8 - Plötzlich Professor

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Am nächsten Morgen klopfte es an meiner Tür, gefolgt von einem Ruf von Alex' Stimme:

„Ich bin's. Mach auf!"

Ich war noch nicht einmal aufgestanden und noch im Schlafanzug. Eigentlich erleichterte es mich, von ihm zu hören, aber da ich kein Auge zugemacht hatte, ging es mir richtig mies. Wie sollte ich in diesem hell erleuchteten Zimmer mit Operationssaal-Feeling auch schlafen? Verpennt, verheult und zu allem Überfluss auch noch verkatert, war ich garantiert keine Augenweide, aber ich ließ Alex trotzdem nicht vor der Tür stehen. Schließlich gehörte sich das nicht. Im Gegensatz zu mir, wirkte er erholt, kein bisschen geschafft oder verletzt von der Auseinandersetzung mit Peter in der vergangenen Nacht.

„Du weißt nicht, wie froh ich bin, dass es dir gut geht",

hauchte ich erleichtert und stürzte mich dabei am Türrahmen ab, weil es mir schon wieder schwindelig wurde. Er zuckte mit den Schultern, als sei nichts gewesen.

„Hab ich doch geschrieben."

Dann ging er zielstrebig auf mein ungemachtes Bett zu, das von meinem Körper noch warm sein musste, legte die Hände an seinen Hinterkopf und ließ sich nach hinten kippen. Also echt! Da wollte ich eigentlich gleich wieder hin, um noch ein bisschen zu schlafen, denn die Uhr zeigte gerade mal kurz nach Sieben.

„Selbst nach dem Vorfall hast du immer noch keinen Schimmer, was los ist, oder? Solltest eigentlich genügend Hinweise gesammelt haben über die Zeit",

bemerkte er, als erwarte er irgendeine Schlussfolgerung von mir. Ich sah ihm unzufrieden und stirnrunzelnd dabei zu, wie er mein geblümtes Bett okkupierte.

„Hinweise? Auf?"

„Darauf musst du schon selbst kommen, Sherlock. Horrorfilme guckst du wohl nicht? Na, es würden wohl auch Liebesschnulzen reichen."

„Weder, noch. Filme interessieren mich nicht so sehr",

stammelte ich nun mit der Frage im Sinn, welchen Überschneidungspunkt wohl Horror- und Liebesfilme miteinander haben konnten. Ein maskierter Mörder mit Kettensäge verliebt sich in einen Zombie, oder... hä? Ne.

„Alles klar, mehr sag ich nicht. Einem Mädchen, das hinterm Mond lebt, kann ich nicht helfen."

„Heeey, was heißt hier hinterm Mond? Ich informiere mich über Tagesnachrichten und kann zu jedem Problem, das du dir nur vorstellen kannst, einen Rat geben."

„Da ist was Wahres dran. Vielleicht solltest du dir in deinen Hilfeforen mal einen Rat holen, anstatt immer nur welche zu geben!",

prustete er und sah danach ertappt zu mir, denn von diesem Hobby hatte ich ihm nie erzählt, nur einer anderen Person. Er musste es von IHR erfahren haben. Ich hatte mich um eine gute Stimmung bemüht, aber die Erinnerung an sie versetzte mir einen Stich ins Herz. Selbst unzufrieden mit seiner Äußerung, stand Alex von meinem Bett auf.

„Ich weiß das, weil ich... Das war blöd von mir, sorry. Zieh dich jetzt bitte an! Ich will nicht zu spät zur ersten Einheit kommen!"

Moment? Erste Einheit?

„Du machst wohl Witze! Ich hab Kopfschmerzen. Ich wollte dich aus meinem Zimmer schmeißen und mich nochmal hinlegen!"

„Nix da, du bist hier zum Studieren, nicht zum Party machen!"

Tja, da war ich wohl abgeblitzt, denn er schleifte mich, ohne Rücksicht auf Verluste, zu unserer ersten Rechtsvorlesung. In der ersten Woche war das Modul ausgefallen, wofür wir den Grund nicht kannten. Vielleicht war Alex so sehr auf einen guten ersten Eindruck bedacht wie ich üblicherweise, allerdings war ich nicht wirklich vorzeigbar und wollte mich lieber verkriechen. Zudem schmerzte mir das Herz ganz fürchterlich, denn seine Worte, er würde mich auf Befehl töten, hallten in mir nach. Ihm lag gar nichts an mir. Das alles war nur Show, wie bei meinen Eltern.

Erzwungenes GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt