Adonis saß zusammengekrümmt in seinem Bett. Wie sollte er es schaffen, dass Luchia auf ihn aufmerksam wird? Ihm fiel einfach nichts ein. Die Stunden vergingen. Er lief im Zimmer auf und ab. Manchmal klopfte jemand an der Tür. Doch er wollte mit niemandem reden. In solchen Zeiten war es immer Luchia gewesen, mit der er reden wollte. Mit ihrer offenen Art brachte sie ihn in die Realität zurück. Jetzt war sie nicht mehr da. Noch immer konnte er nicht glauben, dass sie eine Vampirin sein sollte. Noch dazu eine Reinblüterin. Ganze drei Wochen sperrte er sich in sein Zimmer ein, um nach einem Plan zu suchen. Er wollte sie noch einmal sehen. Ihre Stimme hören, dass es ihr gut ging. Wenn es nach ihm ginge, dann würde er sie wieder zurück holen wollen. Wenn sie aber wirklich das war, was der Vampir gesagt hatte, dann ginge das nicht. Außer er würde hunderte von Gesetze brechen. Leise öffnete er die Tür seines Zimmers und spähte auf die Tür, die einst Luchia gehörte. Seit dem Vorfall hatte keiner sich dem Zimmer genähert. Sein Großvater meinte, dass Adonis die Aufgabe übernehmen sollte. Wieder eine Art Übung, die sein Großvater mit ihm machte. Schmerzüberwindung. Die Trennung von Luchia hatte er noch immer nicht überwunden. Erst seit zwei Tagen aß er ab und an mal etwas. Das aber auch nur, wenn ihm irgendjemand etwas vor die Tür stellte. Schnell stürmte er auf die andere Seite, stolperte in ihr ehemaliges Zimmer und schloss schnell die Tür hinter sich. Die Luft in dem Zimmer roch abgestanden. Kein Wunder, wenn nie jemand hier rein geht und die Fenster öffnet. Beim Anblick der vielen Fotos, die an der Wand hingen, bekam er eine Gänsehaut. Auf den Fotos sahen sie so glücklich aus. Es schien, als würde sich ihnen nichts in den Weg stellen können. Und doch war sie weg. Er fuhr mit dem Zeigefinger über den kleinen Tisch. Die Möbel waren mit einer so dicken Staubschicht bedeckt, dass man lesbare Wörter darauf schreiben konnte. Adonis schüttelte den Kopf. Er musste sich konzentrieren. Was in ihrem Zimmer, wäre von unbezahlbaren Wert für sie? Sorgsam durchsuchte er das Zimmer. Doch er konnte nichts finden. Die Peitsche, die sie von dem Hausmeister geschenkt bekommen hatte, entdeckte er unter ihrem Kissen. Aber das konnte es nicht sein. Selbst im Bade- und Ankleideraum konnte er nichts finden. Seine Suche wurde immer verzweifelter. Bis ihm einfiel, dass Luchia ein Versteck hier irgendwo hatte. Nur schwach konnte er sich daran erinnern, dass er sie mal dabei erwischt hatte, wie sie versuchte... Genau! Jetzt fiel es ihm wieder ein. Er stellte sich an die Tür und überlegte. Damals kam er einfach in ihr Zimmer gestürmt. Luchia befand sich auf der anderen Seite des Bettes. Hastig stieg er über das Bett. Im ersten Moment schien alles normal. Bis er seitlich am Bett eine kleine, kaum merkbare Schnur fand. Vorsichtig zog er daran. Es machte ein knackendes Geräusch, nichts geschah. Anscheinend war das der Schlüssel, der das eigentliche Versteck schließen sollte. Neugierig hob er seinen Kopf. Hinter der Tür befand sich ein Gemälde. Luchia hatte es einst selbst gemalt und dorthin gehangen. Jetzt wusste er auch warum. Hinter dem Bild befand sich eine kleine Nische. Adonis holte eine kleine Schachtel und eine kleine Tüte vakuumisoliert. Um sich alles genauer betrachten zu können setzte er sich auf das Bett. Zuerst sah er sich die kleine Tüte an. Es stockte ihm den Atem als er sah, dass die alten Klamotten, die Luchia damals getragen hatte, dort drin waren. Selbst die Flecken vom Blut waren noch immer zu sehen. Adonis war der festen Überzeugung, dass er die Sachen entsorgt hatte. Irgendwie muss es Luchia gelungen sein die Sachen wieder zu bekommen. Dann öffnete er die kleine Truhe. In der Truhe befand sich erst nichts interessantes. Eine Feder, Freundschaftsarmbänder und ein Ohrring. Den erkannte Adonis sofort wieder. Er hatte ihr mal solche geschenkt. Für sie war die halbe Welt untergegangen, als sie den anderen verloren hatte. Dann entdeckte er ein Buch. Als er es öffnete, konnte er nichts darin sehen. Das Buch enthielt leere Seiten. Warum sollte sie ein Buch mit leeren Seiten, in solch einem Versteck aufbewahren? Das ergab für ihn keinen Sinn. Er konnte sich auch nicht vorstellen, dass sie es als ein Tagebuch verwenden wollte. Luchia war nie der Typ dafür. Was auch immer es für sie war, es muss wichtig gewesen sein. Er legte die Sachen zurück in die Nische und packte das Buch unter seinen Pullover, als plötzlich kalter Wind hinter ihm wirbelte. Entsetzt muss er feststellen, dass Julien, einer der Vampire, in das Zimmer trat. -,, Ich bin anscheinend im falschen Augenblick gekommen." Gelassen klopfte er sich die Schultern ab. -,, Was machst du hier?" Aus Reflex griff Adonis nach seiner Waffe. Diese lag jedoch in seinem Zimmer. Wer hätte gedacht, dass sich ein Vampir in sein Zuhause traut? -,, Mach dir nicht in dein Hemd. Ich wollte eigentlich nur etwas holen. Es ist für Luchia von großer Bedeutung." Sofort kam ihm das Buch in den Kopf. -,, Was auch immer du hier suchst, du wirst es nicht finden. Luchia war schon immer gerissen und versteckte all ihre Schätze so gut, dass niemand sie finden konnte." Der Vampir fixierte ihn mit seinen eisblauen Augen. -,, Denkst du, ich wüsste davon nichts? Auch als kleines Kind war sie so. Ich habejetzt schon so lange ein Auge auf sie gehabt. Sie beschützt es, was auch immer passierte. Bis zu jenem Tag. Aber nur weil sie in deine Familie gekommen ist, heißt das noch lange nicht für mich, dass ich sie in Stich lasse. Ich war es, der ihr den Gegenstand heimlich nachts gegeben hat. Nur sie ist in der Lage, ihn zu entziffern. Dafür habe ich gesorgt." Ein ungutes Gefühl stieg in ihm auf. -,, Du sprichst über Luchia so, als würdest du etwas für sie empfinden." Er schien einen Nerv getroffen zu haben. Fast unmerkbar, verzog Julien leicht seine Mundwinkel. -,, Ich wusste es..." Voller Entsetzen verschwand jegliche Farbe aus seinem Gesicht. Julien ballte seine Hände zu Fäusten. -,, Ich habe sie damals geliebt und werde sie auch weiterhin lieben. Nach zwei Jahren, als wir jegliche Spur von ihr verloren hatten, fand ich sie wieder. Je älter sie wurde, umso mehr wurden meine Gefühle für sie. Jeden Tag war ich bei ihr, beobachtete sie aus dem Dunklen. Musste mir mit ansehen, wie eng eure Freundschaft wurde. Es brach mir förmlich das Herz. Meine kleine Luchia. Umschwärmt von Menschen und dir." Noch immer konnte Adonis nicht glauben, was er da gerade hörte. Siewurden die ganze Zeit beobachtet? Wie kann das sein, dass er nie davon etwas mitbekommen hatte. Julien begann zu lachen. -,, Dummer, kleiner Vampirjäger. Ihr kennt uns Reinblüter immer noch nicht. Wir haben es nicht nötig uns zu verstecken oder darauf zu warten, dass die Sonne untergeht. Unsere Spezies, zu der die Prinzessin dazu gehört, ist ganz besonders." Prinzessin? Wer war die Prinzessin? Julien konnte viele kleine Fragezeichen über seinen Kopf schwirren sehen. Schon wieder beantwortete er eine Frage, die er sich dachte. -,, Luchia. Sie ist unsere Prinzessin. Ihre Mutter und ihr Vater waren König und Königin. Nach ihrem Tot hat ihr Großvater das Amt wieder aufgenommen. Darius, ihr Bruder, verzichtete solange auf den Thron, bis Luchia wieder zurück käme." Adonis stolperte zurück. -,, Ist das ein Scherz? Versuchst du mich zu täuschen? Das würde bedeuten, dass Luchia nicht nur ein Reinblüter wäre. Durch euren Adern fließt kein Blut. Durch euch fließt pures Gift." Geschockt musste sich Adonis an der Wand abstützen. Julien schüttelte den Kopf und schnalzte mit der Zunge. -,, Ich will echt nicht wissen, was ihr alles über uns Reinblüter angeblichen wisst. Aber in unseren Adern fließt kein Gift. Es ist Blut. Das reinste Blut, was es unter uns Vampiren nur geben kann. Wir sind der Ursprung aller Vampire. Es entspricht nichts der Wahrheit, was du über uns gelernt haben solltest." Julien schaute sich kurz in dem Zimmer um. -,, Ich werde gehen. Eigentlich wollte ich hier her kommen, ohne das jemand mit mir in dem Zimmer ist. Umso schlechter, dass du es bist, der mich hier gesehen hat." Schneller als er gucken konnte, war Julien nach nur einem Wimpernschlag verschwunden. So leise wie möglich, schlich er sich zurück in sein Zimmer. Das Buch legte er auf sein Bett. Lange stand er davor und starrte es einfach nur an. -,, Wenn das wirklich stimmt, was er da sagt, dann wird sie danach suchen. Vielleicht wird sie irgendwann von selbst danach suchen und hier her kommen. Wenn Julien es schon gepackt hat, dann wird sie es erst recht schaffen." Ihm blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten.
Am nächsten Morgen. Adonis wusste nicht genau, wann er sich in sein Bett gelegt hatte, ging er seit langem wieder in die Küche. Sein Großvater und Sophie saßen am Tisch und tranken einen Kaffee. Beide starrten ihn verdutzt an, als er sich zu ihnen an den Tisch setzte. -,, Was genau wissen wir über Reinblüter?" Die Frage kam unerwartet. Sein Großvater räusperte sich. -,, Es ist sehr bemerkenswert. Kaum bist du endlich aus deinem Zimmer wieder raus gekommen, fragst du solch eine merkwürdige Frage. Solltest du das nicht in der Schule gelernt haben?" Adonis blickte seinem Großvater direkt in die Augen. -,, Ich habe lange genug gegrübelt. Ich bin alles noch mal durchgegangen. Die Treffen mit den Vampiren, sie waren geplant, aber nicht von uns. Sie haben alles, bis auf das kleinste Detail, durchdacht. Reinblüter, sie sind nicht das, was wir zu glauben scheinen. Wusstest du, dass es einen König und eine Königin gab? Dass sie kein Blut brauchen von Menschen, um zu überleben? All das, was wir in der Schule lernten, ist so veraltet, dass es nicht mehr stimmt. Unser gesamtes Wissen sollte noch mal überdacht werden und neu aufgeschrieben." -,, Eine Königin und einen König? Davon habe ich noch nie gehört. Woher weißt du das?" Sophie setzte sich in eine bequemere Position, schlug die Beine übereinander und schaute ihn an. -,, Von dem Vampir. Sein Name war Julien. Von ihm habe ich das." Beinahe spuckte Sophie ihren Kaffee in sein Gesicht. -,, Und glaubst, was der Vampir von sich gibt?" Er schüttelte den Kopf. -,, Ich habe nicht gesagt, dass ich ihm glaube. Ich sage nur, dass wir unser Wissen bearbeiten sollten. Denk doch mal logisch nach, Sophie. Wie lange ist es her, dass wir einen Reinblütigen gesehen hatten? Selbst als Opa noch als Jäger tätig war, sah man nie einen. Die Angriffe, die wir gemeldet bekamen, stammten von anderen Vampiren. Level E, A,C, was auch immer. Wann kamen sie mal raus, um sich zu nähren und warum bekamen wir nie etwas mit? Was haben sie stattdessen zu sich genommen?" Sophie und sein Großvater begannen zu überlegen. -,, Du hast Recht. Es ist über zwanzig Jahre her, seit ich das erste und letzte Mal einen Reinblüter gesehen habe." Adonis verschwieg das zufällige Treffen mit Julien. Auch, dass er genau wusste, was auf seinem ersten Treffen mit einem Reinblüter passiert war. Er musste an die Nacht zurück denken, als Luchia von ihrer Erinnerung erzählte, die sie bekam. Ihr Blick war voll mit Trauer und Wut. Bis sie in Ohnmacht fiel. Sein letzter Blick auf sie, bis Darius mit ihr auf den Armen verschwand. In dieser Nacht wurde etwas tief in seinem Inneren in zwei Stücke zerrissen.
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True Love- Vampire
FantasyLuchia war einst ein normales Mädchen. Doch ihre Vergangenheit hing ihr stets im Nacken. Wer war sie wirklich? Was hat es mit den geheimen Vampiren auf sich? Welchen Bezug hat sie zu ihnen? Fragen über Fragen, die sie so schnell nicht beantwortet b...