Kapitel 11

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Nach einer viertel Stunde kam er wieder hinunter. Seine Eltern waren schon angezogen und bereit, zu gehen. Er holte sich seinen besten Mantel heraus und folgte seinen Eltern aus dem Haus. Es war sehr kühl draußen, denn sie hatten gerade viertel sieben in der Früh im Jänner. Sie folgten einem schmalen Pfad durch den Wald hinter ihrem Haus, bis sie an einer Lichtung ankamen, auf der schon mehrere Menschen standen. Er sah einen Kreis aus Steinen gelegt, der mit Fackeln umrandet war. Neben jedem Stein stand eine Person und als seine Eltern und Jake auf die Lichtung kamen, schauten ihn alle an. Er hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch. Seine Eltern begleiteten ihn bis zu dem Kreis, wo eine Frau die Führung übernahm. "Hallo Jackson. Ich bin Olivia. Bitte geh zu dem Tisch in der Mitte des kreise und tu, was ich dir sage!", sagte die Frau und deutete auf einen Tisch in der Mitte des Kreises. Jake schaute zu seinen Eltern, die nickten, und er betrat den Ring. Er ging langsam auf den Tisch zu, auf dem ein Messer, eine Schüssel und ein Tuch lagen. Jetzt bekam er ein bisschen Angst, doch seine Eltern waren hier und er wusste, dass ihm nichts passieren würde. "Hat dir irgendjemand erklärt, was du zu tun hast?", fragte Olivia. "Nein", antwortete Jake mit fester Stimme. "Dann werde ich es dir erklären. Wenn du dieses Ritual bestanden und abgeschlossen hast, wirst du zu uns gehören. Doch dies ist grausam, willst du umkehren?" Das war es wohl, was Jakes Mutter weinen ließ. Jake blickte kurz zu seinen Eltern hinüber, seine Mutter weint schon wieder. Er schüttelte trotzdem den Kopf. "Nein, ich will nicht umkehren!" Olivia nickte. "Dann sei es so. Du wirst jetzt gleich dieses Messer nehmen und dein Blut in die Schüssel tropfen. Dann wird eine von uns kommen und dir dein Zeichen von uns geben. Wo willst du es hinhaben? Das ist das Einzige, das du entscheiden darfst. Du kannst es entweder auf den Unterarm, der Schulter oder deinem Hals haben." Jake überlegte kurz und dachte daran, wie schmerzhaft es sein musste, sie etwas am Hals stechen zu lassen. "Ich würde es gern an meinem Unterarm haben", antwortete er und Olivia nickte erneut. Jake blickte kurz zu seinen Eltern und sah, wie seine Mutter in den stark gebauten Oberarm seines Vaters schluchzte. Olivia nickte ihm zu und er nahm allen Mut zusammen und schnitt sich in den Daumen. Danach tropfte er das Blut in die Schüssel, bis nichts mehr rauskam aus der Wunde. Er wollte noch weiter pressen, doch Olivia bedeutete ihm, das Tuch zu nehmen und sein Blut wegzuwischen. Das tat er auch. "Nun verteile das Blut gleichmäßig auf die acht Steine, die den Ring bilden", sagte Olivia. Nachdem Jake wieder mit der leeren Schüssel am Tisch angekommen war, kam eine Frau aus dem Ring auf ihn zu. Sie nahm das Messer in die Hand. "Bitte setz dich auf den Tisch", sagte sie ruhig und Jake setzte sich. Plötzlich fingen die anderen Frauen aus dem Ring, einschließlich Olivia, an, irgendwelche komischen Sprüche auf einer anderen Sprache zu sagen. Jake wurde das hier langsam echt zu gruselig, er blieb trotzdem ruhig sitzen und beobachtete die Frau, die mit dem Messer vor ihm stand. Sie nahm seine Hand und sagte ihm, er solle ruhig halten. Das tat er. Zumindest versuchte er es. Die Frauen – die ihm jetzt mehr wie Hexen vorkamen – gaben sich die Hände und die Flammen der Fackeln wurden größer. Jake war auf die Flammen fixiert, als die Frau mit dem Messer plötzlich die Hand hob und irgendeinen Satz sagte. Jake verstand nicht, was gerade passierte. Er wollte zu seinen Eltern blicken, doch sie waren nicht mehr da. Die Frau hörte wieder auf zu reden, umklammerte seine Hand fest und flüsterte: "Das könnte jetzt wehtun!" Jake schluckte und nickte, ehe die Frau ihm mit dem Messer das Symbol, das auch sein Vater hatte, in den Unterarm ritzte. Jake schrie auf, doch die Frau machte weiter und hielt ihn so fest, dass er seine Hand nicht wegziehen konnte. Er kniff die Augen zu und biss die Zähne zusammen. Dann nahm die Frau ein Streichholz, ging zu einem der Steine, nahm sein Blut und Feuer auf und ging wieder Jake zurück. Angst durchströmte seinen Körper. "Vertrau mir!", sagte die Frau und hielt das Zündholz an seinen Unterarm, dort, wo gerade das Blut hinunterfloss. Sie stach mit dem brennenden Holz ein paar Mal in seine Wunde, was ihn erneut aufschreien ließ. Die Frau blies das Stäbchen aus und ging zurück zu ihrem Stein, bei dem sie vorhin gestanden hat. Dann riefen die Frauen noch irgendwelche hexenartigen Sprüche und Jake spürte etwas in sich herumwirbeln. Er hatte das Gefühl, er müsste sich gleich übergeben, doch sobald die Frauen aufhörten zu Reden und ein paar Schritte zurückgingen, war es vorbei. Jake glaubte, es sei jetzt vorbei. Zumindest sah es so aus. Olivia ging, mit einer Fackel in der Hand, langsam auf ihn zu. "Jackson, schau bitte in diese Flamme!" Jake tat, was ihm befohlen wurde und sah in die Flamme. Sie war heller als sonst, denn er musste gleich wieder wegschauen. "Du hast es geschafft!", sagte Olivia und trug die Fackel weg. "Und du warst viel mutiger als dein Vater!", rief eine andere Frau. "Ja, wir mussten ihn zu Dritt festhalten!", rief eine Andere. Jake musste lächeln. "Wo sind meine Eltern?", wollte Jake wissen. "Sie sind nachhause gegangen, da sie nicht dabei sein wollten." "Wieso nicht?", fragte Jake. Die Frauen zuckten mit den Schultern. "Du kannst jetzt nachhause gehen! Und verdeck dieses Symbol! Zeig es niemanden, nicht einmal deiner Familie!", sagte Olivia. Jake sprang vom Tisch und nickte. "Also bin ich jetzt einer von euch?", wollte er noch wissen. "Ja." Jake nickte und machte sich auf den Weg nachhause.

Es tut mir so leid... (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt