»Wo gehen wir hin?«, fragte Kageyama neugierig. Ich grinste allerdings nur und lief, ohne zu antworten, weiter. Nachdem wir noch ein paar Stunden geübt hatten, hatte ich mir die beiden Volleyballspieler geschnappt, um ihnen wie versprochen einen auszugeben. Zufälligerweise hatte Toshiro in dem Moment auch Schluss und hat sich einfach mit eingeklinkt.
So schlenderten wir also zu viert durch die Straßen Tokyos, als wären wir alte Freunde. Dabei kannten wir uns erst seit wenigen Tagen, doch bei den beiden hatte ich echt das Gefühl, dass daraus eine innige Freundschaft entstehen könnte. Doch das war wahrscheinlich nur Wunschträumen, wir kamen aus zwei verschiedenen Welten - der Welt des Eislaufens und der Welt des Volleyballs. Uns verband quasi nichts, außer, dass ihr Trainer zufälligerweise wollte, dass sie mit uns das Gleichgewicht trainierten.
Ich war so in meinen Gedanken vertieft, dass ich beinahe vergaß, in die richtige Straße abzubiegen. Mit sicheren Schritten lief ich auf das Restaurant meines Vertrauens zu - Onigiri Miya. »Das ist doch das Restaurant von Atsumus Bruder!«, erkannte Hinata. Atsumus Bruder? Stimmt! Osamu hatte mal seinen Bruder erwähnt, und dass er Volleyballspieler war.
Wir betraten das Gebäude und wurden sofort von dem Geruch der leckeren Onigiri empfangen. »Eiichiro! Schön, dich zu sehen!«, rief der Dunkelhaarige hinter dem Tresen. »Dito. Ich habe heute auch Anhängsel mitgebracht.« »Hinata! Kageyama! Euer letztes Spiel war wirklich der Wahnsinn, dass muss ich euch echt lassen«, begann Osamu und erzählte dann irgendwas von Schweiden und Jackals. Ein Blick zu meinem Bruder verriet mir, dass er genauso ahnungslos war wie ich.
»Was kann ich für euch tun?«, fragte der Ladenbesitzer nach einer Weile. »Ich hab den beiden ein Essen versprochen, also geht alles auf mich. Außer das von Toshi, das kann er schön selbst bezahlen«, gab ich zurück und sah dabei ganz bewusst nicht zu meinem Bruder.
»Hey du Misthaufen! So dankst du deinem wundervollen Bruder, dass er dir hilft?«, sagte er aufgebracht. Ich lachte und ging ohne Antwort auf einen der leeren Barhöcker zu. Kaum saß ich, stand auch schon ein Teller mit meinem Lieblings-Onigiri vor mir. Die anderen Drei taten es mir gleich und gaben ihre eigene Bestellung ab. Ich saß auf dem äußersten Hocker, links von mir Kageyama, dann Hinata und zum Schluss Toshiro.
Von meiner Position aus konnte ich perfekt das Profil von Kageyama mustern. Er war wirklich verdammt attraktiv. Vor allem diese breiten Oberarme, die durch das enge T-Shirt richtig schön zur Geltung kamen. Da wurde ich glatt neidisch. Der Kopf des Schwarzhaarigen drehte sich in meine Richtung und erwischte mich so beim Gaffen. Augenblicklich schoss Hitze in meinen Kopf und ich drehte mich schnell weg. Verdammt, Eiichiro! Reiß dich zusammen!, ermahnte ich mich selbst.
»Tsumu hatte mir zwar davon erzählt, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie ausgerechnet bei euch landen«, sagte Osamu. »Wie klein die Welt doch ist, oder? Und dein Bruder ist genauso nervtötend, wie du ihn beschrieben hast. Ich glaube, dass liegt am Dasein des älteren Zwillings«, gab ich lachend zurück. Den letzten Satz sagte ich mit unterschwelligem Ton, damit mein Bruder wusste, dass dieser auch an ihn gerichtet war. Denn Toshiro war ebenfalls wenige Minuten älter als ich und somit der ältere Zwilling.
»Vielleicht seid ihr Jüngeren auch einfach zu verweichlicht. Kann ja keiner was dafür, dass ihr mit unserer einzigartigen Persönlichkeit nicht klarkommt!«, giftete er zurück. Ich sah nur vielsagend zu Osamu und flüsterte ein: »Hab ich ja gesagt.« Neben mir konnte ich ein belustigtes Schnauben vernehmen.
Nachdem wir alle unseren Onigiri aufgegessen hatten, beschlossen wir noch etwas durch die Innenstadt zu laufen. Gerade liefen wir an einem Bücherladen vorbei, als Hinata plötzlich stehen blieb und gebannt in das Schaufenster sah. »Oi! Da ist ein neuer Teil rausgekommen! Ich geh kurz rein, okay?«, fragte er, mit dem Blick immer noch auf die Ausstellung gerichtet. »Den muss ich mir auch noch holen!«, rief auf einmal mein Bruder.
»Wie wäre es, wenn ihr zwei da rein geht und euch ein bisschen umseht, und wir beiden Hübschen gehen wo anders rein. Wir können uns ja danach irgendwo treffen. Sagen wir in 2 Stunden?«, schlug ich vor. So konnten sie ihr Geld für Mangas rauswerfen und ich konnte endlich mal in Ruhe mit Kageyama reden. Irgendetwas faszinierte mich an ihm und ich wollte unbedingt rausfinden, was es war.
Da alle einverstanden waren, schlenderte ich nun gemeinsam mit dem Schwarzhaarigen durch die Gassen. »Willst du in irgendeinen bestimmten Laden?«, fragte ich nach einer Weile, in der wir nur schweigend nebeneinander hergelaufen sind. »Wir wäre es mit Eis?«, überlegte er laut. Zustimmend nickte ich und so machten wir uns auf den Weg.
Ich schlug den Weg zu einem nahegelegenen Park ein, in dem es einen sehr leckeren Eisstand gab. Dort angekommen bestellte sich Kageyama ein Vanilleeis und ich nahm eins mit Avocado-Geschmack. »Du bist also einer von den Basic Menschen, was?«, sagte ich. »Immerhin besser als ein Eis, das nach Guacamole schmeckt«, stichelte er sich zurück. »Das ist wirklich gut! Du müsstest mal Suga sehen! Der schwört auch sein Wasabi-Eis. Ich hab danach drei Stunden meinen Mund nicht mehr gespürt!«
Kageyama begann schallend an zu lachen. Und Holy Shit war das heiß! »Sugawara hat sich wirklich kein Stück verändert«, murmelte er. »Ihr wart in der Oberschule in einem Club, nicht wahr?«, fragte ich nach. Ich konnte mich nur wage daran erinnern, dass Koshi mal Volleyball gespielt hatte und nach ihrem Wiedersehen war das nur eine logische Schlussfolgerung.
»Ja, richtig. Wir waren beide die Setter des Teams. Es tat mir immer ein wenig leid, dass ich ihm den Stammplatz einfach genommen hatte, aber er war mir nie böse deswegen«, erzählte Kageyama. »Er ist eine unglaublich gute Seele. Da hat Daichi einen echt guten Fang gemacht«, gab ich verträumt zurück.
»Daichi?! Haben sie es echt geschafft?«, fragte er überrascht. »Man konnte damals schon sehen, dass sie aufeinander stehen, aber keiner der beiden hatte sich getraut.« »Daichi kommt auch manchmal zur Halle und holt Koshi ab, vielleicht seid ihr zufällig auch da. Oder ich sag ihm das nächste Mal Bescheid.« Begeistert nickte Kageyama.
Gemächlich liefen wir durch den Park und redeten über Gott und die Welt. Wir verstanden uns überraschenderweise verdammt gut und schienen sogar einige Gemeinsamkeiten zu haben. Die Zeit verging wie im Flug und schon war es wieder Zeit die anderen Beiden aufzusuchen. Bevor wir uns getrennt hatten, wurde noch ein Treffpunkt ausgemacht und auf den liefen wir nun zu.
»Da vorne sind sie«, sagte der Größere als wir nur noch wenige Meter von dem Treffpunkt entfernt waren. Ich sah in die Richtung, in die er zeigte und sah, wie mein Bruder nah an Hinata stand und sie sich unterhielten. Meiner Meinung nach war er ihm etwas zu nah. Toshiro war zwar kein Playboy, doch wirklich nennenswerte Beziehungen hatte er eben auch nicht gehabt und ich wollte nicht, dass er Hinata das Herz brach.
»Da seid ihr ja endlich! Wir warten schon seit Ewigkeiten!«, beschwerte sich der Schwarzhaarige. Ich sah kurz auf meine Handyuhr. »Wir hätten noch 10 Minuten, Kageyama. Wollen wir noch eine Runde drehen?«, fragte ich scheinheilig an meinen Nebenmann gewandt. Er schien zu verstehen und drehte auf dem Absatz kehrt. Ich machte es ihm gleich und so gingen wir wieder von Hinata und Toshiro weg.
»Ohhh nicht mit mir!«, hörte ich Toshiro rufen, bevor ich seine Schritte vernehmen konnte, die schnell auf uns zu kamen. Im nächsten Moment wurde ich in den Hüften gepackt und hing keine zwei Sekunden später kopfüber über seiner Schulter. »Oi, Toshi! Mein Gesicht ist mir eindeutig zu nah an deinem Arsch!«, rief ich und trampelte um mich. »Du hast es so gewollt!«, lachte er höhnisch.
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Déjà Vu - Kageyama x male OC
FanfictionEiichiro führt gemeinsam mit seinem Bruder eine Eislaufschule. Da der Kollege, der die Volleyball-Nationalmannschaft trainieren sollte, erkrankt ist, springt Eiichiro spontan ein. Die anfänglichen Zweifel legen sich schnell und er erkennt, dass unte...