chapter 7 | goodbye

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Seit den letzten Ereignissen sind gut sieben Wochen vergangen und morgen steht die Wahl der neuen Parteispitze an. Die Zeit verging bis dahin wie im Flug und immer wieder half ich Annalena.
Auch im Privaten hatten wir viel miteinander zu tun - wir trafen uns mal zum Essen, mal zum Joggen und machten allgemein viel zusammen.

Wir wissen beide, dass wir mehr als gute Freunde sind. Ich hab sie fest in mein Herz geschlossen und möchte mir kein Leben mehr ohne sie ausmalen - auch wenn mich teilweise Gefühle überrennen, bei denen ich weiß, dass sie in eine Art Liebe abdriften werden. Jedoch hinderte ich sie nicht daran.

Doch darüber mache ich mir jetzt keine Gedanken, denn heute steht mein letzter offizieller Arbeitstag bei Robert an. Eine Art Feier wird es nicht geben, wir haben uns entschieden, alles was zu feiern ist auf Samstag zu verlagern, denn da wird wegen der Wahlen des Bundesvorstandes gefeiert.

So stand ich auf und machte mich fertig, aß mein Müsli, packte meine Tasche und verließ die Wohnung.

Es war ein herrlicher Freitagmorgen und die Sonne schien. Es waren zwar nur 2 °C, dennoch genoss ich die Wärme, die durch die Sonnenstrahlen auf meiner Haut verursacht wurde.

Vor der Tür der Parteizentrale sammelte sich bereits eine Traube an Presseleuten und ich sah Robert, welcher vor den Kameras und Mikros, die auf ihn gerichtet waren, ein Interview gab.
Vorsichtig schlich ich mich an allem vorbei und trat in das gelbe Gebäude. Im Büro wartete ich, bis Robert wiederkam.

„Guten Morgen y/n!", kam Robert in das Büro und breitete sofort seine Arme aus, um mich in eine warme Umarmung zu ziehen.

„Guten Morgen", nuschelte ich in sein Hemd, da mir nicht viel Platz zum Sprechen blieb.
Wir lösten uns und Robert blickte mir in die Augen.

„Dein letzter Tag heute bei mir wa?", fragte er mit seiner charmanten Art. Wir mussten beide lächeln und ich zog ihn in eine erneute Umarmung.

„Mit dir und Annalena ist alles klar oder?", fragte er vorsichtig.

„Ja, wir haben geklärt, wie es weitergeht. Ich fange am Montag so richtig bei ihr an", sagte ich voller Vorfreude. Robert lächelte nun quer über sein gesamtes Gesicht, da er sich selbst so unfassbar für mich freute.

Die letzten drei Wochen habe ich Annalena gar nicht zu Gesicht bekommen, da sie im Ausland von Antrittsbesuch zu Antrittsbesuch reiste. Wir telefonierten allerdings immer wenn sie Zeit hatte - ich schätzte diese Telefonate ungemein, da meine Vorfreude auf sie immer mehr wuchs und wir uns so nah und doch so fern waren.
Ich saß in Deutschland und Annalena am anderen Ende der Welt. Wegen der Zeitverschiebung bin ich häufig bis tief in die Nacht wachgeblieben, nur um mit ihr sprechen zu können. Annalena versuchte zwar immer wieder, mich davon zu überzeugen, schlafen zu gehen, da teilweise zwei Stunden später mein Wecker klingelte, doch ich wich nie von meiner Linie ab. Viel zu viel bedeutete Annalena mir, als sie alleine schlafen gehen zu lassen.

Ich war mir dessen bewusst, dass Annalena jeden sozialen Kontakt auf diesen Reisen brauchte, denn mit den Leuten in den anderen Ländern wird sie nie die arbeitspolitische Ebene verlassen und somit hatte sie niemanden, mit dem sie mal reden oder dem sie von ihrem Tag erzählen kann.
So hielt ich für Anna immer die Leitung offen und versuchte sofort zu antworten, auch aufgrund ihres strengen Zeitplanes.

Morgen würden wir uns dann endlich wieder live und in Farbe begegnen. Bereits jetzt ist mir die Aufregung anzusehen und meine Konzentration reicht gerade mal für fünf Minuten, dann überwiegen die Gedanken an Annalena.

Robert ließ es heute ruhig angehen und verschonte mich von Drucksachen. Auch wenn ich meinen Job liebte: Drucksachen sind nicht meine Lieblinge, sondern Roberts Reden, welche ich häufiger mitschreibe.
So auch heute: Robert überließ mir seine ganze Rede zum Thema Klimaschutz. Nur die Fakten, welche er einbinden will, gab er mir vor - nach einer typischen Habeck Art: auf einen kleinen Schmierzettel gekritzelt und es machte mir teils Mühe, die Zeichen zu entziffern.

Mein letzter Arbeitstag bei Robert verging leider viel zu schnell. Er verließ gegen 16 Uhr das Büro und hinterließ mich verwirrt, da heute keine Telefonate anstanden und er sich nicht verabschiedete.
Die Frage wurde jedoch nach wenigen Augenblicken geklärt, als Robert mit einem wunderschönen Blumenstrauß und einer Flasche Wein wieder in den Raum trat.

Anfangs achtete ich gar nicht auf ihn, da ich zu sehr in die Arbeit vertieft war. Nun blickte ich zu ihm auf, sah in sein lächelndes Gesicht, stand auf und fiel regelrecht um seinen Hals.

„Ich muss mich echt bei dir bedanken y/n! Was du alles für mich getan hast, ist nicht in Worte zu fassen und auch mit Materiellem nicht zu begleichen. Wirklich, danke! Ich hoffe natürlich, dass wir auch nach dem Ganzen hier in Kontakt bleiben", schloss er seine Worte mit einem Schmunzeln ab.

„Natürlich Robert. Was ist den das für eine blöde Frage", lachte ich. „Ich muss mich eher bei dir bedanken, oder? Ich meine, du hast mir damals sofort dein Vertrauen in die Hände gelegt und jetzt werde ich für Annalena arbeiten! Mehr hättest du echt nicht für mich tun können Robert. Danke!" Er schloss mich nun in eine erneut feste Umarmung. So standen wir einige Minuten einfach nur da und umarmten uns, als Robert sich von mir löste.

„Der Wein sollte der sein, den du mit Annalena immer trinkst. Sie hat mir gesagt, dass du ihn liebst. Hoffe, es ist der richtige", sagte Robert nun leicht verlegen und ich inspizierte das Etikett unter seinem mich musternden Blick.

„Ja, das ist der Richtige." Nun lächelte ich ihn ebenfalls an.

„So dein Feierabend steht an y/n", verkündete Robert und stand auf.

Ich packte meine Tasche und legte ihm die fertigen Dokumente auf den Tisch. Das Büro muss ich nicht ausräumen, da ich keine persönlichen Dinge hier aufbewahrte. Ich ging auf ihn zu und wir schlossen uns ein letztes Mal als Chef und Angestellte in die Arme.

„Ich werde dich echt vermissen y/n!", klang Robert nun etwas traurig.

„Ich dich erst Robert! Aber ich bin trotzdem immer für dich da ja?", versuchte ich ihn ein wenig aus dem Tief zu ziehen.
Er nickte mir verständnisvoll zu, ehe ich mit dem Wein und dem Blumenstrauß in meiner Tasche das Büro verließ. Vor dem Raum warteten bereits viele Kollegen, um auch mir auf Wiedersehen zu sagen.
Ich würde ja wiederkommen, also war es kein Abschied auf immer, sondern nur einer in meiner aktuellen Position.

So trat ich an einem sonnigen Tag Ende Januar aus der Parteizentrale der Grünen und sah auf dem Heimweg der Sonne zu, wie sie unterging, während ich schmunzelnd der Musik in meinen Ohren lauschte.

Ich tausch n bisschen Mut gegen tolle Aussicht
Und wie das geht? Digga, weiß ich auch nicht
Wer's nicht versucht, ist irgendwann ganz traurig

Es lief Alles was ich hab von Fynn Kliemann und ich musste an meine aktuelle Lebenssituation denken. Ich möchte nicht wissen, was die Leute in der Bahn von mir dachten, doch das ist mir wie immer egal.

Sag, wie lahm ist das Leben ohne Risiko?
Ohne Wagen fahren Räder ohne Leben los...

don't stop me nowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt