TEIL 3 - Kapitel 1

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Christian

Er konnte es kaum glauben, dass dieser Tag wirklich stattfand. Seit drei Jahren träumte er davon, dass Stephanie endlich seine Frau wurde und heute war es so weit. Auch wenn diese Jahre nicht hätten schöner sein können, fehlte der letzte Schritt einfach. Ein klein wenig Wehmut machte sich in Christian breit als er daran dachte, dass sein Plan nach ihrem kleinen Ausflug war, dass sie sofort heirateten, sich gemeinsam eine Wohnung suchten und ihr gemeinsames Leben starteten. Doch das Leben war nun dafür bekannt, dass es gern einfach mal einen Strich durch die Rechnungen seiner Bewohner machte.

Und so kam es, dass Christian, sobald er nach Hause kam erfuhr, dass sein Chef im Krankenhaus lag. Er hatte einen schweren Herzinfarkt erlitten und kämpfte danach drei Wochen lang um sein Leben. Leider umsonst, denn Mr. Cole starb im Krankenhaus und die Firma wurde auf ihn übertragen. Das gesamte folgende Jahr war Christian damit beschäftigt, sich das Vertrauen seiner Kunden und Lieferanten zu erkämpfen, da keiner daran glaubte, dass er ebenso erfolgreich sein konnte, wie Mr. Cole es eben war.

Zwar kannte jeder seinen Vorgänger schon vorher, jedoch war die Skepsis dennoch groß. Christian war jung, er hatte zwar Erfahrung, aber noch lange nicht die, seines verstorbenen Chefs. Dies ließ ihn so ziemlich jeder spüren, bis er einen besonders großen Kunden an Land zog und sein Umfeld ihm mit einem Mal mit Respekt begegnete. Heute, zwei Jahre später konnte Christian nicht mehr benennen, wie er schaffte, dass der leitende Geschäftsführer der Stadtwerke Cambridges gerade sein Unternehmen als geeignet ansah, jedoch war er ihm dankbar. Die Ausschreibung für dafür lief über zwei Monate und mehrfach hatten sie ihr Angebot anpassen müssen. Ohne Stephanies unermüdlichen Glauben an ihn, hätte Christian sicher viel eher aufgegeben. Aber immer wieder erinnerte sie ihn daran, dass es nun seine Firma war und Mr. Cole ihn aus einem ganz bestimmten Grund ausgewählt hatte. Denn Christian war niemand der einfach aufgab.

Seit der Auftragsvergabe damals lief alles gut in seiner Firma und Christian wusste, dass sich der Aufwand gelohnt hatte. Denn sein Leben wurde ruhiger, er konnte all die verlorene Zeit mit Stephanie und Charlie aufholen, in dem sie viele Ausflüge machten. Die beiden wichtigsten Frauen in seinem Leben liebten sich heiß und innig und er war jeden Tag dankbar dafür. Seine kleine Tochter wuchs scheinbar jeden Tag mehrere Zentimeter und war mit ihren nun fast acht Jahren das wunderschönste Kind, dass er jemals gesehen hatte. Und so klug.

Ihr Mutter wäre stolz auf sie, wäre sie nicht ihrem Leiden erlegen. Denn als Christian endlich dachte, er hätte das Schlimmste überstanden, brach Denise in seinen Armen zusammen. Bisher von Ärzten unbemerkt, hatte sich ein Aneurysma in ihrem Hirn gebildet. Die einzigen Anzeichen waren neuerliche Kopfschmerzen, aber Denise wollte nie zum Arzt. Sie hatte Angst vor ihnen, nachdem sie ihrem Vater nicht helfen konnte.

Christian schluckte die Tränen der Trauer runter, denn auch wenn bereits ein halbes Jahr seit ihrem Tod vergangen war, spürte er deutlich, wie sehr seiner Tochter die Mutter fehlte. Stephanie tat alles dafür, um ihren Platz auszufüllen und sich dabei Charlie nicht aufzudrängen. Seit Monaten hatte die Kleine kaum einen Ton gesagt und auch ein Lächeln sah man selten in ihrem zuvor so glücklichen Gesicht. Seine Angst war groß, dass sie den Tod ihrer Mutter nicht überwinden würde, aber Christian hatte es sich zur Aufgabe gemacht, dass sie sich nicht aufgab. Ihn selbst hatte der Tod der Mutter seiner Tochter schwer getroffen. Hatte er so innerhalb von zweieinhalb Jahren zwei wichtige Menschen in seinem Leben verloren. Wieder war es Stephanie gewesen, die ihn auffing und ihm versicherte, dass er der alleinigen Vaterschaft gewachsen war. Seine Zweifel waren groß, sein Arbeitspensum zu hoch, um sich um ein Kind zu kümmern. Aber er fand einen weg, stellte einen stellvertretenden Geschäftsführer ein und schaffte es zumindest ein wenig kürzer zu treten. Niemals hatte er Stephanie zeigen können, wie dankbar er ihr war. Zumindest nicht in dem Maße, wie er es sich wünschte.

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