Kapitel 7 - Teil 2

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Jack war schon aus der Bibliothek gerannt, als wir oben ankamen. Doch schon im großen Treppenhaus der Schule sahen wir ihn wieder. Er war verdammt schnell, und ich begann mich u fragen, woher er wusste, wo Jace und Liz waren.

Wir versuchten, den Abstand zu Jack nicht zu vergrößern, obwohl das nicht gerade leicht war. Er schien zu wissen, was er wollte, und genau das fand ich ziemlich merkwürdig. Schließlich hatte ich die Geschwister noch nie gesehen, und ich wusste nicht, woher Jack sie kennen sollte.

Plötzlich schlug er einen Haken in einen der Korridore im ersten Stock. Als wir dort ankamen, sahen wir nur das offene Fenster am Ende des Ganges.

Alissa lehnte sich nach draußen und schien die Umgebung mit den Augen abzusuchen. Auch ich tat das, doch leider war es mittlerweile dunkel geworden. Man sah kaum noch etwas.

„Wir sollten einem Lehrer Bescheid sagen." Alissas Stimme klang in der Stille unangenehm laut.

 „Wieso? Wir kriegen das auch allein hin", sagte Vienne und quetschte sich neben uns, damit sie ebenfalls etwas sehen konnte.

„Es wurde eingebrochen. Das dürfen wir nicht unter uns behalten", antwortete Alissa nachdrücklich.

„Wir können das selbst." Vienne fummelte an ihrer Jacke herum.

Alissa sah sie mit erhobenen Augen an. „Und wie sollen wir das anstellen?"

Vienne sah von ihrer Jacke auf. „Es kann sein, dass das jetzt ein unglaublich großer Fehler ist."

Und bevor Alissa oder ich irgendetwas sagen konnten, drückte sie mir die Maske ins Gesicht.
Sofort klärte sich mein Verstand. Die Dunkelheit stellte nun kein Problem mehr dar.

Jack war nur knapp hinter Jace und versuchte, ihn zu stoppen. Doch Jace war ebenfalls nicht schlecht.

Obwohl Jack pure Magie auf seinen Gegner losließ, konnte Jace jeden Angriff abblocken.
Ich suchte weiter nach Liz, doch auch sie war nicht schwer zu finden. Sie war ein gutes Stück weiter vorn und hatte die Anlegestellen für die magischen Boote fast erreicht.

Ohne lange darüber nachzudenken, sprang ich aus dem Fenster. Für einen Moment fühlte ich mich, als wäre ich bei dem Haus meiner Eltern, neben mir meine Geschwister und hinter mir meine Verfolger.

Doch die Kraft der Maske verdrängte die Angst.

Nur Millisekunden, vor dem Boden bremste ich ab. Das sparte mir Zeit. Ich verschwendete auch keine damit, darüber nachzudenken, wie perfekt der Sprung gewesen war.

Alles, was zählte, waren die beiden Geschwister.

Ich war schneller als sie, viel schneller. Es dauerte nicht lang, bis ich Jack und Jace erreicht hatte.

Sie duellierten sich. Ich bemerkte eine Wunde an Jacks linkem Unterarm, sein Blut verschmutzte sein Oberteil.

In meinem „normalen" Zustand hätte ich ihre Fehler nicht bemerkt. Beide Atmeten ruckhaft, waren sehr konzentriert aufeinander. Sie beschränkten ihre Bewegungen aufs nötige, hielten die Balance und waren mit beiden Händen gleich stark.

Jack war nicht in Bestform, das wusste ich sofort. Er war zerstreut, machte manche Bewegungen zu klein. Es wirkte, als wäre er es nicht gewohnt, mit einer Verletzung zu kämpfen. Was eigentlich nicht möglich sein sollte, denn er hatte ständig irgendwelche Kratzer, Schrammen oder sonstige Wunden.

Ich spürte gerade zu den Hass, der von Jack ausging, und die Verwunderung von Jace. Doch ihre Gefühle waren egal. Alles, was zählte, war ein Sieg.

Ich konnte Jace' Blut kontrollieren. Seinen Herzschlag spüren. Ich presste ihn mit einer Druckwelle Richtung Boden. Sofort wanderten ihre Blicke zu mir.

Ich fegte Jace weg von den fliegenden Boten. Dann schleuderte ich in Meter in die Luft, um ihn wieder auf den Boden krachen zu lassen. Irgendetwas knackte, Jace stöhnte. Er versuchte aufzustehen, doch ich drückte ihn direkt wieder Richtung Boden. Seine Nase blutete.

„Was zur heiligen Shai", hörte ich Jack sagen. Es klang wie unter Wasser. Dumpf und unwichtig.
Jace presste seine Handflächen in die Erde. Sofort wurde sie weich.

Zu dem Zeitpunkt wirkte alles wie in Zeitlupe. Alissas Rufe, Jacks Flüche und Jace verbissene Beleidigung. Die Erde kam langsam auf mich zu. Es war kein Hindernis, kein Problem.

Ich sprang nach oben, bemerkte erst gar nicht, wie hoch. Erst, als ich fünf Meter über dem Boden in der Luft stehen blieb, wurde mir klar, dass ich wohl nicht gesprungen, sondern geflogen war.
Dieser Moment der Verwunderung war fatal.

Liz war offenbar schon an der Anlegestelle angekommen. Von dort aus warf sie irgendetwas in unsere Richtung, jedoch nicht weit genug, sodass es uns erreichen konnte.

Es war ein Glasbehälter, eine Flasche oder etwas ähnliches. Sofort zerschellte sie auf dem Boden.

Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich, es sei eine Rauchbombe. Doch es war kein Rauch, der nun in den Himmel stieg. Nein, es waren Vögel aus Magischer Materie.

Sie flogen zu mir, umringten mich. Mit ihren scharfen Schnäbeln pickten sie auf mich ein und brachten mich aus der Balance.

Doch gefallen lassen würde ich mir das nicht. Mithilfe einer Druckwelle schleuderte ich sie so weit von mir weg wie möglich. Ich wartete nicht auf ihre Reaktion.
Sobald sie sich etwas entfernt hatten, ließ ich mich ein Stückchen fallen, nur um mich dann wieder nach Jace und Liz umzusehen.

Liz hatte ihrem Bruder offenbar aufgeholfen, und half ihm jetzt, die letzten Meter zu überwinden. Sie hatten anscheinend ihr eigenes schwebendes Boot mitgebracht, das an der Anlegestelle auf sie wartete.

Doch die magischen Vögel kamen wieder. Sie waren genauso nervig, wie vorher. Nur dieses Mal waren sie schneller und gezielter.

Bevor ich reagieren konnte, sah ich einen der Vögel direkt auf mein Gesicht zukommen. Besser gesagt: Auf meine Maske. Ein stehender Schmerz machte sich auf meiner Wange bemerkbar, als sie mir entrissen wurde.

Und dann fiel ich. Ungebremst kam ich auf dem Boden auf.
Der Schmerz verschlimmerte sich augenblicklich und auch die Angst zögerte nicht, mich unter ihre Kontrolle zu bringen.

Undeutlich nahm ich Jace und Liz war, die es jetzt geschafft hatten, in ihr Boot zu steigen.
Jace war verschrammt und hielt sich seinen linken Arm.

Und in diesem Moment hatte ich nur einen einzigen Gedanken im Kopf:

Was hatte ich nur getan?

VenaturaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt