33|Versammlung auf dem roten Teppich

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Meine Nerven lagen blank und der einzige Grund, warum ich noch nicht schreiend im Kreis lief, war der, dass ich mit einem Fünftklässler vor seinen Hausaufgaben saß und mich verdammt nochmal fokussierten musste.

Yuri schlug sich. Nicht gerade gut, nicht gerade ausdauernd, aber er gab sich Mühe. Mit einem Willen, den ich ihm um diese Uhrzeit eigentlich gar nicht mehr zugetraut hätte, biss er sich schleppend, trotzdem jedoch stetig durch die einzelnen Aufgaben und -siehe da!- ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass es langsam aufwärts ging. Das addieren und multiplizieren von Brüchen miteinander bekam er mittlerweile bereits vollkommen allein hin, einfache Ergebnisse kürzte er auch schon richtig und immer häufiger löste er die Rechnungen dafür im Kopf, anstatt schriftlich.

Ich musste sagen: ich fühlte mich ganz schön cool. Und das alles nur, weil es Yuri genauso zu gehen schien.

"Niall?"

"Mhm?", machte ich und sah meinen Nachhilfeschüler an, der seinen Stift abgesetzt hatte. "Hast du ein Ergebnis?"

"Ich glaube schon. Ist das richtig?" Unsicher sah Yuri zu mir. Ein kleiner Tintenspritzer war auf seiner Wange gelandet, den Füller drehte er unruhig zwischen seinen Fingern, dann spielte er wieder mit der Stiftkappe. Klack, ein Stück nach oben, klack, saß sie wieder fest, wo sie hingehörte.

"Lässt du mich kurz drüber schauen?", bat ich ihn und streckte meine Hand nach dem Arbeitsblatt aus, um mir Yuris Rechenvorgang anzusehen. "Alles richtig", bestätigte ich ihm dann mit einem Lächeln und sah, wie er sich merklich entspannte. "Gut gemacht. Trinkst du noch ein paar Schlucke? Und wenn du soweit bist, machen wir die letzte Aufgabe für heute, ja?"

Mein Schüler nickte wild und griff nach seinem Glas Orangensaft. Ich trank ebenfalls etwas von meinem Wasser, während ich unauffällig einen Blick auf die Küchenuhr warf, die hinter Yuris Kopf an der Wand hing. Mental gab ich mir selbst ein High Five dafür, wie perfekt mein Timing aufzugehen schien. Wenn ich Glück hatte, würden wir sogar noch knappe fünf Minuten haben, um das heute gelernte nochmal kurz zusammenzufassen. Ich hoffte bloß, Yuri warf nicht auf den letzten Metern noch das Handtuch.

Doch darum schien ich mir zumindest heute noch keine Gedanken machen zu müssen, denn der Fünftklässler hatte schon wieder seinen Füller in der Hand und sah angestrengt auf das Blatt vor sich.

Ich nahm mir vor, Sasha zu fragen, ob es eventuell Süßigkeiten gab, die Yuri gern mochte - die Ausdauer, die er heute bewiesen hatte, gehörte definitiv anerkannt und belohnt, wie ich fand. Nicht, dass es zur Regelmäßigkeit werden sollte, aber es konnte seiner Motivation ja nicht schaden.

Und meiner vermutlich auch nicht, denn je weiter der Minutenzeiger auf das Ende der Nachhilfestunde zurückte, desto unkonzentrierter wurde auch ich. Zwar hatte das wohl eher etwas damit zu tun, dass mir mit jeder verstreichenden Sekunde wieder bewusster wurde, dass ich heute noch ein Schwimmbad-Date mit Zayn hatte, aber zumindest zu einem gewissen Teil hatte ich langsam auch einfach genug von Schule.

Um Yuri nicht doch noch abzulenken, riss ich mich jedoch zusammen, denn wurde ich jetzt hibbelig, wäre es auch mit seiner Konzentration vorbei. Selbst, als ich meinte, Stimmen aus dem Flur zu hören, die sich verdächtig nach Sasha und ihrem Neffen anhörten, ließ ich mir nichts davon anmerken, wie schnell mein Herz auf einmal schlug und wie unbedingt ich einfach nur aufspringen wollte - ob ich dann allerdings dem Sog zu Zayn oder vielleicht doch eher meinem Fluchtinstinkt nachgeben würde, stand noch im Raum.

Am Sonntag, nach unserem Telefonat und der Verabredung für heute, hatte ich mir seltsamerweise überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, was es hieß, mit Zayn schwimmen zu gehen. Erst am Montag war es mir langsam gedämmert, dass wir uns ja logischerweise nur in Badesachen sehen würden, ich ihn und natürlich auch er mich. Seitdem schob ich Panik.

I hate you, I love you || Ziall AU (side Larry)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt