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Ich leckte mir genüsslich über die Lippen und ließ die Frau fallen. Sie war noch bei Bewusstsein. Ich war doch nicht ganz so grausam, dass ich wahllos Leute tötete. Ich kniete mich neben die Unbekannte. Ich biss mir ins Handgelenk und hielt es ihr vor den Mund. Dann blickte ich ihr fordernd in die Augen.
"Du vergisst was hier passiert ist. Lauf nach Hause und gehe ins Bett." Sie stand auf meinen Befehl auf und verschwand.
"Respekt, dass du sie nicht getötet hast", kam es aus der Ecke der Sackgasse in der ich mich befand.
Ich drehte mich grinsend um, wohlwissend, wer da hinter mir stand.

Troy war schon vor meiner Verwandlung immer für mich da. Er lässt sich heutzutage noch mindestens einmal im Jahr blicken und heute war es anscheinend wieder an der Zeit.
"Wie geht's dir, Anna?"
"So wie immer. Ich genieße mein Leben in vollen Zügen wie du siehst."
"Denkst du immer noch, dass es der richtige Weg ist?"
Er ist so ein Spießer.
"Ja, schon seit 2000 Jahren, falls es dir noch nicht aufgefallen ist", erwiderte ich genervt. Ich bin ja wohl alt genug und weiß, wie ich mein Leben haben will. Da hat sich keiner einzumischen.
Troy sah mich mit dem typischen Ist-das-dein-Ernst-Blick an.
Ich verdrehte die Augen und sprang auf das Dach des Hauses neben uns.
Troy folgte mir und wir machten uns über die Dächer auf den Weg zu meiner Wohnung.
"Also, ich denke echt, dass du deine Ernährung umstellen solltest."
Jedes Mal, wenn er mich besuchen kommt, versucht er es auf's Neue mich davon zu überzeugen kein frisches Menschenblut mehr zu trinken.
"Troy, hör zu. Du bist einer der wenigen Menschen die ich mag, und wenn das so bleiben soll, dann solltest du vielleicht mal darüber nachdenken dich nicht in meine Angelegenheiten einzumischen", giftete ich. Das ist mein Leben. Nicht seins.
"Ich weiß, dein Leben und so weiter. Aber genau dieses Leben hast du mir zu verdanken, also sei nicht so verdammt undankbar."
Wir sprangen von dem letzten Dach hinunter und ich schloss die Haustür auf. Die Wohnung war relativ weit in der Stadt, aber in einer etwas abegelegenerer Straße. Hier wurde ich nicht direkt bemerkt, wenn ich von meinem Hausdach springe.
"Es merkt doch sowieso keiner! Ich manipuliere sie alle und du hast doch gerade noch gesehen, wie ich dem Mädel mein Blut gegeben habe, damit sie schnell heilt. Was ist dein Problem?"
Ich wartete mit meinen Worten, bis wir im Haus waren. Man weiß nie, wer hinter der nächsten Ecke steht.
"Du kannst mir nicht erzählen, dass du deinen Opfern jedesmal dein Blut gibst, das wäre doch viel zu verschwenderisch für dich. Du hast mich doch schon längst gehört, deshalb hast du es gemacht."
Okay, da hatte er recht. Und ich manipuliere sie auch nicht immer. Ich genieße gerne diese schmerzerfüllten Schreie.
"Siehst du", fuhr er fort, "Das fällt irgendwann doch auf. Jedesmal gab es Angriffe von wilden Tieren, ja klar. Die Leute werden misstrauisch."
Ich schüttelte meinen Kopf. Die Leute würden nie darauf kommen, dass es Vampire überhaupt gibt. Nur die abergläubischen Leute, die sowieso von niemanden ernstgenommen werden.
Ich hatte keine Lust mehr mich weiter über dieses Thema zu unterhalten. Ich lief durch den Flur weiter ins Wohnzimmer.
"Lace?", rief ich durchs Haus. Lacy ist meine einzige Freundin neben Troy. Mehr wollte ich auch gar nicht. Die sterben sowieso alle irgendwann.
"Lacy, Troy ist da!", rief ich jetzt lauter. Wenn sie bloß ein Vampir wäre, dann müsste ich jetzt nicht so durchs Haus rufen. Dafür ist sie aber eine Hexe, was auch ganz nützlich sein kann.
Ich wusste, dass sie hier ist, ich konnte sie atmen hören.
Endlich kam sie die Treppe runter gelaufen und umarmte Troy, der mir hinterhergelaufen kam.
Sie unterhielten sich über Gott und die Welt, wo ich aber überhaupt keine Lust zu hatte. Ich lief die Stufen hoch und ging in mein Zimmer. Dort nahm ich mir eine geklaute Blutkonserve aus meiner Kühltruhe und setzte mich gemütlich auf mein Bett.
Ich hatte gerade das Blut in ein Glas geschüttet als Lace hinein kam.
"Was gibt's?", fragte ich.

Lovely DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt