Kapitel 7

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»Ich geb euch für heute frei!«, brummte ich. Eigentlich hätten wir nach dem Volleyballtraining zurück zur Eishalle gemusst, doch in diesem Zustand war das nicht möglich. Toshiro und ich lagen beide nebeneinander auf dem Hallenboden und konnten uns keinen Meter mehr bewegen. Nach den fünf Stunden, die wir hier waren, waren wir viel zu erschöpft, dagegen schienen die Spieler ihren Spaß gehabt zu haben und kaum auf der Puste gewesen zu sein. Wie unfair.

»Kommt, ihr müsst aufstehen. Wir machen auch für heute Schluss«, lachte Kageyama und streckte mir seine Hand entgegen. Ich nahm sie und kam somit stöhnend auf die Beine. »Gott, wie macht ihr das? Ich kann mich sicher eine Woche nicht bewegen!« »So schlimm wird's nicht, glaub mir«, gab er zwinkernd zurück.

Meine Arme und Beine fühlten sich an, wie Wackelpudding und dementsprechend lief ich auch. Nach wenigen Metern kam Kageyama mir zur Hilfe und legte einen Arm um mich, um mich zu stützen. »Sollen wir euch nach Hause bringen?«, flüsterte er nach einer Weile besorgt. Ich brummte nur zustimmend und so machten wir uns zu viert auf den Weg zu unserem Apartment.

Glücklicherweise wohnten wir nicht sehr weit weg, sodass wir nach fünf Minuten Fußweg ankamen. Ich kramte meinen Schlüssel raus, schloss die Tür auf und schleppte mich hinein. Die anderen folgten mir.

Kaum war die Tür wieder geschlossen, kam unsere kleine Katze auf uns zu. »Hallo Hachi! Wir haben Besuch mitgebracht«, sprach ich zu ihr. Sie besah sich die anderen und fing direkt an zu fauchen. Jetzt bemerkten auch die anderen das braun-gescheckte Fellknäul.

»Ihr habt eine Katze?!«, rief Hinata und lief auf sie zu, stoppte aber wieder, als Hachi anfing laut zu knurren. »Wenigstens ein Tier, was dich nicht auf Anhieb mag«, brummte Kageyama, was mich zu lachen brachte. Da ist wohl jemand selbst nicht sehr beliebt bei Tieren.

Ich ging auf die Katze zu und nahm sie auf den Arm. Sofort verstummte sie und begann sich schnurrend am mich zu schmusen. »Wollt ihr noch etwas bleiben?«, fragte ich die Beiden. Toshiro war bereits an uns vorbei gegangen und hatte sich schleppend auf die Couch geworfen. Hinata und Kageyama nickten zustimmend, also folgten sie mir in das Wohnzimmer.

Mein Bruder lag längs auf der Couch und döste vor sich hin. »Lasst uns Mario Kart spielen!«, schlug ich vor. Sofort war Toshiro wieder hellwach und richtet sich abrupt auf. »Ich mach euch sowas von fertig!«, rief er von sich selbst überzeugt. Ich drückte jedem einen Controller in die Hand und startete die Konsole.

»Mach Platz, du Dumpfbirne!«, rief ich und drückte dabei meinen Ellenbogen in Toshiros Seite. »Vergiss es, du Spatzenhirn!« Etwas Hartes stieß gegen meinen Musikantenknochen, was meinen ganzen linken Arm brummen ließ. Ich musste laut aufschreien, fuhr aber irgendwie fluchend weiter. Die zwei besten Freunde neben mir fochten einen ähnlichen Kampf zwischen sich aus.

»Kageyama, jetzt hör auf mich immer von der Bahn zu schupsen!«, schrie Hinata. »Das ist die Rache dafür, dass du vorhin kurz vor dem Ziel einen Panzer auf mich gehetzt hast!«

Es war gerade die letzte Runde und das Ziel war bereits zu sehen. Keiner wollte nachgeben, also setzte jeder alles daran, die anderen auszustechen. Genau für diesen Moment hatte ich die Bananenschalen aufbehalten. Ich setzte mich vor Kageyama, der gerade direkt hinter mir war und ließ das Item springen. Laut lachend für ich auf das Ziel zu und kam tatsächlich ganz knapp als erstes durch.

»Ha!«, schrie ich und breitet meine Arme jubelnd aus. Dabei stieß ich versehentlich mit dem Controller in meiner Hand gegen Kageyamas Kopf. »Ughh«, brummte er und verzog schmerzhaft das Gesicht. »Oh Gott! Oh Gott! Oh Gott! Kageyama, das tut mir so leid! Geht es?«, rief ich überfordert aus. Der Schwarzhaarige nahm seine Hand von seiner Schläfe und sofort sah ich, dass Blut über diese floss.

»Fuck!« Fluchend lief ich vor der Couch auf und ab und überlegte, was ich jetzt tun konnte. »Schon okay, es tut nicht zu sehr weh. Beruhig dich, Eiichiro«, versuchte er mich runterzubringen und fuhr dabei vorsichtig über meinen Arm. Ich schnappte mir seine Hand und schleifte ihn hinter mir her ins Bad. Die Blutung ist zum Glück schon weniger geworden. Ich setzte ihn auf dem Toilettendeckel und ging zum Badezimmerschrank, wo ich Desinfektionsmittel und Pflaster raussuchte.

»Achtung, es brennt kurz«, flüsterte ich, bevor ich vorsichtig mit einem Wattepad und dem Desinfektionsmittel die Wunde reinigte und das restliche Blut abwischte. Die Platzwunde war nicht sehr tief, also musste wir damit auch nicht zum Arzt. Kageyama zischte leise auf, blieb aber stillsitzen. Mit größter Vorsicht drückte ich ein Pflaster auf die Stelle und strich leicht darüber.

Mein Blick zuckte zu den blauen Augen des Schwarzhaarigen. Diese beobachteten mich bereits ganz genau. Ich verlor mich komplett in ihnen, war nicht in Stande, irgendwas zu tun. »Wir sollten zu den anderen zurück gehen«, hauchte er und holte mich somit aus meiner Starre. Benommen nickte ich und wir verließen das Bad.

Dort hatte es sich Hinata mittlerweile auf meinem Platz neben Toshiro bequem gemacht und schaltete durch Netflix, um scheinbar einen Film rauszusuchen. Ich setzte mich neben Hinata, Kageyama neben mich. Nach einer Weile der Diskussion entschieden wir uns für den Film Die letzten Glühwürmchen.

Ich holte vorher noch ein paar Knabbersnacks und Getränke. Mit den zwei Decken, die wir hatten, bequemten wir uns auf der Couch. Ich selbst teilte meine mit Kageyama, was meinen Herzschlag deutlich anhob, doch als der Film begann, vergaß ich fast, dass er neben mir saß. Allein die ersten gesprochenen Worte "Am 21 September 1945 bin ich gestorben.", sagten alles über den Film aus.

Im Laufe des Films kuschelte ich mich immer mehr an meinen Nebenmann, welcher mittlerweile seinen Arm um meine Schulter gelegt hatte, sodass mein Kopf an seiner Brust ruhte. Ich zog die Decke so weit hoch, dass nur noch meine Augen zu sehen waren und schniefte vor mich hin.

Die eineinhalb Stunden waren die absolute Hölle. Kaum hatte ich mich beruhig, kam wieder eine herzzerreißende Szene und die Tränen liefen wieder. Sogar noch 5 Minuten nach dem Ende, als alles still war, konnte man vereinzelte Schniefer hören. Das war wahrscheinlich der traurigste Film, den ich je gesehen hatte. Ghibli, was tust du uns an? Ich richtet mich ganz vorsichtig auf und erkannte, dass Kageyama eingeschlafen war. Mit einem Blick in die andere Richtung, sah ich, dass Hinata in derselben Position wie ich an Toshiro gekuschelt lag und weinte. Mein Bruder selbst schlief allerdings ebenfalls.

»Wie kann man nur so herzlos sein?«, flüsterte ich zu Hinata und deutet dabei auf die beiden Schwarzhaarigen. Er richtet sich auf und schnaubte verächtlich, wodurch Toshiro aufwachte. »Huch. Ist der Film etwa schon vorbei?«, fragte er verschlafen. Er musste so fertig von dem Volleyballspiel sein, dass er einfach eingeschlafen war. Wir mussten beide darüber lachen. Durch das Beben schien ich versehentlich auch Kageyama geweckt zu haben.

»Es ist schon spät. Ihr könnt gerne über Nacht hierbleiben«, sagte ich möglichst beiläufig. Innerlich flippte ich gerade allerdings aus, bei dem Gedanken, dass Kageyama über Nacht hier sein würde. »Hinata schläft bei mir!«, bestimmte mein Bruder, noch bevor die beiden überhaupt zustimmen konnten.

»Dann komm, Kageyama. Lassen wir die beiden Turteltauben allein«, gab ich zurück und griff beim Aufstehen nach seiner Hand. Bevor wir das Zimmer verließen, drehte ich mich nochmal um und sah, dass Hinata einen hochroten Kopf hatte. Da hatte ich wohl voll ins Schwarze getroffen.

Ich schob den Größeren in mein Schlafzimmer und drückte die Tür hinter mir zu. »Willkommen in meinem Reich«, sagte ich und machte dabei eine ausfallende Geste, während ich geradewegs auf mein Bett zu ging. Ich ließ mich bäuchlings darauf fallen und hörte dabei ein amüsiertes Schauben.

»Lach nicht so dreckig und leg dich hin«, brummte ich in die Matratze. Ich hörte, wie Schritte auf mich zu kamen und neben mir stehen blieben. Geraschel ertönte, bevor er sich endlich neben mich legte. Ich drehte mein Gesicht in seine Richtung. Mir stockte sofort der Atem und ich war mir sicher, dass ich rot anlief. Kageyama lag nur in Boxershorts bekleidet da, die Arme hinter seinem Kopf verschränkt und grinste mich frech an.

Es dauerte kurz, bis ich den Anblick verdaut hatte undzog mich daraufhin ebenfalls bis auf die Unterhose aus. Ich rutschte sofortunter die Decke, die glücklicherweise eine XXL-Decke war, sodass wir uns nichtum sie prügeln mussten. Hätte ich eine Normalgroße, hätte ich diese Nachtwahrscheinlich nicht überlebt.

Déjà Vu - Kageyama x male OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt