Lebensretter

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Die liebe Tiana Sparrow hat mich darum gebeten eine Fortsetzung der ersten Kurzgeschichte zu schreiben. Leider muss ich ihr hiermit sagen, dass ich das nicht gemacht habe, denn schließlich ist es ein offenes Ende und das will ich literarisch nicht mit einer Fortsetzung kaputt machen :D
Als kleine Entschuldigung habe ich aber eine andere Kurzgeschichte geschrieben und ich hoffe sie gefällt dir und den anderen Lesern auch.
In jedem Fall wünsche ich viel Spaß beim Lesen.
LG

MiniLaw


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Ich sitze in einer dunklen Ecke dieses undekorierten, schlicht eingerichteten Raumes. Alles was ich an den Wänden sehe, sind die Nieten, welche dieses Metallische Schiff zusammenhalten. Alles in einem schlichten Grauton gehalten, welcher in dem flackernden Licht eine bedrückende Aura wiedergibt. Der Rest dieses 18 Quadratmeter großen Zimmers ist nicht wirklich anders eingerichtet. In einer Ecke steht ein Bett mit Anziehsachen, und in der anderen Ecke eine kleine Kommode. Das war’s. Sonst ist rein gar nichts in diesem Raum. Und das soll mein neues zu Hause werden.
Ich seufze und blicke zum wahrscheinlich einhundertsten Mal um mich herum. Irgendwo muss es doch eine Fluchtmöglichkeit geben. Doch es ist zwecklos. Wir sind unter Wasser. Hier kann ich definitiv nicht abhauen. Und hier kann ich IHM nicht entkommen. Ein ziemlich beschissenes Gefühl. Wenn ich daran denke, dass alles nur wegen einer kleinen Dummheit passiert ist. 
Ich war aufs offene Meer gesegelt mit der Absicht Fisch für mein Dorf zu fangen. Alle in meinem Dorf hatten großen Hunger, doch aus Angst vor den Seekönigen war keiner aufs Meer gesegelt. Und unsere Vorräte neigten sich dem Ende. Unser Dorf lag mitten im Calm Belt, eine Luft und Strömungsfreie Zone um der Grand Line herum, welches das zu Hause der größten Seekönige des Ozeans war.
Normalerweise schickte uns die Marine immer ein mit Seestein beschichtetes Schiff mit neuen Vorräten, wenn die Nahrung auf unserer Insel knapp wurde und wir durch eigenen Ackerbau uns nicht mehr ernähren konnten. Doch diesen Monat ist kein einziges Schiff aufgetaucht. Wir hatten drei Mal angerufen gehabt und uns wurde immer wieder gesagt, dass ein Schiff losgeschickt wurde. Also hatten die entweder gelogen oder das Schiff ist nie angekommen.
In jedem Fall würden wir alle verhungern und deswegen entschloss ich mich damals fischen zu gehen. Ein großer Fehler wie sich herausstellte. Es war nicht der Seekönig, der mir Angst machte und es war auch nicht die Angst vor dem Tod, der mich meine Entscheidung schlussendlich bereuen lässt. Es war mein Retter.
Dieses U-Boot. Dieses gottverdammte U-Boot, welches neben meiner Nussschale auftauchte. Dieser verdammte Kerl. Ich mochte ihn vom ersten Moment an nicht. Blonde kurze Haare, eine weiße Sonnenbrille mit violetten Gläsern und dieser affige, lange, rosa Federmantel. Wie viele Vögel dafür ihr Leben geben mussten wollte ich auch nicht wissen. Mit seinem dauerhaften Grinsen im Gesicht bewegte er kurz seine Finger komisch gekrümmt hin und her. Kurz darauf fiel dem riesigen Biest der Kopf ab. Sauber abgetrennt und ich hatte keine Ahnung, wie er das gemacht hatte. So etwas hatte ich in meinem Leben nicht gesehen.
Wie er mich damals angesehen hatte. Das werde ich nie vergessen. Ein breites Grinsen zog sich über seine Lippen, als er seinen Leuten befahl, mich auf ihr Schiff zu nehmen. Eigentlich befahl er es nur einem seiner Leute und der Anblick dieses Jungen hatte mir den Atem geraubt. Nicht weil er unglaublich gut aussah oder weil er in Zukunft die große Liebe meines Lebens werden sollte. Nein, ich konnte nicht mehr atmen, weil sein Körper komplett mit Narben zugedeckt war. Nicht im Gesicht, doch seine Arme waren mit Narben bespickt. Der Junge war ungefähr 15 Jahre alt, vielleicht sogar jünger. Er hatte eine weiße Mütze mit braunen Flecken auf dem Kopf und seine Augen waren geziert von dicken und dunklen Augenringen. Man sah ihm an, dass er nicht schlafen konnte oder durfte. Sein Blick, den werde ich nie vergessen. Dieser leere Blick in seinen Augen, der sich nichts mehr als Erlösung verhoffte. Ich wusste nicht wie, aber der große Kerl in dem Federmantel hatte seinen Willen gebrochen.
Er ließ eine komische Kuppel entstehen und ehe ich mich versah, stand ich schon auf dem Deck des U-Bootes. Der blonde Kerl grinste mich dreckig an und fragte: „Wenn du mit mir kommst, dann werde ich dein komplettes Dorf regelmäßig mit Essen beliefern. Nicht so wie die Marine. Was sagst du?“ Geschockt starrte ich in seine Sonnenbrille. Sie war so verdunkelt, dass ich seine Augen dadurch nicht sehen konnte. Nicht in die Seele eines Menschen schauen zu können war das Schlimmste für mich. Dieser Kerl in rosa war für mich die persönlich wahrgewordene Hölle und es wurde mir schon in diesem Moment klar.
„Woher weißt du das mit meinem Dorf?“
Er lachte. Dieses Lachen ging mir durch Mark und Bein. Es hatte etwas Bösartiges und Verschlagenes. Doch hatte ich eine Wahl? „Du bist ja ein aufgewecktes Kind. Woher ich es weiß ist doch egal. Wichtig ist, dass ich es weiß. Also, nimmst du mein Angebot an?“
Unsicher was ich antworten sollte, blickte ich zu dem Jungen rüber. Unser Blickkontakt blieb nur für eine Sekunde erhalten, doch die reichte. Sie reichte um mir die Angst des Jungen zu vermitteln. Sie hatten sich vor Angst weit aufgerissen und alles in ihnen schrie „Renn Weg!“ doch wir beide wussten, dass es dafür schon zu spät war.
Also ergab ich mich seinem Willen und er nahm mich mit. Im Gegenzug vernichtete er nicht mehr die Marineschiffe, die auf dem Weg zu unserem Dorf waren. Der Anblick der Schiffswracks war schrecklich. Überall schwamm Essen herum. Essen, das unser Dorf hätte retten können. Und das alles nur für mich? An mir war wirklich nichts Besonderes. Ich bin in einem kleinen, unbedeutenden Dorf aufgewachsen, was weder reich war, noch irgendwelche Rohstoffe besaß. Und ich war nur ein einfaches Kind eines Bauern. Ich war nicht einmal das Kind des Bürgermeisters. Also was wollte der Kerl von mir?
Ihm nachhinein hatte er mir auch seinen Namen genannt. DonQuixotte DoFlamingo. Ein Name der den Teufel viel zu harmlos wirken ließ.
Nun sind wir auf dem Weg zum Sabaody Archipel. Woher ich das weiß? Ich hab vor einigen Tagen DoFlamingo und seine Assistentin Monet belauscht. Sie haben über Ware geredet, die im Auktionshaus landen soll, denn mehrere Himmelsdrachenmenschen seien seit neustem scharf darauf, ein menschliches Kind als Sklaven zu halten. Und man müsse Kinder nehmen, die niemand vermisst. So ein Kind wie mich. Ich bin grade erst 15 geworden und habe noch einen schmalen Körperbau. Alles an mir schreit: Ich bin klein und süß. Hab mich lieb! Dass mir das einmal zum Verhängnis wird, hätte ich nie gedacht. Nun warte ich hier. In der Ecke dieses kalten U-Bootes kauern. Ich warte auf das Ende meines Lebens. Das wird entweder eintreten, wenn ich als Sklave verkauft werde oder mit Glück an einer Lungenentzündung sterbe, weil ich rund um die Uhr auf dem kalten Boden hocke. Doch bisher hat sich nichts getan. Jeden Morgen messe ich meine Körpertemperatur und sie ist konstant bei 36 Grad Celsius. Ich werde mich also mit einem Leben als Sklave abfinden müssen.
Ein Klopfen an meiner Tür lässt mich aus meinen Gedanken hochschrecken. Ohne auf eine Antwort meinerseits zu warten, kommt der rosa Teufel herein und grinst mich mit seinem verschlagenen Lächeln an. „Wir machen kurz halt bei der nächsten Insel. Brauchst du etwas?“ Ein einfaches Nicken beantwortet meine Frage und es dauert nicht lange, bis der rosa Teufel wieder aus dem Zimmer verschwindet. Immerhin kann ich noch einmal die Sonne sehen, ohne das mulmige Gefühl zu haben, bald verkauft zu werden. Ich spüre wie das U-Boot den Kurs nach oben nimmt und wir relativ schnell an der Oberfläche auftauchen. Die Sonne scheint und erhellt die komplette Insel in einem wunderschönen Gelbton. Ich sehe wie der rosa Teufel und seine Gefolgsleute das U-Boot verlassen. Doch ich brauche mir keine Hoffnung zu machen. Einen hat er bestimmt zurückgelassen, damit er auf mich aufpassen konnte. Dass es ausgerechnet der Junge ist, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht erahnen. Kaum ist Doflamingo aus meinem Sichtfeld verschwunden, stürmt er in mein Zimmer und packt mich ohne zu fragen oder etwas zu sagen an meinem Handgelenk. Er zieht mich an Deck des Schiffes und das einzige was er sagt ist: „Du hast nicht viel Zeit. Ruder soweit und so schnell du kannst. Das ist deine einzige Chance zu entkommen.“
„Wieso tust du das für mich.“
„Frag nicht, mach einfach.“
Also steige ich wie befohlen in die Nussschale, die der Junge mit seiner merkwürdigen Kraft hergeholt hat. „Komm mit mir.“
Ich blicke in die Augen des Jungen und sehe zum ersten Mal einen Ansatz von Freude in seinen Augen. „Ich kann nicht. Ich würde gerne aber ich kann nicht. Und jetzt fahr los. Hör auf Fragen zu stellen und bring dich in Sicherheit. Ich komm schon klar versprochen.“
Dann verschwindet er ins Innere des U-Bootes.
Schweißgebadet wache ich in meinem Schiff auf. Meine Atmung geht schnell und ich keuche laut. Wieder dieser Alptraum. Diese Bilder der Vergangenheit verfolgen mich bis heute. Zwar sind schon neun Jahre vergangen, doch ich habe sie immer noch in meinem Kopf. Ich würde nie diesen letzten Blick des Jungen vergessen, der mir damals das Leben gerettet hatte.
Ich springe aus dem Bett und mache mich schnell fertig. Dabei versuche ich die Bilder aus meinem Kopf zu verdrängen. Ich möchte nicht mehr darüber nachdenken müssen, was aus dem Jungen geworden ist. Ob er noch lebt. Ob er es geschafft hat zu fliehen oder ob er nun eine komplette, seelenlose Hülle geworden ist. Und was Doflamingo grade macht, darüber will ich auch nicht nachdenken. Aber diese Gedanken kommen immer wieder hoch. Grade wegen meiner Angst vor ihm. Ich bin schließlich immer noch auf der Flucht vor ihm und wer weiß, was er mit mir anstellt, wenn er mich findet. Egal was es sein würde, es wäre 1000-mal schlimmer, als ein Leben als Sklave. 
Nachdem ich mich fertig gemacht habe, gehe ich an Land und erkunde ein wenig die Gegend. Ich musste eh drei Tage warten, bis mein Schiff beschichtet ist und da kann ich mir auch die Zeit an Land vertreiben. Ironischerweise bin ich am Sabaody Archipel gelandet, doch hier musste man nun mal hin, wenn man in die neue Welt fahren wollte. Ich will das Leben, welches mir der Junge geschenkt hat nicht verschwenden, alleine deswegen bin ich nicht zurück zu meinem Dorf. Mal abgesehen davon, dass Doflamingo mich dort sicherlich gefunden hätte. Ich bin mittlerweile Pirat geworden. Ich denke, das ist das Beste, was ich aus meinem Leben machten konnte.
Ich schlendere also das Sabaody Archipel entlang und treffe auf eine kleine Stadt, in der es nur von Piraten wimmelt. Überall Piraten, die das One Piece finden wollen. Um ehrlich zu sein interessiert mich das One Piece nicht. Ich will einfach nur mein Leben leben.
Wie ich so die Straße entlang gehe und mich umschaue, treffe ich auf ein Augenpaar. Graublaue Augen mit dicken Augenringen verziert. Fassungslos starre ich in diese Augen, die mich jede Nacht verfolgen. Da steht er plötzlich. Der Junge, der mir damals das Leben gerettet hatte. Er lebte. Er war gesund. Er hatte es auch geschafft zu entkommen. Und seine Augen strahlten nun dieselbe Freude aus, wie der letzte Blick, den er mir damals zugeworfen hatte. Damals, als Trafalgar Law mich gerettet hat.

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