Kapitel 2

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AMALIA

Ich wusste, wie nervös Carla war, aber sie musste sich keine Sorgen machen. Sie würde ihre Gabe bekommen und damit bestimmt froh werden, da war ich mir sicher. Ich ging mit ihr nach oben in ihr Zimmer, wo Isabela und Dolores noch spielten.
"Hey, ihr zwei. Könnt ihr Carla und mich kurz alleine lassen, damit wir uns fertig machen können? Ihr könnt solange ja mal eurem tío Bescheid sagen, dass er sich auch fertig machen soll", bat ich, die beiden nickten und standen auf.
"Na klar, tía!", stimmte Isabela zu, bevor sie mit Dolores aus dem Zimmer ging und die Tür hinter sich schloss. Carla setzte sich auf ihr kleines Bett, das früher Brunos Bett gewesen war, und sah unsicher auf den Boden, während ich ihr Kleid aus der Kommode nahm. Bruno hatte es extra für sie genäht und es war wirklich wunderschön geworden. Er hatte wirklich ein Talent für Handarbeiten, das musste man ihm lassen. Ich strich über den weichen Stoff, bevor ich zu Carla ging, die immer noch nachdenklich auf den Boden starrte.
"Was ist denn los, amor?", fragte ich sie besorgt und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie zuckte die Schultern.
"Ich hab nur Angst vor heute Abend", antwortete sie.
"Das kann ich sehr gut verstehen, ich hätte an deiner Stelle auch etwas Angst, aber einer Sache kannst du dir sicher sein: Wir sind immer für dich da, versprochen. Du bist eben mehr wie Papá und möchtest nur ungern im Mittelpunkt stehen, aber das macht nichts. Es ist nur ein Abend und der wird dir so viel Spaß machen, dass du ihn nie wieder vergessen wirst!", erwiderte ich, um sie zu beruhigen, aber sie sah mich beinahe schon ängstlich an.
"Aber was ist, wenn die Leute meine Gabe nicht mögen? So wie bei Papá!", fragte sie weiter besorgt nach.
"Mi vida, dass die Leute das von deinem Papá gedacht haben, war ein großer Fehler, den sie mittlerweile eingesehen haben. Papá kann nämlich gar nichts dafür, was er sieht und was nicht. Und du wirst auch nichts für deine Gabe können, ob die Leute sie mögen oder nicht, ist doch total egal! Wir werden dich immer lieben, egal, welche Gabe du bekommst! Es denkt auch keiner mehr schlecht über Papá und über dich werden sie erst recht nicht so denken! Du musst dir da also keine Gedanken machen, hörst du?", erklärte ich und lächelte sie an, sie sah mich unsicher an.
"Wirklich?"
"Ganz fest versprochen! Und jetzt komm, probier mal dein Kleid an! Papá hat es extra für dich gemacht!", lenkte ich vom Thema ab, worauf sie mir das Kleid abnahm.
"Papá kann so toll nähen!", sagte sie und fuhr mit ihrer Hand über mein Kleid. "Hat er dir dein Kleid auch gemacht?" Ich musterte das grüne Kleid mit den kleinen Herzen, die als Verbindungsglieder zwischen den aufgestickten Sanduhren dienten. Ja, Bruno konnte das wirklich unglaublich gut.
"Ja, das hat er. Er hat mir dieses Kleid zum ersten Hochzeitstag geschenkt und ich hab es seitdem jeden Tag an. Es symbolisiert die Verbundenheit und die Liebe zwischen deinem Vater und mir. Und ich bin mir sicher, dass er dir auch so ein Kleid machen kann", antwortete ich Carla und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. "Aber jetzt probier erstmal dein Zeremoniekleid an, wir sind alle sehr gespannt, wie es an dir aussieht!" Sie nickte und zog sich das weiße Kleid an, das einfach nur toll an ihr aussah. Ich lächelte sie an. "Du siehst toll aus, amor!" Sie ging zum Spiegel und drehte sich, worauf sich das Kleid ein wenig aufbauschte und sie lachen musste.
"Ja, das sieht wirklich toll aus! Das muss ich Papá gleich zeigen!", rief sie begeistert, aber ich hielt sie fest.
"Wie wäre es, wenn ich dir erstmal die Haare mache und du dann zu Papá gehst?", schlug ich vor, sie nickte.
"Ja, gute Idee, Mamá!", stimmte sie zu und setzte sich wieder auf ihr Bett. Ich setzte mich mit ihrer Bürste zu ihr und begann ihre wilden Locken durchzukämmen, die sich definitiv von Bruno geerbt hatte. Sie hatte generell sehr viel von Bruno geerbt. Angefangen bei ihren Haaren, zu ihrem Gesicht und bis zu ihrem gesamten Charakter. Ebenso wie Bruno, war Carla sehr ruhig und eher zurückgezogen. Sie spielte zwar gerne mit ihren Cousinen, aber am liebsten hatte sie ihre Ruhe, um mit Amigo zu spielen oder selbst etwas zu machen. Leider überdachte sie genauso wie Bruno aber auch alles - und das trotz ihres jungen Alters! Sie machte sich häufig viel zu viele Gedanken um alles und sie dann zu beruhigen, war nicht immer so einfach wie heute. Trotzdem liebte ich meine Kleine unabdingbar und ich könnte mir kein Leben mehr ohne sie vorstellen. Genauso wenig wie ein Leben ohne Bruno. Ich kämmte Carlas schwarze Haare durch und band ihr zum Schluss eine kleine, weiße Schleife aus einem kleinen Band. Mithilfe einer kleinen Haarklammer machte ich sie an ihrem Kopf fest und sah mir mein Werk an. Ich war damit wirklich zufrieden. Ich lächelte meine Tochter an.
"Sieh dich mal im Spiegel an, mi hija. Gefällt es dir?", fragte ich, worauf sie vom Bett hüpfte, um sich im Spiegel anzusehen. Sie begann breit zu grinsen.
"Ja, Mamá, das sieht so toll aus! Danke! Ich muss es gleich Papá zeigen!", rief sie begeistert und bevor ich etwas sagen konnte, war sie aus dem Raum gerannt. Sie war wirklich ein absolutes Papakind! Lächelnd ging ich ihr nach und fand sie in Brunos Turm. Nachdem die Kinder geboren worden waren, hatten wir uns doch eine kleine Schlafecke in seinem Turm eingerichtet, damit die Kinder ihr eigenes Zimmer hatten. Es wäre ja wirklich doof gewesen, wenn wir im selben Zimmer wie sie geschlafen hätten! Bruno stand vor dem Spiegel, während Isabela, Dolores und Luisa ihm beim Anziehen und Haare machen halfen. Luisa war Julietas jüngste Tochter, sie war gerade mal zwei Jahre alt und blieb häufig bei Julieta, aber ab und an hatte sie doch Spaß daran, mit den anderen zu spielen und besonders an so einem aufregenden Tag wie heute, war sie so aufgeregt, dass sie sich kaum beherrschen konnte. Carla rannte auf die vier zu. "Papá, guck mal! Mamá hat mich fertig gemacht!" Bruno drehte sich zu uns um und lächelte.
"Wow, du siehst toll aus, Carlita. Das hat deine Mamá wirklich erstaunlich gut hinbekommen!", sagte er begeistert und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
"Aber dein Kleid ist das Beste! Kannst du mir auch für jeden Tag so ein Kleid machen?", bat sie, worauf Isabela, Dolores und Luisa ihn neugierig ansahen.
"Wir wollen dann auch eins!", forderten sie, worauf Bruno lachte und abwehrend die Hände hob.
"Na gut, na gut, ihr Mäuse! Wie wäre es damit? Wenn ihr alle eure Gaben habt, dann mache ich euch allen Kleider, die sie perfekt widerspiegeln, in jeder Farbe und Form, die ihr wollt. Ist das ein Deal?", schlug er vor, worauf Isabela genervt stöhnte.
"Aber das dauert dann doch noch ewig, tío!", beschwerte sie sich.
"Dafür wird es dann umso schöner, Isa. Und wir machen das dann auch zusammen, versprochen. Ihr könnt bestimmen, wie eure Kleider aussehen", wandte er ein, worauf Isabela nickte.
"Na gut, ok, tío", willigte sie ein, worauf ich ihn anlächelte. Er war wirklich unglaublich süß mit den Kindern, das musste man ihm lassen. Es gab niemanden, der süßer mit den Kleinen umging als er, er war wirklich der geborene Vater und Onkel!

Ich brauche dich, Bruno 2 - Die Macht der FamilieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt