Kapitel 2

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Wir saßen um den großen Esstisch herum und ich zog vorsichtshalber die Beine an.
Piffy war mir echt nicht geheuer.
Paul schaufelte sich gerade haufenweise Kartoffelbrei auf den Teller und erzählte mit vollem Mund , was er schon alles eingerichtet hatte.
„Layla, welches Zimmer hast du denn bekommen?", fragte Steve und schnitt sich sein Stück Fleisch klein.
„Die kleine Kammer am Anfang des Flures.", seufzte ich.
Steve und Megan starrten mich an.
Dann brachen sie in schallendes Gelächter aus.
„Aber Lay, das ist doch nur die alten Rumpelkammer, die wir freigeräumt haben! Dein Zimmer ist das am Ende des Ganges, 3 Zimmer von Pauls entfernt!", prustete Megan schließlich.
Ich schaute sie verdattert an.
Das Zimmer hatte ich anscheinend übersehen.
Gleich nach dem Essen würde ich es suchen gehen!
Nun schien mir auch der Zeitpunkt passend für ein paar Fragen.
Ohne lange nachzudenken fragte ich: „Wem gehört das Zimmer mit dem Himmelbett?"
Megans Lächeln verschwand schlagartig.
Und auch aus Steves Gesicht wich die Farbe.
„Ouuuu.", murmelte ich leise und senkte den Blick.
Ich hatte einen wunden Punkt erwischt.
Es war totenstill im Raum, bis Megan sich schließlich räusperte.
Doch sie sagte nichts.
Sie aß einfach weiter.
Ich begegnete Moms Blick.
Sie formte mit den Lippen das Wort Später.
Geduld ist zwar nicht so meine Stärke, aber gut.
Ich nahm mir auch ein bisschen Kartoffelbrei und Fleisch.
Das restliche Essen verlief schweigend.
Danach half ich Megan beim Abräumen.
„Megan, es tut mir leid.", murmelte ich und stapelte die schmutzigen Teller.
„Ist schon okay, Layla.", murmelte diese zurück.
Sie schien ganz in Gedanken zu sein, denn statt ihres Sektes trank sie einen Schluck aus der Blumenvase.
Sie merkte selber, dass das nicht so lecker war und räumte weiter ab.
Ich brachte die Teller in die Küche und ging dann die Treppe hinauf.
3 Türen von Pauls Raum entfernt...
Ich drückte die Klinke hinunter.

Es war dunkel im Zimmer und ich tastete an der Wand nach dem Lichtschalter.
Eine große Lampe flammte auf und gab den Blick auf ein großes schönes Zimmer mit Parkett frei.
Ich überlegte.
Sollte ich jetzt in der Rumpelkammer schlafen oder Steve fragen ob er mir das Bett rüber brachte?
Oder auf die Möbelpacker warten?
Ich entschied mich dagegen.
Ich flitzte die Treppe wieder hinunter und prallte fast mit Mom zusammen.
„Wohin so eilig, Lay?", fragte Mom und fing mich auf, weil ich ins Schwanken gekommen war.
„Ehmmm...", stammelte ich, doch Mom schob mich einfach in die Rumpelkammer, in der meine Sachen standen.
Wir setzten uns auf mein Bett.
„Mom, was war in dem Zimmer?", fragte ich sofort.
Mom seufzte und begann zu erzählen: „Megan und Steve hatten eine Tochter. Ein bisschen älter als du, vielleicht 16. Bis vor einem Jahr hat sie in diesem Zimmer gelebt und ein paar Freunde von Megan wohnten auch hier. Dann sind sie zusammen in den Urlaub geflogen, nur Steve und Megan sind hiergeblieben. Das Flugzeug ist abgestürzt."
Je länger Mom erzählte, desto leiser und dünner wurde ihre Stimme.
Ich schwieg.
Das hatte ich nie gewusst.
Niemand hatte es mir erzählt.
Ich hatte sie alle nicht gekannt, nicht mal meine eigene Cousine!
Sie waren nie da gewesen!
Ich klammerte mich an Mom, die zu weinen begonnen hatte.
„Es war so schlimm!", wimmerte sie schließlich.
Ich streichelte Moms Rücken und reichte ihr ein Taschentuch aus meiner Jacke.
Sie schnäuzte sich geräuschvoll die Nase.
„Deshalb sind wir her gezogen. Megan und Steve sind zu alleine im großen Haus!"
„Danke, dass du mir das erzählt hast!", sagte ich und wartete noch ab, bis Mom sich beruhigt hatte.
Sie ging ins Bad und duschte.
Ich schlurfte langsam die Treppe hinunter und suchte nach Steve.
Das Wohnzimmer war leer, nur Piffy saß auf der Sofalandschaft aus braunem Leder und knurrte mich an.
Ich huschte schnell durchs Zimmer, immer dicht an der Wand und gelangte in die Küche.
Durchs Fenster sah ich Megan und Steve Seite an Seite in der großen Hollywoodschaukel sitzen.
Ich schlüpfte durch die Tür nach draußen und zog sie geräuschlos ins Schloss.
So konnte Piffy mir zumindest nicht folgen.
Gang leise und auf Zehenspitzen lief ich zum nächsten großen Blumentopf und versteckte mich dahinter.
Nun konnte ich Megan und Steve prima belauschen.
Ich weiß, das macht man eigentlich nicht, aber mein Teufelchen war stärker als mein Engelchen.

The secret in the crystalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt