugt wurde. Clarke muss aufgefallen sein, das noch etwas ist und ich ständig auf ihren Bauch geschaut habe. Schnell zog sie ihre Hand wieder weg und legte sie sich selbst an den Bauch. "Ich kann verstehen, wenn du das Kind nicht großziehen möchtest... doch ich weiß nicht, ob ich mich gegen das Kind entscheiden kann."

"Ich will es." platze es plötzlich aus mit heraus und wir sahen uns beide schockiert an. "Bist du dir sicher?" "Ja bin ich." Ich rutsche näher an sie heran und legte vorsichtig eine Hand auf ihren Bauch. "Wir wollten uns schon immer eine Familie aufbauen. Wir sollten wenigstens eine gute Sache aus der Situation ziehen. Wir sollten es behalten und gemeinsam groß ziehen." Ich sah sie an und lächelte. "Du hast ein wahnsinnig großes Herz, Lexa. Genau daher liebe ich dich auch so wahnsinnig arg." Sie lächelte und beugte sich nach vorne, um mich zärtlich zu küssen. Ich spürte wie wieder Schmetterlinge in meinem Bauch. Auch wenn es noch etwas Zeit brauchen wird, bis wir beide wieder in den normal Alltag finden können, war ich mir sicher das wir gemeinsam einen Weg finden werden.

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