~Prolog~

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Captain Blutsäbel verpasste Kate einen starken Tritt in den Bauch. Augenblicklich verzog sich vor Schmerz ihr Gesicht, während sie die Treppe vom Kapitänsdeck hinunter rollte. Es waren nur vier Stufen bis sie unten angekommen war, doch es schmerzte sie so sehr, dass es sich für sie anfühlte als wären es zwanzig.

Peter, ein Schiffsjunge, ließ seine Arbeit sofort stehen und half Kate dabei aufzustehen. Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln. Er erwiderte es. Dabei leuchteten seine braunen Augen, die sein Lächeln strahlender wirken ließen. Ein paar Sekunden betrachtete sie ihn. Sein blondes Haar schien fast goldig im Licht der Sonne.
Wie fast alle auf dem Schiff trug er zerfetzte, abgenutzte Kleidung und ein zusammengebundenes Tuch auf dem Kopf.

Was ihn allerdings schon immer einzigartig gemacht hatte waren die vielen Sommersprossen in seinem Gesicht und seine besonders hilfsbereite, freundliche Art ihr gegenüber. Er war der Einzige an Board , der Kate Zuneigung gezeigt hatte. Vielleicht war das einer der Gründe wieso er ihr bester Freund war.

Mit Peters Hilfe hatte sie sich nun aufgerappelt. Sie versuchte ein paar Schritte zu gehen, doch der Schmerz in ihrem Bauch ließ sie zusammenzucken. Sie vermutete, dass sich ein schlimmer Bluterguss bilden würde.

Dennoch versuchte sie, sich den Schmerz nicht anmerken zu lassen. Schließlich war sie die Tochter des gefürchteten Piraten Captain William blood, der von allen nur Captain Blutsäbel genannt wurde, da er beim Fechten immer gewann und so stets Blut an seinem Säbel klebte.
Kate legte einen Arm um Peters Schultern, um sich an ihm zu stützen. Mit der anderen Hand hielt sie sich noch immer ihren Bauch.

Ihr sonst immer lächelndes Gesicht war erloschen, ihre blauen Augen strahlten nicht mehr so schön wie gewöhnlich und ihre fast hüftlangen schwarzen Locken wurden vom Wind durcheinander gewuschelt.
Ebenso wie Peter trug sie ein zusammengebundenes Tuch auf dem Kopf. Doch ihres war blau, Peters hingegen war rot.

Er schaute Kate besorgt an. Sie schien es aber zunächst nicht zu bemerken.

"Kannst du laufen?"

Kate öffnete den Mund, um ihm zu antworten, doch sie kam nicht mehr dazu. Denn im nächsten Moment mischte ihr Vater sich in ihr Gespräch ein.

"Lass sie Peter. Sie hat die Aufgabe John auszuspeitschen nicht erfüllt. Kate hat ihre Strafe bekommen und du wirst ihr nicht helfen verstanden?"

Langsam drehte Kate den Kopf. Erst jetzt realisierte sie, dass ihr Vater die Stufen vom Kapitänsdeck hinunter gegangen war und sich nun vor ihnen aufbaute. Breitbeinig und mit verschränkten Armen stand er vor den beiden. Kate lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter.
Sie fürchtete sich vor ihrem Vater. Sie hatte keine Angst um sich selbst. Sie war es gewohnt, dass ihr Vater ihr als Bestrafung weh tat. Schließlich hatte er das ihr ganzes Leben lang getan.
Aber sie wollte nicht, dass Peter ihretwegen ebenfalls leiden musste.

Kate blieb fast das Herz stehen als sie bemerkte, dass Peter den Kopf schüttelte.
"Nein. Ich habe nicht verstanden und ich helfe ihr trotzdem."

Captain Blutsäbel trat ein paar Schritte näher an Peter heran.
Er atmete einmal tief ein und aus. Dann funkelte er ihn böse mit seinem rechten Auge an.
Auf seinem linken trug er eine schwarze Augenklappe.
Kate wusste, dass es ihm Captain Narbenbacke auf einem seiner Raubzüge heraus geschnitten hatte.

Wütend packte Kates Vater Peter am Arm und zerrte ihn von ihr weg. Peter musste es also wirklich über sich ergehen lassen.
Und das war ihre Schuld. Kate war den Tränen nah. Das hatte ihr bester Freund nicht verdient.
Was konnte sie tun?

Peter wehrte sich nicht, da er bereits wusste, dass mit Captain Blutsäbel nicht zu spaßen war.
Plötzlich packte ihr Vater sie auch am Arm und schleuderte sie gegen einen der zwei Schiffmaste.
Ihr Kopf schlug gegen den harten Stamm. Kate spürte wie ihre Schläfen anfingen zu pochen.
Den Schmerz in ihrem Bauch hatte sie jetzt längst vergessen.

Verschwommen erkannte sie das Gesicht ihres Vaters vor sich. Sie sah in seine Augen als er sagte:

"Enttäusch mich nicht noch einmal, Tochter!"

Dann ging er wieder auf das Kapitänsdeck, wo er das große Steuer übernahm. Kate fasste sich langsam und vorsichtig an ihren Hinterkopf. Sie fühlte etwas nasses. Sie brauchte nur wenige Sekunden, um zu wissen was es war. Sie zog ihre Hand weg und sah eine rote Flüssigkeit in ihr. Blut.

Kate atmete einmal ein und aus. Sie liebte ihren Vater. Er war immer nett zu ihr, aber wenn sie ihre Aufgaben nicht richtig machte wurde er sehr wütend.
Im nächsten Moment wurde ihr schwindlig. Ihre Kopfwunde machte sich stärker bemerkbar. Sie pochte. Übelkeit kam hinzu und dann wurde alles schwarz.

PIRATENTOCHTER  Ungewisse SchatzjagdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt