Kapitel 8

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Später lag ich glücklich in meinem Zimmer auf dem Bett und begutachtete das Kristallherz.
Es hatte beim Unfall zum Glück nichts abbekommen.
Es war ja eh schon in der Mitte zusammengeklebt.
Ich versuchte wieder herauszufinden, was dieses Erlebnis mit meiner toten Cousine Louisa auf sich hatte.
Es musste wohl ein Wunsch sein, den ich mir in dem Moment ganz doll wünschte.
Was wünschte ich mir denn?
Ein Pony?
Wohl nicht, das war doch kein Herzenswunsch!
Reitunterricht!
Ja, das war es!
Ich wünschte mir schon seit langem endlich mal wieder Reitunterricht.
Ich war vor ein paar Jahren jede Woche ausreiten gegangen mit meinem Pflegepony.
Ich hatte mich mit meiner besten Freundin im Wald getroffen und wir waren teilweise stundenlang auf den Feldern gewesen.
Dort hatten wir auf unseren Ponys im Jagdgalopp Rennen veranstaltet oder waren einfach nur lachend die Waldwege entlang getrabt.
Tränen stiegen mir in die Augen, wenn ich daran dachte, wie mein Pflegepony verkauft worden war und wie meine Freundin Marylou und ich ein paar Wochen lang einfach nur spaziert waren.
Dann dachte ich daran, wie ich Marylou Auf Wiedersehen sagen musste.
Wie ich sie doch vermisste!
Ich wünschte, sie wäre bei mir.
Ein Schrei riss mich aus meinen Gedanken.
Ich setzte mich ruckartig auf und schaute in 2 grüne weit aufgerissene Augen.
„Marylou!", rief ich erschrocken, aber zugleich so glücklich, dass ich dem verschreckten Mädchen um den Hals fiel.
„Layla, wo...was...warum..."
Da wurde mir etwas klar.
Ich hatte mir meine beste Freundin über 300 Kilometer zu mir gewünscht.
Nun saß sie verwirrt neben meinem Bett.
„Ich...ähm...", stammelte ich.
Marylous Atem ging sehr schnell.
„Ich saß doch gerade noch auf meinem Pony, was ist passiert? Wo bin ich hier?"
„Bei mir in meinem neuen Zimmer.", sagte ich und biss die Zähne zusammen.
Oh man, was hatte ich getan?
Wie sollte Marylou denn nun zurückkommen?
Zurück zu ihr nach Hause?
„Wo bitte? Wie bin ich denn hierhergekommen?", rief Marylou mit zitternder Stimme.
Ich musste sie zurückwünschen!
Das war die einzige Möglichkeit.
Ihr Pony war bestimmt auch komplett verstört...
Das arme Tier!
Von einer Sekunde auf die andere keine Reiterin mehr da...
„Mary, das klingt jetzt völlig verrückt, aber ich habe dich zu mir gewünscht.", erklärte ich vorsichtig, ohne meine Freundin dabei aus den Augen zu lassen.
„Ernsthaft? Du erzählst mir nicht gerade, dass du mich herbei gewünscht hast, oder? Hältst du mich für komplett bescheuert?"
Marylou starrte mich an.
„Du bist ja dumm, Layla!"
Was?
Beleidigte meine beste Freundin mich gerade?
„Das ist völlig verrückt! Du bist doch krank! Das Pflaster, hattest du eine OP, bei der sie dir ein Teil des Gehirnes entfernt haben?"
Ich schnappte nach Luft.
Was war denn mit Marylou passiert?
Warum hatte sie sich denn in so eine Furie verwandelt?
Sie war doch ganz anders!
„Ich wünschte, du hättest dir das nicht gewünscht!", rief diese.
„Und ich wünschte, du wärst hier nie aufgetaucht!"
Plop!
Marylou war weg.
Einfach so verschwunden.
Ich atmete auf.
Das war ein ganz großer Fehler gewesen.
Ich hatte mich mit Marylou richtig gezofft.
Das hatten wir noch nie!
Ich nahm mein Handy vom Nachttisch und wählte Marylous Nummer.
Es tutete.
Der Anruf wurde aufgebaut.
„Hallo, hier ist Marylou! Leider ist dies nur-"
„Mary, ist alles in Ordnung?"
„-der Anrufbeantworter. Sprich mir doch deine Nachricht aufs Band. Ich rufe dann zurück. Bye Bye!"
Ich seufzte.
Ich hatte erst wirklich gedacht, dass Marylou den Anruf entgegengenommen hatte.
Ich legte das Handy weg.
Doch dieses Ereignis hatte mir etwas klargemacht.
Ich wusste, was es mit dem Herz auf sich hatte.
Ich wusste, dass Louisa das Herz versteckt hatte, weil es ihr zu gefährlich geworden war.
Bestimmt hatte sie sich auch etwas gewünscht, das allerlei Probleme angerichtet hatte.
Es klopfte an der Tür.
Es war Megan.
Sie setzte sich zu mir.
Es war zu spät um das Herz zu verstecken.
„Na, ich habe Stimmen gehört. Hast du telefoniert?", fragte Megan und schaute auf das Kristallherz in meiner Hand.
„Hatte Louisa Angst vor dem Herz? Hat sie es versteckt, weil etwas passiert ist?", fragte ich ohne zu Zögern.
Megan seufzte.
„Ja, das hat sie! Sie hat sich einen Blick in die Zukunft gewünscht. Sie hat ihren Flug gesehen. Aber sie hat nicht etwa den Absturz gesehen, sondern den Moment, wo das Flugzeug ruckelte. Sie wollte nicht mehr mitfliegen. Aber Steve und ich haben sie noch ermutigt, mitzufliegen, wir Dummköpfe! Ich habe mir nichts dabei gedacht, als sie mir erzählt hat, was sie gesehen hat. Wir wollten das Herz finden und vernichten, Layla! Weil ich nicht wollte, dass dir auch etwas passiert."
Megans Stimme zitterte.
Ich verstand sie.
Es ergab plötzlich alles Sinn!
Wie Megan und Steve reagiert hatten, als ich in Louisas Zimmer gegangen war.
„Megan, es tut mir leid. Hier, bitte vernichte es. Ich möchte nicht, dass etwas passiert!"
Ich streckte Megan das Herz entgegen.
„Danke, du verstehst mich, das ist sehr vernünftig."
Und dann ging sie los, um das gefährliche Kristallherz zu vernichten.
Wenn ich gewusst hätte, wie gefährlich diese Wünsche sein konnten, hätte ich mir doch nie etwas gewünscht!
Ich stapfte hinter Megan her.
Sie hatte einen Hammer geholt, das Herz auf den Steinweg im Garten gelegt und holte entschlossen aus.
Dann landete die Hammerspitze auf dem Herz und es zersprang in tausend Splitter, die sich auf dem Weg verteilten.
Ich schluckte.
„Megan, warum hast du es geklebt, wenn du es eh kaputtmachst?", fragte ich verständnislos.
„Das weiß ich auch nicht mehr so genau. Vielleicht, weil ich es als Erinnerung an Louisa haben wollte. Ich habe da nicht mehr dran gedacht, wie gefährlich es war. Ich wollte es einfach nur haben und behalten."
Megan seufzte und holte einen Feger und ein Kehrblech, damit sie die Splitter aufkehren konnte.
Sie schüttete die Splitter in die Mülltonne und rieb sich die Hände.
„So, jetzt ist es weg und keine Gefahr mehr!"
Ich nickte.
Ja, es war weg.
Kaputt im Müll.
Und dafür hatte ich mich so oft in Louisas Zimmer geschlichen, hatte Megan und Steve belauscht, hatte Ängste ausgestanden und so viel mehr.
Und dann war es doch im Müll gelandet.
Aber es war wohl besser so!
Das hatte ich auch begriffen.
Da kam Mom aus dem Haus.
Sie winkte mit ihrem Handy.
„Es gibt gute Nachrichten für dich, Spätzchen! Isabelle wurde von der Schule verwiesen!"
Ich jauchzte glücklich: „Yes!"
Schon schlich sich ein Kopfschmerz an, doch ich ignorierte ihn.
Meine Schulzeit war gerettet.
Isabelle war weg.
Das Herz war vernichtet.
Also war alles gut!
„Das hast du gut gemacht, Layla!"
Ich wirbelte herum.
„Du hast das Herz gefunden und vernichtet. Dafür danke ich dir!", sagte Louisa und lächelte mir zu.
Dann verschwand ihr verschwommener Umriss und ein Nebel kroch in die Mülltonne.
Ich sah dem Nebel hinterher...
... und lächelte ebenfalls.

The secret in the crystalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt