Kapitel 11

1 0 0
                                    

Darius übernahm seine Aufgaben als Prinz wieder auf. Julien wirkte sichtlich erleichtert, als er davon hörte, dass Luchia endlich wieder erwacht war. Auch ihre Großmutter kam spät am Abend zu ihnen. Josef und seine Frau Barbara hatten sich, nachdem sie in den Ruhestand gingen, ein kleines Anwesen in Amerika gekauft, um sich dort nieder zu lassen. Nach dem Tot ihrer Tochter und dessen Mann, nahm Josef das Amt wieder auf, bis Darius bereit dazu gewesen wäre die große Aufgabe eines Königs zu übernehmen. Luchia's Wiederfinden änderte so einiges. Ihre Genesung und das weitere Verfahren hing nun an erster Stelle. Barbara hatte es sich auf einen Schaukelstuhl bequem gemacht in Luchias Zimmer und strickte entspannt. Dabei lauschte sie der Musik, die sie sich angemacht hatte. Beethoven, einer ihrer liebsten Komponisten. Ihre Enkeltochter lag friedlich in ihrem Bett und schlief. Die Infusionen benötigte sie mittlerweile nicht mehr. Nach und nach konnte sie wieder feste Nahrung zu sich nehmen. Das Trinken von Blut fiel ihr immer noch schwer. Aber sie erkannte schnell, dass sie anders nicht zu Kräften käme. Vehement lehnte sie menschliches Blut ab. Sie freundete sich erst damit ab, dass sie Blut eines Tieres trinken musste. Aber besser als nichts. Vorsichtig wurde die Tür geöffnet. Leise trat Julien herein. Er sah müde aus. Seine Haut war ganz blass und dunkle Augenringe zeichneten sich unter seinen Augen ab. -,, Mein Lieber, du solltest dich selbst in dein Bett legen und nicht hier her kommen. Selbst ein Blinder würde erkennen, dass du eine Pause brauchst." Barbara legte ihre Stricksachen zur Seite. Der junge Vampir setzte sich neben Luchia ins Bett. Sanft strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. -,, Ich weiß. Aber bevor ich das mache, wollte ich unbedingt nach Luchia schauen. Seit sie wieder erwacht ist, habe ich noch keine Gelegenheit dazu gehabt nach ihr zuschauen. Darius erlaubte es mir nicht." Ihre Mimik wurde gefühlsvoller. -,, Er kann schon bestimmend sein. So war sein Vater auch. Gerade wenn es um seine Familie geht. Er und Luchia waren unzertrennlich. Du kannst dir nicht vorstellen wie es damals war, als sie ihre Erinnerungen gelöscht bekommen hat. Noch schlimmer, als ihr sie wieder gefunden hattet. Jeden Tag rief er in Dauerschleife bei uns an und berichtete jede Kleinigkeit. Ich denke mal, dass du dich kleinlich in ihn hinein versetzen kannst." Julien bekam eine Gänsehaut. Er versuchte ihrem Blick auszuweichen, indem er so tat, als würde er einen nicht vorhandenen Fleck von seiner Hose kratzen. Barbara stand auf und stellte sich vor das Fenster. -,, Ich weiß, was du für sie empfindest. Das war auch nicht zu übersehen. Für eine Frau zumindest. Ich denke nicht, dass Josef oder Darius etwas bemerkt haben. Lass mich dir eines versprechen. Dein Geheimnis ist bei mir sicher. Aber du musst es ihr irgendwann sagen. Der Menschenjunge ist ebenfalls nicht von ihr abgeneigt. Er wird versuchen sie zu sich zurück zu holen und das obwohl er genau weiß, dass die Liebe zwischen einem Vampiren und einem Menschen fast unmöglich ist. Gewiss wird Luchia am Anfang nicht mit ihm gehen. Schließlich hat sie eben erst ihre richtige Familie wieder gefunden. Was aber nicht bedeutet, dass er es weiterhin versuchen wird und irgendwann wird sie in einen Zwiespalt geraten. Bleibt sie hier oder zieht sie mit ihm weiter." Kurze Stille trat ein, bevor sie kurz schnaubte und weitersprach.-,, Julien, du weißt, wie viel mir meine Familie bedeutet. Wenn sich Luchia aber für ihn entscheiden sollte, dann wird meine Welt ein weiteres Mal zusammenbrechen. Du gehörst zu meiner Familie dazu. Ich weiß nicht, ob dir solch ein Abschied von Luchia gefallen würde." Aufgebracht stand Julien auf und stellte sich hinter sie. -,, Ich werde das nicht zulassen! Luchia gehört zu uns. Sie wird nicht glücklich werden, wenn sie mit dem Menschen gehen würde. Ich würde nicht glücklich werden, wenn sie wieder von uns ginge." Betrübt starrte er auf den Boden. Mitfühlend nahm Barbara ihn in die Arme.        -,, Für jeden wurde ein Weg vorherbestimmt. Was auch immer passieren wird, wir hoffen alle, dass es das Richtige ist." Sie ließ ihn mit der schlafenden Luchia alleine. Draußen wurde es langsam dunkel. Vereinzelnd konnte er bereits Sterne am Himmel entdecken. Hinter ihm hörte er, dass sich Luchia aufrichtete.-,, Julien? Es tut mir Leid, aber ich fühle mich immer noch zu schwach, um dir ordentlich „Hallo" sagen zu können." Sie versuchte sich aufzurichten. Ihre Wangen hatten Abdrücke vom Kopfkissen bekommen und ihre Haare standen in alle Richtungen ab. -,, Warte, ich helfe dir." Julien stützte sie unter den Armen. Anschließend, als sie sich in eine gute Position setzen konnte, rannte in ihr Badezimmer, um eine Bürste zu holen. -,, Wenn du nichts dagegen hast, helfe ich dir beim Kämmen deiner Haare. Deine Großmutter macht das sonst, aber..." Luchia unterbrach ihn mit einer Handbewegung. -,, Liebend gerne." sagte sie nur und grinste ihn liebevoll an. Vorsichtig begann Julien ihr die Haare durchzukämmen. Ihr Haar war seidenweich und sehr lang. Ihn würde es interessieren, wie lang es jetzt war. Bis zur Taille mit Sicherheit. Es machte ihm großen Spaß. Sein heimliches Hobby wurde das flechten verschiedener Frisuren. Aus diesem Grund wollte er schon immer eine Tochter haben. Oder einen Sohn, mit dem er sein Hobby teilen könnte. -,, Du machst das sehr gut." Das Kompliment von Luchia holte ihn aus seiner Träumerei heraus. -,, D-danke." stammelte er. Er erhaschte sich einen kurzen Blick auf ihr Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen. Sein Herz begann schneller zu schlagen. Luchia öffnete kurz ihre Augen. -,, Wieso bist du so nervös? Ich kann dein Herz schlagen hören." Kurz hielt Julien inne. -,, Ich bin einfach nur so erleichtert, dass wir dich endlich wieder haben. Eine große Last ist dadurch von unseren Schultern geflogen. Wusstest du, dass dein Bruder einer der größten Nervensägen werden kann? Keine fünf Minuten konnte er auf einem Stuhl sitzen bleiben." Sie unterdrückte sich ein Lachen. -,, Ich meine das Ernst. In der Zeit, als wir dich gefunden hatten, war er es gewesen, der Druck gemacht hatte. Was mich dazu übergehen lässt, dir Entschuldigung zu sagen. Ich habe immer noch ein schlechtes Gewissen, dass wir dich so kompliziert damit konfrontiert haben. Die Sache mit dem Krankenhaus, auch dass wir nachts einfach in dein Zimmer gekommen sind." Luchia nahm seine Hand, legte sie auf ihre Schulter und strich drüber. -,, Ich vergebe euch. Mir wurde in den letzten Tagen so einiges klar. Auch eure Beweggründe. Meine Entscheidung bereue ich nicht. Jedoch gäbe es noch etwas, was ich noch erledigen müsste." Er hörte kurz auf zu bürsten. -,, Was wäre das?" Luchia lehnte sich gegen seine Brust. -,, Ich habe noch zwei Gegenstände, die ich gerne aus dem Schloss holen möchte. Ein Buch und eine Peitsche. Das Buch habe ich eines Nachts unter meinem Kissen gehabt und die Peitsche hat mir der Hausmeister der Schule geschenkt. Ich möchte sie mir gerne holen." Die Idee gefiel ihm gar nicht. Was ist, wenn sie Adonis wieder trifft? Wie wird sie reagieren? Was wird er machen?-,, Ich mache dir einen Vorschlag. Daher ich weiß, welches Buch du meinst, werde ich dich begleiten, sobald du wieder gesund bist." Fragend schaute sie ihn an.-,, Du weißt, was für ein Buch ich meine?" Stumm nickte er. -,, Ich war es, der es dir damals unter dein Kopfkissen gelegt hat. Als wir dich wieder fanden bin ich nachts in dein damaliges zu Hause eingedrungen, habe das Buch unter dein Kissen gelegt und bin wieder gegangen. Das Buch ist besonders. Niemand, außer dir, Darius und mir, kann daraus etwas Lesen." -,, Für die anderen waren es nur leere Seiten. Ich konnte immer etwas darin erkennen, aber nicht lesen. Was steht in dem Buchgeschrieben?" Obwohl sie sehr müde war, siegte ihre Neugierde. - ,, Jetzt dürftest du es lesen können. Dein eigentliches Ich schlief nicht ganz, was bedeutet, dass du trotzdem etwas Sehen konntest. Was in dem Buch steht musst du selbst herausfinden. Deswegen komm schnell wieder auf die Beine, damit wir es uns holen können." Luchia brummelte etwas. Doch die Müdigkeit siegte. Tief und fest schlief sie auf seiner Brust ein. Schon damals, als die Welt noch in Ordnung schien, lehnte sie sich an seine Brust und er kämmte ihr die Haare. Es machte ihn umso glücklicher, dass sie auch diese Erinnerung zurück bekam. Auf Zehenspitzen verließ er ihr Zimmer. Sobald er die Tür hinter sich schloss konnte auch er die Müdigkeit in seinen Beinen spüren. Ohne Umwege machte er sich auf den Weg in sein Zimmer. Doch leider wurde er unterwegs von Darius aufgehalten.-,, Julien. Ich muss mich bei dir noch bedanken. Du hast meine Aufgaben mit großem Bravour übernommen. Ich wusste, dass niemand anderes dazu in der Lage gewesen wäre." Darius nahm ihn fest in die Arme. Er erwiderte die Umarmung. Solch ein Lob hätte er sich nicht erdacht. -,, Habe ich gerne gemacht. Aber ich kann dir eines sagen: Einmal und nie wieder. Also deinen Platz möchte ich echt nicht für immer haben wollen. Wie kannst du das nur aushalten, mit den verwöhnten Vampiren?" Er lachte laut. -,, Reine Übung. Deswegen bin ich so froh, dass wir nicht so sind." Gespielt fuhr er sich durch die Haare. -,, Und was wenn doch?" sagte er gespielt höhnisch. Freundschaftlich klopfte ihm sein bester Freund auf die Schultern. -,, Ja ja. Dann wären wir nicht so gute Freunde geworden. Wir werden morgen weiter Reden. Du siehst aus, als könntest du drei Tage durchschlafen." -,, Wenn nicht noch länger." Endlich konnte er sich auf den Weg in sein Bett machen.



Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 23, 2022 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

True Love- VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt