Es war kalt. Fürchterlich kalt. Ihre Hände schmerzten bereits vor Kälte. Doch sie musste weiter, immer weiter, bis er nicht mehr in der Lage war sie einzuholen. Ganz genau wusste sie nicht, wer oder was genau sie verfolgte. Sie wusste aber eines ganz genau. Dass es kein Wesen aus dieser Welt war. Plötzlich stolperte sie und landete im kalten Schnee. -,, Ich rieche dich, junges Mädchen." Hörte sie ihn reden. Seine Stimme ließ ihr eine Gänsehaut über den Rücken jagen. So kratzig. Angsteinflößend. Aus dem Nichts tauchte sein Schatten direkt vor ihr auf. Der Wind wehte durch seine Haare und ließ seinen langen Mantel hin und her flattern. -,, Habe ich dich nun endlich gefunden." Sein Grinsen wurde breit und seine Augen glühten hell rot auf. Schnell fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen. Speichel floss an seinen Mundwinkeln herunter und tropfte auf den verschneiten Boden. -,, Nein, bitte, nicht!" flehte sie ihn an. Ihre Handinnenflächen waren wund und bluteten. Sie stolperte über einen Stein, der bedeckt mit einer dicken Schicht Schnee war. Schmerzhaft fiel sie auf den Boden. Im Schnee hinterließen ihre Hände einen roten Abdruck. -,, Dein Blut, es riecht so verführerisch...." Langsam kam er ihr näher. -,, Lass mich doch nur ein wenig von dir kosten. Es tut dir auch nicht weh, ich verspreche es dir." Verzweifelt rutschte sie auf dem Boden von ihm weg. Plötzlich sprang der Mann auf sie zu. Sein Mund war weit aufgerissen und seine Zunge hing heraus. Die spitzen Reißzähne blitzten erschreckend auf. Das Mädchen schrie und hielt sich schützend die Hände vor das Gesicht. Auf einmal hörte sie ihn nur noch kurz auf keuchen. Sie spürte, wie ihr etwas ins Gesicht spritzte. Etwas das warm und doch ekelhaft auf der Haut zu spüren war. Zitternd saß sie mit den Händen vor ihr Gesicht gedrückt auf dem Boden. -,, Ist alles in Ordnung, Kleines?" sprach sie jemand sanft an. Zögernd nahm sie ihre Hände runter. Um sie herum war der Boden mit roten Spritzern befleckt und eine dunkle Gestalt lag in einer Blutlache etwas Abseits von ihr. Vor ihr kniete sich ein junger Mann nieder. Er hatte warme braune Augen und schien nicht viel älter als sie zu sein. Sanft strich er ihr das zerzauste Haar aus dem Gesicht. -,, Du bist sehr dreckig. Wo sind deine Eltern?" Stumm schaute sie ihn an. -,, Hast du deine Eltern verloren? Du armes Ding. Komm mit mir mit. Ich werde dich erst mal säubern und dich aufwärmen lassen. Du musst sehr erschöpft sein und hungrig." Er hielt ihr seine Hand entgegen und wartete geduldig, bis sie danach griff. Vorsichtig half er ihr wieder auf die Beine. Jedoch hatte sie keinerlei Kräfte mehr, um sich aufrecht zu halten und sackte wieder in sich zusammen. Sanft hob er sie auf und nahm sie auf seinem Rücken huckepack. Stolpernd wartete er durch den tiefen Schnee. Der Wind begann immer stärker zu wehen. Nicht mehr lange, dann würde die Landschaft in einem Schneesturm untergehen. Durch die stürmischen Schneeflocken hindurch konnte sie ein großes Gebäude erkennen, welches von einer großen Mauer umgeben war. Der junge Mann lief direkt darauf zu. Quietschend öffneten sich die großen, stählernen Tore, die er versuchte so leise wie nur möglich zu bewegen. In dem Haus war es angenehm warm. Behutsam setzte er sie wieder auf dem Boden ab und nahm ihre Hand. Vorsichtig klopfte er ihr den Schnee von der Kleidung. -,, Herzlich Willkommen in meinem zu Hause." sanftmütig lächelte er sie an. Sie nahm seine Hand fester und ließ sich von ihm hinein führen. Der Eingangsbereich war ziemlich groß .An der Wand hingen Kleiderhaken, an denen überall Jacken und Westen hingen. Ansonsten führte nur noch eine Treppe nach oben. Kurz ließ er ihre Hand los, um seine und ihre Jacke aufhängen zu können. Sofort rannte sie an seine Seite, packte seinen Pullover und schaute ihn verängstigt an. -,, Mach dir keine Sorgen mehr. Ich werde hier an deiner Seite bleiben. Komm mit, ich werde dir erst mal das Blut und den Dreck aus dem Gesicht waschen." Sanft nahm er sie an der Hand und führte sie die Treppen nach oben. Oben angekommen, verlief ein langer Gang quer durch das Haus. An beiden Seiten der Wände waren Türen verankert, die in ein Zimmer führten. Verunsichert lief sie neben ihm her. Einige Türen wurden geöffnet, als sie daran vorbei liefen und jemand fing an zu Tuscheln, was sie jedoch nicht verstehen konnte. -,, So, hier ist mein Zimmer. Komm herein." Langsam öffnete er die Tür. Erstaunt trat sie ein. Sein Zimmer war hell erleuchtet und wurde in warmen Farben gestrichen. Eine weitere Tür führte in sein Badezimmer. Sein Bett stand an der rechten Seite der Wand, gegenüber an der Wand stand ein großer Schrank. In der hintersten Ecke seines Zimmers stand ein Schreibtisch mit einem Computer drauf. Der Fernseher wurde an der Wand befestigt, schräg gegenüber seines Bettes. Der Junge ging an seinen Kleiderschrank und zog ein paar Kleidungsstücke heraus. -,, Die werden dir zwar zu groß sein, aber besser als gar nichts." Noch immer stand das Mädchen in der Mitte des Raumes und schaute ihn verlegen an. -,, Komm. Wir werden dich jetzt etwas sauber machen." Langsam folgte sie ihm ins Badezimmer. Vorsichtig zog er ihr den Pullover über den Kopf. -,, Du hast eine sehr große Wunde an deiner Schulter. Ich werde sie etwas reinigen und schauen, ob wir die Wunde nähen müssen oder nicht." Vorsichtig wischte er ihr mit einem feuchten Waschlappen das Blut weg und betrachtete sich die Wunde. -,, Sie ist nicht tief. Aber ich werde sie trotzdem mit einem Pflaster überdecken, sobald wir hier fertig sind." beschloss er und fing an sie weiter auszuziehen und unter die Dusche zu stellen. Das warme Wasser schmerzte auf ihren erfrorenen Muskeln und sie zuckte leicht zusammen. -,, Wenn wir fertig sind, gehen wir in die Küche und essen erst etwas. Du musst ziemlich viel Hunger haben, nicht wahr?" Während er mit einem Waschlappen das Blut aus dem Gesicht wusch schaute sie ihn an. Sie wusste nicht, warum dieser Junge sich so um sie sorgte. Sie fing es an zu mögen an seiner Seite zu sein. Die Sachen, die er ihr zum Anziehen gab, waren ihr drei Nummern zu groß. -,, Sieht zwar etwas komisch aus, aber ich habe leider nichts passendes und die Frauen, die hier im Haus wohnen, sind ebenfalls wesentlich größer und älter als du. Wir gehen aber zuerst etwas Essen." Als sie in der Küche waren, legte der Junge etwas in die Mikrowelle. -,, Ich mache dir einfach von heute Mittag etwas warm. Ich hoffe du magst Tomatensuppe." Aufgeregt setzte sie sich an den Tisch. Leicht, ohne dass sie etwas bemerkten, öffnete sich die Tür zu einem Spalt. Einige Augenpaare starrten die beiden an. Der Junge saß direkt vor dem Mädchen und schaute ihr beim Essen zu. -,, Wer ist das Mädchen? Wieso hat er sie mit hierher gebracht?" -,, Drängle nicht so! Ich möchte schließlich auch etwas Sehen." -,, Geh mal ein Stück zur Seite mit deinem fetten Arsch!" Genüsslich steckte sich das Mädchen einen Löffel mit Tomatensuppe in den Mund. Es tat ungemein gut, die warme Flüssigkeit den Hals runter laufen zu spüren. Langsam wurde es ihr von innen immer wärmer und wärmer. -,, Es scheint dir zu schmecken. Das freut mich. Da fällt mir ein, ich weiß noch nicht deinen Namen. Mein Name ist Adonis und deiner?" Sie wurde stumm. Verdutzt schaute er sie an. -,, Entschuldige, ich wollte dich dazu nicht drängen..." Schnell fing sie an mit dem Kopf zu schütteln. -,, Mein,...mein... Name... ist...Luchia." -,, Du kannst ja sprechen. Ich habe mir deine Stimme ganz anders vorgestellt, nicht so ... wie soll ich das sagen,... so kräftig." Auf einmal fielen vier Personen durch die Tür herein. Luchia erschrak heftig und sprang in Adonis Arme. Verwirrt schaute er seine Freunde an. -,, Was macht ihr denn hier? Solltet ihr nicht schon im Bett sein?" Eine Frau rieb sich am Kopf und sprach zu ihm. -,, Das gleiche könnten wir auch fragen. Wer ist dieses Mädchen?" -,, Das ist Luchia. Ich habe sie draußen vor einem Vampiren gerettet." erklärte er kurz. Der Mann neben der Frau stand abrupt auf und haute mit den flachen Händen auf den Tisch. -,, Du warst draußen und das ganz allein?" fragte er etwas zu laut. Luchia drückte ihr Gesicht gegen seine Brust und weinte. Beruhigend strich er ihr über den Kopf. -,, Ich habe sie schreien gehört. Ich konnte nicht schlafen und stand auf der Terrasse. Da habe ich sie rennen sehen. Hinter ihr war dieser Vampir. Es war ein E- Vampir, da musste ich ihr helfen. Zum Glück wurde sie nicht gebissen. Sie hat viele Schürfwunden am Körper. Ich konnte sie ihrem Schicksal nicht überlassen." Es wurde ruhig, bis auf das Weinen der kleinen Luchia. Die Frau setzte sich neben dem Mann an den Tisch. -,, Du machst Sachen, Adonis. Du bringst dich noch selbst ins Grab. Na gut. Stell uns doch der Kleinen erst mal vor." -,, Hey,... Luchia. Es ist alles gut. Schau mich mal an." Sanft hob er ihr Kinn an. Ihre Augen waren bereits rot umrandet. -,, Ist alles wieder gut?" Stumm nickte sie. -,, Na also. Du bist doch mein tapferes Mädchen, oder? Schau her, das sind meine Freunde. Der Schreihals, das ist Anton, die Frau, das ist Karen. Die anderen hier, das sind die Zwillinge Justin und Dustin." Freundlich lächelten sie ihr zu. -,, Nett dich kennen zu lernen, Luchia." begrüßte Karen sie. Verängstigt drückte sich Luchia enger an Adonis. -,, Die Arme. Was sie da draußen erlebt haben muss, dass sie so viel Angst hat? Adonis, bring die Kleine ins Bett. Ich werde den Boss wecken und ihm Bericht erstatten, was hier passiert ist. Nicht das der alte Mann noch einen Herzinfarkt bekommt, wenn er sie morgen früh sieht." Karen musste bei dem Gedanken leicht grinsen. -,, Ach quatsch. Opa ist noch gut in Form, so schnell bekommt der keinen Infarkt. Aber ich werde sie wirklich ins Bett bringen. Wie sieht es aus, Luchia? Du musst ziemlich müde sein." In dem Moment musste sie laut und ausgiebig gähnen. -,, Das heißt dann ja." lachte Adonis und brachte sie in sein Bett. Sofort danach ging er eine weitere Treppe hinauf und blieb vor einer einzigen großen Tür stehen, die sich im Stock oben drüber befand. -,, Komm gleich herein, Adonis." erklang eine Stimme heraus. -,, Ich wäre so oder so ohne zu klopfen herein gekommen, Opa." -,, Ja, ich weiß. Karen hat mir kurzen Bericht erstattet, was passiert ist. Was hast du dir dabei gedacht alleine hinaus zugehen? Der Vampir hätte noch andere dabei haben können." -,,Es tut mir aufrichtig Leid, Opa, aber ich habe sie von der Terrasse aus beobachtet und war dabei ziemlich sicher, dass der Vampir alleine war. Auf eigener Faust bin ich raus und habe sie gerettet." -,, Auf was für Ideen kommst du nur?... Was hast du nun mit ihr vor?" -,, Ich möchte haben, dass sie bei mir bleibt. Sie hat niemanden, zu dem sie gehen könnte. Auf irgendeiner Weise fühle ich mich mit ihr verbunden..." Es wurde still .Schweigsam schaute sein Großvater ihm in die Augen. Adonis hatte das Gefühl, dass er ihn mit seinen Blicken durchbohren würde. -,, Na gut. Sie kann hier bleiben. Aber hast du dir mal Gedanken gemacht, was aus ihr eines Tages werden soll? Sie ist noch so ein junges Mädchen und du bist nicht viel älter als sie. Woher sie eigentlich kommt?" -,,Zuerst werde ich mich um sie kümmern, so dass sie den Schock der heutigen Nacht verarbeiten kann. Vielleicht kann ich sie ja ebenfalls zu einen Vampirjäger ausbilden. Nebenbei werde ich Recherchen unternehmen, um herauszufinden, wer sie ist und woher sie kommt" -,, Du hast dir da ziemlich viel vorgenommen." -,, Ich weiß, Opa. Aber warst du nicht derjenige, der zu mir gesagt hat, dass ich im Leben etwas finden muss, für das es sich lohnt zu kämpfen? Ich glaube, ich habe es nun gefunden. Gute Nacht, Opa." Ehrfürchtig verbeugte er sich vor seinen Großvater und ging aus dem Zimmer. Erschrocken zuckte er zusammen, denn direkt vor ihm stand auf einmal Sophie, eine große Blondine, die in seinem Alter war. -,, Sophie! Du hast mich erschreckt." -,, Wer ist dieses Mädchen? Die in deinem Bett schläft?" -,, Das ist Luchia. Ich habe sie vor einen E-Vampiren gerettet." -,, Du kennst sie nicht und lässt sie einfach in deinem Bett schlafen?" -,, Wieso interessiert es dich? Bist du etwa eifersüchtig auf ein zwölfjähriges Mädchen?" -,, Ich traue ihr nicht über den Weg." -,, Sie ist zwölf! Sie kann keiner Fliege etwas zu Leide tun. Würdest du mir jetzt bitte aus den Weg gehen? Ich bin müde und muss morgen einige Sachen erledigen." -,,Was für Sachen? Morgen ist unser freier Tag." -,, Wichtige Sachen. Anmeldung an der Schule, Klamotten einkaufen, was dazu halt noch gehört. Ich muss mich jetzt um ein kleines Mädchen kümmern." -,, Du bist aber nicht sehr viel älter als sie!" -,, Was hat das damit zu tun? Ich bin reifer als ihr alle, die in meinem Alter seid. Von allen bin ich derjenige, der mit vierzehn zwei Klassenstufen übersprungen hat in der Vampirjäger- Akademie! Ich habe nun ein neues Ziel vor Augen! Ein Ziel, bei dem ich mich nicht langweilen werde." Er hatte keine Lust mehr mit ihr zu diskutieren und drückte sie zur Seite, um zu seinem Zimmer zu kommen. Nur widerwillig ließ Sophie sich zur Seite drücken. Er konnte ihren Blick so lange auf sich ruhen spüren, bis er die Tür von seinem Zimmer hinter sich schloss. Luchia atmete gleichmäßig ein und aus. Ihr Gesicht sah friedlich und entspannt aus. Vorsichtig setzte er sich neben sie ins Bett und strich ihr mit einer Hand über die Wange. -,, Ich werde dich beschützen, komme was wolle! Du wirst nie wieder, so etwa schreckliches wie heute Nacht erleben müssen, das verspreche ich dir!"
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True Love- Vampire
FantasyLuchia war einst ein normales Mädchen. Doch ihre Vergangenheit hing ihr stets im Nacken. Wer war sie wirklich? Was hat es mit den geheimen Vampiren auf sich? Welchen Bezug hat sie zu ihnen? Fragen über Fragen, die sie so schnell nicht beantwortet b...